Nach all
der Kälte, dem Regen und dem miesen Wetter genossen wir jetzt jeden
einzelnen wärmenden Sonnenstrahl.
Pula war unsere erste Anlaufstelle in Kroatien. Die Stadt an der Adria war einst Teil des römischen Reiches, was man an den vielen antiken Bauwerken unschwer erkennen konnte. Pula besitzt ein riesiges Amphiteather und viele Gassen hätten so auch in Rom sein können. Dazu ziert ein gewaltiges Triumphtor die Innenstadt.
Der Campingplatz, den wir uns rausgesucht hatten, war auf einer Landzunge, umschlossen von den türkisfarbenen Fluten der Adria. Ein wunderschön gelegener Platz, den wir uns mit einer immer stärker aufkommenden Zahl an Wohnmobilen teilten, denn die Osterferien rückten näher. Aber noch gab es Platz genug und wir, besonders unsere Tochter, genossen die Sonne und die Freiheit. Sie rannte überall auf dem Platz herum, sagten jedem Hallo und wie sie hieß und kam so auch in die Gelegenheit, überall ein paar Süßigkeiten oder eine kostenlose Führung durch eine dieser fahrenden Drei-Zimmer-Wohnungen zu erhalten.
Zu uns
gesellten sich noch zwei Jungs aus Hamburg, Leon und Jorit. Sie waren
auf einer Zwei-Wochen-Tour durch Kroatien unterwegs und bei ein paar
Bier lernten wir uns etwas näher kennen.
Wir
tauschten Nummern aus, denn in groben Zügen entsprach ihr
Tourverlauf dem unseren und vielleicht könnte man sich ja mal wieder
treffen.
Am Tag als die beiden weiterfuhren, nahmen wir den Bus in die Stadt, um uns ein bisschen die Zeit zu vertreiben.
Wie schon erwähnt ist die Stadt stark römisch geprägt, hat aber auch so einiges zu bieten. Am Hafen schaukelten leicht die Segelboote und Yachten im Wasser, die Fußgängerzone war vollgestopft mit Eisdielen und kleinen Restaurants, was erahnen ließ, was hier im Hochsommer los sein müsste. Wir waren wirklich froh, zu dieser Jahreszeit hier zu sein, denn so konnte man sich noch leicht durch die engen Gassen bewegen und wurde nicht hindurchgeschoben.
Nach gut
zwei Stunden beendeten wir unseren Rundgang durch die Innenstadt mit
einem Milchshake und fuhren zurück zum Campingplatz.
Frei
Stehen an der Adria
Wir
bekamen einen Tipp, dass an der Südküste der Insel Krk ein genialer
Wildcamp Platz direkt am Meer sein sollte, den wir definitiv nicht
verpassen durften.
Also
packten wir unsere Sachen, füllten die Wassertanks, wuschen noch
einmal Wäsche, kauften für ein paar Tage frei stehen ein und
machten uns auf den Weg die Küste hinunter.
Als wir den Platz erreichten, beleuchtete die untergehende Sonne in ihren schönsten Farben die Bucht, die Adria lag türkisblau vor uns und wie versprochen war der Platz überragend.
Wir
teilten uns das Camp mit zwei anderen Fahrzeugen, was aber überhaupt
kein Problem war, denn Platz war genug da.
Am
abendlichen Lagerfeuer verabredeten wir uns mit Leon und Jorit für
den nächsten Tag. Die Beiden waren auch auf der Insel und keine fünf
Kilometer entfernt auf einen Campingplatz.
Als sie
am nächsten Morgen bei uns eintrafen, war ich schon schwer
beschäftigt.
Ich
hatte am Straßenrand einen gefällten und schon zersägten Baumstamm
gefunden. Die Scheiben hatten einen Durchmesser von vielleicht 50 cm
und waren ungefähr 30 cm hoch. Ne Menge Holz für Lagerfeuer!
Also
packten wir eine Scheibe ein und nahmen sie mit. Und an dieser
Scheiben versuchte ich jetzt mit unseren begrenzten Mitteln, ein paar
Scheite abzuspalten.
Nach
drei Stunden Arbeit mit Hammer, Axt und Brecheisen war die Scheibe
aber zerteilt und hatte mich nur einigen Schweiß und zwei Blasen an
den Händen gekostet.
Aber als ich so die aufgestapelten Scheite sah, hatte sich die Mühe definitiv gelohnt.
Diese
tauschte ich dann auf dem nächsten richtigen Campingplatz gegen die
gleiche Menge abgelagertes Holz und so hatten wir einen schönen
Vorrat für kommende Wildcamps am Meer.
Auf
den Spuren des Winnetou
Ein
weiterer Tipp führte uns ins Inland. Wir wollten einen Pass fahren,
der eine atemberaubende Aussicht und eine tolle Fahrt versprechen
soll.
Außerdem war das Velebit Gebirge, durch das der Pass führt, einst Drehort für die Winnetou Filme aus den 60er Jahren.
Die ältere Generation erinnert sich bestimmt noch gut an die graubraune, bergige Landschaft aus dem ersten Teil der Filmreihe, nur durchzogen von ein paar kargen Sträuchern und ein paar Grasflächen, in der Old Shatterhand und Winnetou alias Pierre Brice das Apachendorf zum ersten Mal betreten.
Dort
führte uns unser Weg vorbei, und es war wirklich eine gigantische
Szenerie. Die Berge, die uns umgaben und überragten strahlten hell
im Licht der Sonne und vor uns lag die Adria in tiefem Blau und
Türkis. Kaum eine Wolke war am Himmel und der dunkelblaue Himmel
rundete das Bild perfekt ab.
Das war
wieder einer dieser Momente, in denen mir bewusst wurde, warum wir
das ganze hier machen…
Unser Schlafplatz war ein weiterer Wildcamp direkt am Meer. In einer kleinen geschützten Bucht bauten wir unser Lager auf und verbrachten eine der ruhigsten Nächte unserer bisherigen Reise.
Am
darauffolgenden Morgen, als die Sonne gerade über die Berggipfel
gestiegen war und die Küste und das Meer in sanftes Rot tauchte, war
der Moment des Vortages wieder da. Für uns war es die absolut
richtige Entscheidung alle Brücken hinter uns abzubrechen und das
Risiko dieser Weltreise auf uns zu nehmen! Jeder dieser Momente wird
uns für immer im Gedächtnis bleiben und wir werden uns mit Freude
an genau diese Augenblicke zurückerinnern.
Der Tag
begrüßte uns mit Sonne und wolkenlosem Himmel! Die Bucht lag
wunderbar ruhig vor uns und das Wasser war wie ein Spiegel, in dem
sich die nahen Berge widerspiegelten.
Nach dem
Frühstück packten wir unsere Sachen und machten uns auf den Weg in
20 km entfernte Zadar.
Slowenien
empfing uns wie Österreich auch mit Kälte, Regen und Wind. Das
machte uns aber nichts aus, denn unser Ziel waren die Škocjanske
jame, die Höhlen von Škocjansk.
Ein gigantisches Netzwerk von Höhlen durchzieht die Tiefen dieses kleinen Landes, das gerade Mal die Grundfläche von Rheinland-Pfalz besitzt.
Eine
davon ist die Höhle von Škocjansk, eine der spektakulärsten
Tropfsteinhöhlen in der Region.
Der Weg führten uns durch gewaltige Waldgebiete, die die bergige Landschaft bedecken. Wir folgten den Schildern, die uns zu einem kleinen Informationszentrum führten, bei dem wir dann sogar noch die letzte geführte Tour für diesen Tag ergattern konnten. Leider war das Erlebnis etwas getrübt, denn es schlug mit 38 Euro doch sehr heftig zu Buche. Dafür bekamen wir aber den absoluten Höhlen-Trip!
Zwei Stunden wurden wir durch die teils gigantischen unterirdischen Gewölbe geführt, an der höchsten Stelle trennen 145 Meter den Boden von den herabhängenden Stalaktiten.
Das Highlight der Tour ist die 45 Meter hohe Brücke, die die in dieser Höhle unterirdisch verlaufende Reka überspannt.
Man hatte das Gefühl, einer der neun Gefährten von Herr der Ringe zu sein, die sich ihren Weg durch Moria, die unterirdische Stadt der Zwerge suchen.
Den Ausgang bildet eine riesige steinerne Grotte und das Tageslicht wirkt einladend nach der Zeit in der Dunkelheit.
Wir waren wirklich beeindruckt und redeten auf dem Weg zum Campingplatz noch viel über die Erlebnisse unter dem Berg.
Kostenlose
Unterkunft
Als wir auf den Platz rollten, eigentlich eher ein Gutshof wie ein Campingplatz, wurden wir freundlich von der Besitzerin empfangen. Wir könnten hinter dem Haus stehen, der offizielle Campingplatz hätte noch nicht geöffnet. Zu kalt… Welch Ironie!
Wir durften das Bad und die Küche benutzen. Und als die Besitzerin von unserer Weltreise erfuhr, war sie so begeistert, dass sie uns die Übernachtung schenkte! Vielleicht auch, weil es eine der schlimmsten Nächte der letzten Zeit war, wir wissen es nicht.
Die Standheizung lief auf Dauerbetrieb und der Wind fegte das Auto fast in den angrenzenden Wald. Wir bleiben so lange wie möglich im Haus und gingen dann nur zum Schlafen ins Auto.
Nach dieser harten Nacht wirkten die wärmenden Sonnenstrahlen am Morgen wie ein Segen. Der Wind hatte die Wolken größtenteils vertrieben und die Sonne lachte am melierten Himmel. Die Temperaturen stiegen schlagartig.
Als wir unseren Weg Richtung Kroatien fortsetzten, wurde der Himmel immer klarer, immer mehr Blau war zu sehen.
Bei 18 Grad überquerten wir die Grenze ins benachbarte Land an der Adria und erreichten bei schönstem Wetter das Meer.
Am
nächsten Morgen packten wir unsere Sachen zusammen und machten uns
auf zu unserem ersten Grenzübertritt auf unserer Reise.
Aber
bevor wir den in Angriff nehmen konnten, machten wir noch einen
Abstecher nach Rosenheim, um uns eine Vignette zu besorgen und die
erste Ladung Wäsche zu waschen. Man könnte natürlich jetzt sagen:
„Was, nach zwei Tagen schon waschen?“, aber schlechtes Wetter und
Campen passen nur bedingt gut zusammen und so fällt deutlich mehr
Wäsche an, als man denkt!
Dabei
merkten wir auch, dass Waschen in Guatemala deutlich kostengünstiger
ist als in Deutschland… Aber was sein muss muss sein.
Mit
frisch geklebter Vignette überschritten wir keine 10 Minuten nach
Starten des Motors die Grenze zu unseren österreichischen Nachbarn.
Unser
Weg führte uns nach Salzburg. Wir waren zwar schon mehrmals da, aber
es ist eine wunderschöne Stadt, die jeden Besuch wert ist.
Außerdem
besitzt die Mozartstadt einen Stellplatz, den wir als
Übernachtungsort auserkoren hatten.
Nach
einem kurzen Rundgang durch die Innenstadt und einem Besuch eines
Spielplatzes zwang uns der Regen leider zurück zum Auto.
Als
wir den Stellplatz erreichten hatte es noch nicht aufgehört zu
regnen, außerdem kam noch dazu, das das Thermometer gerade mal sechs
Grad anzeigte.
Dank
der Standheizung schliefen wir gut, aber gemütlich sieht anders aus.
Der
nächste Morgen war sogar so mies, dass wir gezwungen waren, im Auto
zu frühstücken. Was sollte das noch geben…?!
Nachdem
wir gepackt und alles fertig gemacht hatten, führte uns unser Weg
zum ansässigen Campingvertrieb, einen Campingstuhl für unsere
Tochter besorgen. Sie wollte unbedingt ihren eigenen haben. Wann
dieser mal zum Einsatz kommen würde infolge des schlechten Wetters,
wussten wir nicht, aber wir hofften bald.
Dann
machten wir uns auf den Weg zur Hauptstadt Österreichs. In Wien
hofften wir, immer mit einem Auge auf den Wetterbericht und
gekreuzten Fingern, doch ein paar trockene Stunden erleben zu können.
Wien
Diese
Hoffnung zerschlug sich jedoch bald, denn wir rollten bei Nieselregen
und 8 Grad Außentemperatur auf den Stellplatz mitten in Wien.
Umso
wärmer war aber der Empfang! Eine supernette junge Angestellte
versorgte uns mit allen nötigen Informationen über den Campingplatz
und die Stadt.
Und
als wir am nächsten Morgen die Augen öffneten, mit dem Schlimmsten
rechnend, wurden wir sehr positiv überrascht. Denn der Regen hatte
aufgehört und es blitzte ab und zu blauer Himmel durch die graue
Wolkendecke.
Nach
dem Frühstück machten wir uns auf in die Innenstadt.
Mit der U-Bahn, die witzigerweise größtenteils überirdisch über Hochtrassen verläuft, erreichten wir den Stephansplatz mit dem gewaltigen gleichnamigen Dom. Wiedermal mussten wir uns durch Massen an Selfiesticks und asiatischen Reisegruppen drängeln. Bald gaben wir auf und zogen weiter durch die Innenstadt. Wunderschöne Renaissancegebäude, alle samt perfekt restauriert wechseln sich mit ultramodernen Gebäuden ab. Kirchen stehen neben Banken, alles in harmonischem Einklang.
Und
mitten durch fließt die gewaltigen Donau.
Zum
Mittagessen hielten wir in einem kleinen Restaurant und genossen
echtes Wiener Schnitzel!
Satt
und zufrieden begaben wir uns zu unserem letzten Ziel des heutigen
Tages, dem Wiener Prater.
Fälschlicherweise verbindet eigentlich jeder Nicht-Wiener nur den Freizeitpark mit dem Prater, korrekt trägt jedoch der gesamte Stadtpark diesen Namen und der Freizeitpark ist nur ein kleiner Teil dieses Gebiets.
Auch
wir verfielen diesem Irrglauben, wurden aber direkt vor Ort belehrt,
was wiedermal zeigt, dass Reisen bildet!
Ich
persönlich dachte sogar, dass der Prater gerade Mal aus dem
weltbekannten Riesenrad und eins, zwei Fahrgeschäften besteht. Aber
der Freizeitpark bedeckt ein gewaltiges Areal mit dutzenden von
verschiedenen Attraktionen und Freizeitangeboten. Achterbahnen,
Free-Fall-Tower und Kettenkarussele teilen sich den Platz mit
Kinderfahrgeschäften und Essensbuden.
Und
natürlich auch dem Riesenrad…
Ein Fahrt konnten wir trotz des stattlichen Preises von 12 Euro pro Person nicht auslassen, gehört es doch zu DEN Attraktionen Wiens.
Statt
Regen frischte aber im Laufe des Nachmittags der Wind ordentlich auf
und als wir unsere letzten Euromünzen in Fahrten für
Kinderkarussele für unsere Tochter investiert hatten, zog es uns
zurück auf den Campingplatz.
Nach
dem Abendessen setzte dann auch pünktlich wieder der Regen ein und
in Verbindung mit dem stetigen Wind wurde es ein früher Feierabend
für uns bei Standheizung und Kuscheldecke.
Und
ungemütlich ging es am nächsten Tag weiter. Bei Dauerregen und
Eiseskälte packten wir am darauffolgenden Morgen unsere Sachen und
mit einem weiteren Stop-Over in Österreich machten wir uns auf zu
unserem nächsten Land.
Warten
ist eine der schlimmsten Dinge die es gibt…
Das Auto
stand fertig vor der Tür, alle Reparaturen und Optimierungen waren
erledigt, aber wir konnten nicht los.
Wir
schauten jeden Tag den Wetterbericht, doch es sah böse aus auf
unserer Route Richtung Südosten.
Regen in
Österreich, auf dem Balkan nie wärmer als 10 Grad und sogar Schnee
in der Türkei.
Eigentlich
war unser insgeheimer Plan, bis Mitte März wieder weg zu kommen. Wir
hatten noch die Erzählungen vom Jahrhundertsommer im letzten Jahr im
Kopf. Anfang März schon nahe der 30 Grad! Aber dieses Jahr schien
uns der Wettergott weniger gewogen, vielleicht als Rache, dass wir im
Winter in Zentralamerika niemals unter 30 Grad genießen durften…
Wie dem
auch sei, wir saßen auf glühenden Kohlen, wir wollten endlich los!
Als dann
der April nahte hätten wir eigentlich einer Verabredung mit unseren
guten Freunden aus England, Vince und Jacqui, folgen sollen. Wir
wollten uns in Brügge treffen und ein paar Tage dort verbringen,
bevor wir langsam gemeinsam zurück in die Heimat tingeln wollten.
Aber auch das fiel leider in wortwörtliche Wasser, dem Wetterbericht
zumindest zur Folge.
Denn als
der Tag da war, schien im gesamten Westen Europas die Sonne aus allen
Rohren…
Murphy`s
Law hat wieder einmal zugeschlagen.
Ein
bisschen Linderung über diesen Ärger verschaffte uns aber die
Tatsache, dass die beiden kurzerhand zu uns kamen und ein paar Tage
in unserer wunderschönen Heimatstadt Bad Dürkheim verbrachten.
Nicht
ganz so optimal war leider, dass es genau die beiden Tage waren, an
denen es von Morgens bis Abends nur regnete…
Was soll
man da noch sagen…
Schön war es trotzdem und nach dem die beiden gefahren waren, entschieden wir uns auch, dass es, egal wie das Wetter werden sollte, innerhalb der nächsten drei Tage losgehen sollte.
Gesagt,
getan!
Nach
einem phänomenalen Abschlussessen mit meinen Eltern und einem Berg
Spare Ribs machten wir uns an einem sonnigen Montag morgen auf den
Weg Richtung Füssen – unserem ersten Ziel.
Dort
angekommen merkten wir aber schnell, dass es dieses Jahr wirklich
nicht gut mit dem Wetter bestellt war, denn es regnete wie aus
Eimern. Unsere erste Nacht zurück auf der Straße verbrachten wir
eng aneinander gekuschelt und mit brummender Standheizung auf einem
Stellplatz mitten in den Alpen. Um uns herum schneebedeckte Berge…
Von denen man aber leider nichts erkennen konnte.
Am
nächsten Morgen jedoch hatten wir einen kurzen aber wunderbaren
Blick auf die umliegenden Berge, denn der Himmel riss kurz auf.
Das
Märchenschloss
Unser
Ziel war deshalb Füssen, da es nur wenige Kilometer von Schloss
Neuschwanstein entfernt liegt und quasi das Tor zu dem märchenhaften
Schloss darstellt.
Wir
überlegten uns gerade, wie wir es am besten anstellen sollten, dort
hin zu gelangen, denn die Busverbindungen sind, gelinde gesagt,
erbärmlich, als ein dunkler BMW mit einem Wohnwagen auf den
Stellplatz fuhr.
Der
Fahrer fragte mich, ob ich ihm kurz beim Rangieren behilflich sein
könnte.
Nichts
leichter als das!
Nach dem
Einparken kamen wir ein wenig in Gespräch.
Jürgen,
der BMW-Fahrer, war so begeistert von unserer bisherigen Reise, dass
er uns kurzerhand anbot, uns doch einfach zum Schloss zu fahren! Das
wäre doch viel einfacher!
Wir
nahmen dankend an.
Der Weg
war wirklich lächerlich kurz und hätte mit dem Bus die fünffache
Zeit gedauert.
Als uns
Jürgen vor dem Ticketschalter absetzte, bedankten wir uns noch
einmal überschwänglich und verabredeten uns gleich auf ein Bier am
Abend auf unserem Stellplatz. Leider wurde daraus nichts, aber
aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Nochmal vielen Dank Jürgen!
Erfreulicherweise
war die Schlange am Schalter echt kurz und wir bekamen noch Tickets
für eine Führung in der nächste Stunde. Die Frau hinter dem Tresen
lachte und meinte, an einem regnerischen Dienstag außerhalb der
Ferien sei nie viel los… Da kämen nur Chinesen…
Und als wir auf dem Burghof ankamen, merkten wir dass es wirklich ein eindeutiges gelbes Überangebot gab. Man musste immer auf der Hut sein, nicht plötzlich sein Augenlicht durch einen umherschwingenden Selfiestick zu verlieren oder von einer Horde vorbeieilender Asiaten einfach niedergetrampelt zu werden.
Wir
überlebten aber den Spießrutenlauf und verbrachten die 20 minütige
Führung fast durchgehend mit offenstehenden Mündern.
Was man
Ludwig II lassen muss, er hatte ein Händchen für Pomp! Ein
begnadeter Schlossbaumeister, ein Spezialist für das
Außergewöhnliche.
Dieses
Gebäude strahlt die Herrlichkeit fast aus und man hatte das Gefühl,
trotz des grauen Himmels und der Wolken, dass das Schloss von Innen
heraus leuchtete. Es ist wunderschön und ein absolut grandioses
Erlebnis!
Wir
schlenderten durch die Gänge, deren Wände kunstvoll bemalt sind.
Von Raum zum Raum wurde der Prunk größer und pompöser, sogar eine
schlosseigene, künstliche Tropfsteinhöhle gibt es. Irre!
Und was das Innere nicht schon zu bieten hat, dem setzt die Aussicht auf das Schloss und die umliegenden Berge von der Marienbrücke die Krone auf!
Völlig
begeistert fuhren wir ins Tal und nach Füssen, einer nicht mindert
beeindruckenden Stadt. Alte Fachwerkhäuser, wunderschön restauriert
schlängeln sich entlang der Gassen, alles umringt von einer
gigantischen Wehranlage.
Leider
fing es wieder zu regnen an und so machten wir uns auf den Weg zurück
zu unserem fahrenden Zuhause. Im Sommer muss es hier unbeschreiblich
schön sein.
Der
Wecker klingelte um 4:30 Uhr. All unsere Sachen waren gepackt. Nein,
es ging nicht nach Hause, sondern auf den letzten und angenehmsten
Teil unserer Reise.
Heute
würde wir für drei Tage auf die Inseln des San Blas Archipels im
karibischen Meer fahren.
Wir
hatten zuvor mit dem Hotel ausgemacht, dass wir während unseres
Aufenthalts auf der Insel den Hauptteil unsere Sachen dort lagern
konnten und für die letzten zwei Nächte wieder zurück nach Panama
City kommen würden, bevor es zurück nach Deutschland ginge.
Wir
wurden also mit einem kleinen Lunchpaket ausgestattet und warteten in
der Lobby auf unseren Fahrer.
Das
Archipel San Blas besteht aus 365 Inseln, wovon 57 bewohnt sind, die
sich entlang der Karibikküste Panamas bis nach Kolumbien erstrecken.
Und
diese Inseln sind der Stereotyp dessen, an was man denkt, wenn man
eine karibische Trauminsel im Kopf hat. Wenn man im Reisebüro einen
Katalog aufschlägt und einem Bilder von Inseln entgegen strahlen,
auf denen vor weißem Sandstrand ein türkisblaues Meer leuchtet,
dann sind diese Bilder meistens hier aufgenommen. Teilweise sind die
Inseln so klein, das gerade einmal drei Palmen und eine Buschhütte
auf ihnen Platz finden, alles umrahmt von blauem, wolkenlosem Himmel
und kalkweißen Muscheln im ebenso weißem Sand. Das Wasser ist so
klar, dass man darin gefühlt kilometerweit sehen kann. Ein Paradies
für Schnorchler und Sonnenanbeter gleichermaßen.
Und
dort sollte es für uns hingehen: auf die Insel mit dem nicht ganz so
einladenden Namen „Isla Diablo“.
Wir
waren wirklich aufgeregt, zum teil aus Vorfreude, zum Teil aus Angst.
Denn
selbst bei diesem Paradies gibt es einen kleinen Haken. Alle diese
Inseln sind selbstverwaltet vom Volk der Kuna, einem indigenen Stamm,
der sich ausschließlich auf diesen Inseln aufhält.
Man
kann in diversen Reiseblogs lesen, dass es auf den Inseln weder
fließendes Süßwasser noch Strom gibt. Die Hütten hätten keinen
Boden und man würde im Sand schlafen. Man hätte keinen Handyempfang
und das einzige Essen, das man bekommt, besteht aus Reis und
Bohnen… drei mal am Tag. Duschen bestehen aus Tonnen mit
Meerwasser, das man mit Eimern schöpft und sich daraus wäscht. Und
die Klos…
Wir
sollten sehen, was uns erwarten würde. Erstmal kam unser Fahrer mit
nur 20 Minuten Verspätung (was für zentralamerikanische
Verhältnisse erstaunlich pünktlich ist!) um uns abzuholen. Sein
Fahrzeug war ein Toyota Fortuner Geländewagen, der schon mit vier
anderen Touristen besetzt war.
Wir
wurden auf dem Weg noch an einem Supermarkt rausgelassen, damit wir
noch ein paar Kleinigkeiten kaufen konnten. Für den Fall, dass es
wirklich nur Bohnen und Reis geben sollte.
Also
deckten wir uns noch mit ein paar Keksen und Trinkwasser ein und
schon waren wir auf der Autobahn aus Panama City raus und Richtung
Karibikküste.
Die
Fahrt sollte knapp zwei Stunden für die 80 Kilometer auf die andere
Seite des Landes betragen, danach würde es mit dem Boot nochmal eine
Stunde auf die Inseln gehen.
Im
Auto stieg die Vorfreude und die Spannung gleicher Maßen. Das letzte
Stück des Weges fuhren wir über eine hügelige Teerstraße, die
mitten durch den Urwald führte. An manchen Stellen konnte man durch
den Dschungel schon die Küste und das türkisfarbene Wasser
erkennen.
Auf
unserem Weg reihten sich immer mehr Fahrzeuge hinter uns ein. Selbst
hier hält der Massentourismus Einzug. Der Traum vom einsamen
Inselidyll zerplatzte in dem Moment, als wir an einem Checkpoint
anhalten mussten, um unsere Pässe zu zeigen und die gefühlt 300
Autos vor uns sahen.
Am Hafen… Nein, besser gesagt an der Bootsanlegestelle wurde wir rausgelassen und angewiesen, uns auf die Bänke zu setzen, die für unsere jeweiligen Inseln vorgesehen wären. Die Schilder der einzelnen Destinationen waren mit Hand direkt auf die Pfosten geschrieben, die das Dach hielten, die Bänke grob zusammengezimmert. Den ersten Vorgeschmack gab das dortige Klo, das Händewaschen war nur mit dem erwähnten Eimer zu erledigen.
Uns
schwante Übles…
Kurz
darauf wurden wir aufgefordert, uns zu unserem Boot zu begeben –
einem kleinen Kahn für vielleicht 15 Personen. Der wurde mit
Touristen vollgestopft und legte direkt nach unserem Einsteigen ab.
Als wir die Küste verließen wechselte das Wasser sofort die Farbe von hellem oliv in strahlendes Türkis. Wir machten noch Halt an einer ersten Insel um Lebensmittel für das Abendessen einzuladen.
Als das Boot beladen wurde und wir uns die Insel betrachteten, kam uns zwangsläufig das Atoll aus dem Film Waterworld in den Sinn. Die eine Seite war weit in den Ozean hin auf Stützen überbaut und die Gebäude waren so zusammengestückelt, das es nicht verwunderlich gewesen wäre, wenn sie einfach vor unseren Augen zusammengestürzt wären. Die andere Seite bestand, leider Gottes, mehr aus Müll wie aus Insel.
Als
wir wieder ablegten, beteten wir insgeheim, dass wir die richtige
Entscheidung getroffen hatten, drei Nächte hier zu bleiben…
Aber als wir unsere Insel eine halbe Stunde später erreichten, atmeten wir erleichtert auf. Unsere Hütte, die uns für die nächsten drei Nächte ein Dach über dem Kopf bieten würde, war solide gebaut und… naja, sagen wir fast neu.
Es
gab fließend Wasser und die Mahlzeiten konnte man frei wählen. Zwar
war die Auswahl etwas fischlastig, aber zumindest kein Reis mit
Bohnen.
Das
Paradies durfte kommen!
Wir verbrachten drei wunderschöne Tage auf der Isla Diablo. Meine Angst, mir könnte langweilig werden, war unbegründet, denn wir hatten den ganzen Tag zu tun. Es wurden kostenlose Ausflüge auf anderen Inseln angeboten, an denen man einfach teilnehmen konnte, wann immer man wollte. Man konnte schnorcheln, das Wasser war so klar und so voll Fische und Korallen, dass man sich zwingen musste, zurück an Land und in den Schatten zu gehen, damit man sich nicht vor Sonnenbrand am Abend die Haut vom Rücken ziehen musste. Oder man lag einfach im weißen Sand, baute Burgen mit seiner Tochter oder spazierte über die Insel. Okay, war ein Witz, denn unsere Insel war so klein, dass wir, um sie einmal zu umrunden, keine fünf Minuten brauchten. Und das mit einer Zweijährigen an der Hand, die jede Muschel und jeden Stein aufhebt.
Das
einzige Manko war jedoch, dass auf jeder Insel im Archipel
Drohnenflugverbot herrscht.
Auf
der einen Seite verständlich, denn auch ich wollte nicht, dass alle
fünf Minuten ein Tiefflieger über meinen Kopf ziehen würde und das
permanente Sirren der Rotoren zu hören wäre.
Auf
der anderen Seite konnte man das ganze Ausmaß der Schönheit dieser
Region nur effektiv aus der Luft erkennen… Ein Dilemma.
Aber
Abhilfe wurde geschaffen, denn es war nur „auf den Inseln verboten
eine Drohne zu starten“, nicht aber auf einem Schiff!
Also nahmen bei jedem Ausflug die Drohne mit, und wenn alle anderen sich am Strand sonnten, blieben wir auf dem Boot und erkundeten die Umgebung aus der Luft.
So
vergingen die Tage rasend schnell und der Morgen der Abreise rückte
unerbittlich näher.
Aber
zuvor wurden wir noch von einer kanadischen Schulklasse eingeladen,
sie auf ihrem privaten Ausflug zu begleiten.
David
Fehr und seine Schulklasse, bestehend aus dreißig Schülern, waren
Teil eines Projektes mit dem Namen Students without Borders Acadamy.
Dieses
Programm ermöglicht es den Jugendlichen, fern ab der Heimat aus dem
wahren Leben zu lernen. Sie besuchen indigene Dörfer, machen
Schulunterricht am Strand und gehen in Nationalparks, anstatt in öden
Klassenzimmern zu büffeln.
Sarah verglich dieses System ein wenig mit einer Waldorfschule, aber mir persönlich gefällt es wirklich gut und wo lernt man besser als vom wahren Leben!
Da
man auf einer so kleinen Insel überhaupt keine andere Wahl hat, als
sich zwangsläufig mit seinen Teilzeitinsulaner-Kollegen
anzufreunden, waren wir schnell mit allen Schülern und Lehrern
bekannt. Natürlich trug auch unsere Tochter wiedermal zu einer
schnelleren Kontaktaufnahme bei, denn wie immer war sie der Hit am
morgendlichen Frühstückstisch.
So
lud uns David also auf ihren letzten Trip ein, bei dem wir die
Hauptinsel besuchen und danach den Abend auf einem winzigen Eiland
beim Baden und sonnen ausklingen lassen würden. Denn auch für die
Kanadier würde es am nächsten Tag zurück aufs Festland gehen. Der
Tag war überragend und wir genossen die Zeit mit den Schülern
enorm.
Beim
Abendessen tauschten wir noch Nummern und diverse Karten aus, damit
wir in Kontakt bleiben konnten und uns gegenseitig all unsere
gemachten Bilder schicken konnten!
Für
alle, die sich für das Projekt interessieren, die Homepage ist
swba.ca oder unter facebook students without borders acadamy
Resümee
über das Paradies
Dass
San Blas ein karibisches Paradies ist, bleibt unbestritten. Und ich
muss auch allen Bloggern den Zahn ziehen, dass man dort
Robinson-Crusoe-mäßig jeden Tag um sein Überleben kämpfen muss
und all abendlich hungrig ins Bett geht. Wobei das mit dem hungrig
ins Bett schonmal passieren kann, da die Portionen nicht die aller
größten sind.
Man findet dort Trauminseln, wenn man bereit ist, sich auf ein paar Kleinigkeiten einzulassen, die aber allgemein bekannt sind.
Zum
Beispiel sucht man eine Klimaanlage hier vergebens, genauso wie eine
Poolbar oder den Zimmerservice.
San
Blas und seine Inseln sind rudimentär und auf das Nötigste
beschränkt. Kaum anders zu erwarten, wenn selbst die kleinste
Schraube per Schiff angeliefert werden muss.
Wenn man bereit ist, auf einfachen Bettgestellen und in Holzhütten zu übernachten, überwiegend Fisch zu essen und einem sein gewohnten Luxus in diesem Bezug mal für drei Tage egal ist, findet man hier ein Erlebnis, dass man niemals vergisst und sieht Dinge, das man sonst nur aus Katalogen kennt.
Wir
haben unsere Zeit auf den Inseln sehr genossen, mussten aber auch
feststellen, dass es ein paar Sachen gibt, die die Karibikidylle ein
wenig trüben.
Wovon
man sich definitiv verabschieden kann, ist der Gedanke, alleine auf
einer tropischen Insel zu sein und den ganzen Tag Cocktails aus
Kokosnüsse zu schlürfen. Die Inseln werden zum Teil bis zum bersten
mit Touristen vollgestopft, wobei gerade die aus Panama stammenden
sich benehmen wie die Axt im Walde. Rauchverbot, scheiß egal.
Morgens um 8 Uhr das erste Bier, nur rein damit…
Teilweise
rücken sie mit ihren eigenen batteriebetriebenen Jukeboxen an und
beschallen alles im Umkreis mit lateinamerikanischem Rap, wobei eine
löchrige Holzhütte da nicht wirklich lautstärkedämmend
funktioniert.
Wir
waren über ein Wochenende auf der Isla Diablo und auf der
gegenüberliegenden Isla Perro konnte man den Strand vor lauter
Menschen mit Day-Pass nicht mehr sehen.
Und
zu der Geschichte mit dem Empfang… Man konnte keine zwei Atemzüge
machen, ohne das nicht aus irgendeiner Ecke ein Handy anfing zu
klingeln, soviel zu dem Funkloch.
Was
uns auch aufgefallen ist, aber das ist eine rein subjektive Ansicht
und (hoffentlich) nicht auf allen Inseln so, dass die dort wohnenden
Kuna, die auch das „Hotel“ betrieben, morgens nach dem Frühstück
die Kaffeetasse gegen die Bierdose tauschten und bis abends praktisch
nur eine Hand frei hatten, wenn ihr versteht was ich meine…
Als
wir mit den Kanadiern auf der Hauptinsel waren, bestätigte sich
unser Verdacht aber zusehends, denn dort trafen wir auf einen Kuna,
der uns auf fast perfektem Deutsch ansprach. Er hätte dreizehn Jahre
in Deutschland gelebt und Kinder dort. Somit seinen wir praktisch
seine Familie und er würde uns durch das Dorf führen. Dort fand
gerade eine Feier statt, bei der die erste Periode eines
Dorfmitglieds gefeiert wurde. Er erklärte uns, und ich zitiere
wörtlich: „an Tagen wie diesen muss das ganze Dorf besoffen sein!“
Als ich mich umsah und mal grob überschlug, wie viele Mädchen bald
in das entsprechende Alter kommen würden, wollte ich mir nicht
ausmalen, wie viele Tage im Jahr ein solches Besäufnis statt finden
würde.
Wir
wissen nicht, ob es durch die eigenständige Selbstverwaltung der
indigenen Kuna zu diesen Eigenheiten kommt, und ob es anders wäre,
wenn die Regierung zumindest ein wenig die Hand über die
Organisation halten würde.
Wie dem auch sei, wir gingen mit den schlimmsten Erwartungen auf das Archipel und wurden positiv überrascht. Die Panikmache war unbegründet, es wäre aber auch deutlich mehr gegangen, wenn ein paar organisatorische Feinheiten verbessert werden würden. Dann wäre es das hundertprozentige Paradies!
Abschied
Zurück in der Hauptstadt bezogen wir wieder ein Zimmer im Hotel, dieses Mal leider keine Suite, aber trotzdem sehr schick. Die letzten zwei Tage ließen wir es ganz entspannt angehen und bereiteten uns langsam aber sicher auf unsere baldige Abreise vor.
Deutschland
würde uns mit eisigen Temperaturen und miesem Wetter erwarten, aber
auch mit dem Blick in die Zukunft und dem letzten Teil unserer
Weltreise:
Ab Frühjahr wird es für uns entlang der Seidenstraße in Richtung Osten gehen, Iran und der Pamir Highway erwarteten uns. Ein ganz neues Abenteuer! Wir sind gespannt…
Und bis dahin sagen wir DANKE Mittelamerika! Es war eine tolle Zeit!
Wir
hatten ein paar Tage zuvor einen Transfer in die Hauptstadt gebucht,
zu dem uns das Taxi jetzt brachte. Der Transfer beinhaltete das
Wassertaxi zurück zum Festland und den Nachtbus, der uns in 11
Stunden wieder an die Pazifikküste bringen würde.
Uns
graute schon ein wenig vor der Fahrt durch die Nacht, aber es war die
schnellste und einfachste Möglichkeit, die Strecke zu überwinden.
Wir
wurden gewarnt, dass wir uns lange Kleidung und im besten Fall eine
Jacke mit in den Bus nehmen sollten, denn dieser würde bis zum
Gefrierpunkt heruntergekühlt werden und man könne dann nicht
schlafen.
Als der
Bus das Terminal erreichte, wussten wir, was damit gemeint war. Denn
die Scheiben des Überlandbusses waren beschlagen – von außen, so
groß war der Temperaturunterschied im Inneren.
Das
Gepäck wurde verladen und wir bestiegen unseren mobilen Kühlschrank.
Wir beteten, dass die Fahrt halbwegs ruhig verlaufen würde, damit
wenigstens Elisabeth ein wenig Schlaf finden würde. Und unsere
Gebete wurden erhört! Sie schlief fast die gesamte Fahrt durch,
trotz eisigen Temperaturen und etlichen Stopps.
Wir
erreichten nach rekordverdächtigen 9 Stunden Fahrt um halb 4 Uhr
morgens den Busterminal in der Albrook Mall, dem größten
Einkaufszentrum Lateinamerikas.
Da wir
deutlich zu früh für unser Hotel waren, dass wir eigentlich erst
für die nächste Nacht gebucht hatten, beschlossen wir, erst einmal
zu frühstücken und Kaffee zu trinken.
Um fünf
Uhr dann, pünktlich zur Öffnung der Metro nahmen wir den ersten Zug
und fuhren nach Downtown.
Der gute
Mann an der Rezeption staunte nicht schlecht, als wir vor ihm standen
und fragten, ob er nicht vielleicht jetzt schon ein Zimmer für uns
frei hätte. Wir hätten den Nachtbus genommen und wären aufgrund
dessen etwas früher dran.
Er
meinte bedauerlicherweise nein, aber wir könnten unser Gepäck bei
ihm lassen und uns ein wenig die Zeit in der Lobby vertreiben, bis in
3-4 Stunden dann ein Zimmer verfügbar wäre.
Vielleicht
lag es an unserem abgerissenen Aussehen, an den fehlenden Stunden
Schlaf oder wiedermal an unserer Tochter, die ihn wie immer gut
gelaunt angrinste, aber er kam nach ungefähr fünf Minuten zu uns
und gab uns eine Zimmerkarte.
Er hätte
ein Zimmer für uns, es wäre zwar eine Suite, aber er hoffe, das
wäre okay für uns.
Als wir die Tür zu unserer Suite öffneten, verschlug es uns fast den Atem. Der Raum war größer als unsere Wohnung in Ludwigshafen, ein gigantischer Fernseher hing an der Wand und eine riesige Fensterfront gab Ausblick auf die Hochhäuser um uns herum, die gerade durch die aufgehende Sonne angeleuchtet wurden.
Dafür
hatten wir aber keine Augen, wir beschlossen erst nochmal ein paar
Stunden zu schlafen, damit wir zumindest ein wenig fit für den
kommenden Tag wären.
Aber
nach eineinhalb Stunden brachen wir den Versuch ab, denn unsere
Tochter, die ja im Bus schon schlafen konnte, wollte lieber aufstehen
und die Stadt erkunden.
Wir
zogen die Vorhänge zurück und uns blieb erneut die Luft weg. Was im
Morgengrauen gar nicht so erschien, zeigte sich jetzt in seiner
vollen Pracht. Um uns ragten gewaltige Wolkenkratzer auf, alles aus
Glas und Beton gebaut, ein Meer von Gebäuden. Es war unglaublich
anzusehen, zumal es die erste Stadt seit den Kanadischen Großstädten
in 2010 für uns war, die so viele so hohe Häuser hat.
Den nächsten Atemstillstand bekamen wir, als wir aufs Dach unserer Bleibe fuhren. Ein Infinity-Pool neben der Dachbar, mit Blick auf die gesamte Stadt. Wobei der 15. Stock im Vergleich zu den umstehenden Häusern fast lächerlich erschien, hatten wir von hier oben trotzdem einen überragenden Blick auf die gesamte Stadt. Und die hatte es mir sofort angetan.
ICH LIEBE PANAMA CITY!
Ein
weiterer Grund diese Stadt zu lieben für mich war auch, dass die
Metro, die die wichtigsten Teile Panama Citys verbindet, nur 35 US
Cent kostet. Warum weiß kein Mensch, aber es ist so. Jeder Bus 25
Cent, jede Metro 35 Cent.
Da hat
man sich bei der Stadt mal gedacht: „Wir tun doch mal was für
unsere Bürger, anstatt sie zu schröpfen!“
Somit
waren wir super billig unterwegs und erkundeten so die ganze Stadt.
An einem Tag besuchten wir die Albrook Mall.
Auf 380.000 m² und zwei Etagen waren hunderte Geschäfte, Restaurants und Shops untergebracht. Fitnessstudios, Casinos und Autohändler, es gab einfach alles. Wir waren total erschlagen von der Größe und der Auswahl, wir kalkulierten, dass man mindestens drei Tage bräuchte, alle Geschäfte zu besuchen.
Wir aßen
in einem der drei Food-Corners, spazierten durch die kilometerlangen
Passagen und waren bestimmt in 80 Geschäften, bevor uns die
Müdigkeit zurück zu unserem Hotel zog. Die fehlende Nacht forderte
ihren Tribut und wir schliefen wie die Toten in dem riesigen Bett.
Am
nächsten Tag besuchten wir die Altstadt Casco Viejao. Als wir die
Metrostation verließen, fragten wir eine Angestellte, in welche
Richtung es ginge. Die etwas stabiler gebaute Frau schaute uns
verständnislos an und fragte, ob wir das alles denn laufen wollten.
Wir bejahten und sie wies uns den Weg, der übrigens nur einen
knappen Kilometer betrug. Irgendwie amerikanische Verhältnisse.
Wahrscheinlich hätte sie uns am Liebsten ein Taxi gerufen, damit wir
bloß nicht zu viel laufen.
Die Altstadt, oder besser das alte Panama City, ist auf einer Halbinsel gebaut, die von der modernen Autobahn umzogen ist. Ein irgendwie surreales Bild, wenn man die Straße sieht, die auf Stützen komplett im Pazifik steht mit der gigantischen Skyline dahinter, während man selbst von Gebäuden aus der Kolonialzeit umgeben ist. Ein Anblick, der meinen Eindruck nur noch verstärkt hat, dass das meine Stadt ist (vielleicht bloß noch getoppt durch Kapstadt, aber nur knapp).
Wir zogen durch die alten Gassen, bewunderten die Kolonialbauten, teils noch original, teils schon wunderschön restauriert. In vielen der alten Gebäuden sind jetzt Szenelokale, Bars, Restaurants, Hotels oder Fast-Food-Ketten. Aber in vielen leben auch noch die Menschen wie vor 80 Jahren. Es war überwältigend durch die Straßen zu laufen und diese Eindrücke auf sich einwirken zu lassen.
Den Abend ließen wir ganz entspannt am und im Pool auf dem Dach unseres Hotels ausklingen.
Am
dritten Tag stand das eigentliche Highlight des Landes auf dem Plan!
Man
behauptet, er sei das achte Weltwunder, ein Meisterwerk menschlicher
Ingenieurskunst. Er verbindet zwei Ozeane und spaltet zwei
Kontinente. Er revolutionierte die Seefahrtindustrie und stellte
Rekorde auf.
Natürlich
ist die Rede vom Panama-Kanal…
An einem der Schleusenwerke – Miraflores – wurde ein Museum eingerichtet, das die Geschichte, Technik und bauliche Finesse des Kanals präsentiert und darstellt.
Mit nicht ganz billigen 20 Dollar pro Person war man dabei, dafür bekam man aber einen unvergesslichen Einblick in die Geschichte dieses großartigen Bauwerks. Dazu kommt, dass man live mit dabei sein kann, wenn gigantische Containerschiffe oder Kreuzfahrtgiganten mit nur wenigen Zentimetern Abstand durch die Hebewerke geschleust werden.
Ein
überragendes Erlebnis das uns zutiefst beeindruckt hat! Wir
verbrachten den gesamten Tag auf dem Gelände, im Museum und den
Terrassen, sahen zu, wie Schiffe durchgeschleust wurden und genossen
für einen kurzen Moment, teil dieses Wunders zu sein, das durch
Menschenhand erschaffen wurde!
Der
Grenzübergang war erstaunlicherweise nicht halb so simple wie wir es
erwartet hatten. Diesmal ging es nicht wie sonst üblich mit den
öffentlichen Verkehrsmitteln auf eigene Faust an die Grenze sondern
wir hatten schon von zuhause aus ein Shuttle gebucht, damit uns
bereits beim Grenzübertritt nach Costa Rica unnötige Diskussionen
erspart blieben. Costa Rica ist extrem darauf bedacht, dass Touristen
das Land auch wieder verlassen und achten bereits bei der Einreise
explizit auf ein Ausreisedokument. Das hatten wir in Form der
Shuttlebuchung. Und witzigerweise haben wir es sogar wirklich beim
Check-In unseres Fluges von Guatemala nach Costa Rica vorzeigen
müssen.
Wir
hatten also das Shuttle, das uns um 8 Uhr morgens am Hotel abgeholt
und eine gute Stunde später wieder an der Grenze ausgespuckt hat.
Jetzt dachten wir, die Sache läuft ähnlich wie in Guatemala, man
steigt aus dem Bus, lässt den Pass stempeln, steigt wieder ein und
es geht weiter. Aber weit gefehlt!
Man wird
bei der Grenze aus dem Bus gelassen und neben einem landet das
Gepäck. Dann gibt es eine kurze Instruktion, wie die Grenze
bestmöglich zu bewältigen ist und der Fahrer samt Fahrzeug
verschwindet wieder. Auf der anderen Seite der Grenze soll dann
wieder jemand warten, der einen einsammelt und zum gewünschten Ort
fährt… Ein bisschen zu viele Unbekannte für meinen Geschmack,
aber okay… Das Unternehmen ist renommiert und fährt täglich
hunderte von Touristen über die Grenze, es sollte also schon
irgendwie klappen.
Wir
standen also mit Sack und Pack an einem Kiosk mit Badebekleidung und
kalten Drinks, der nebenbei noch die Ausreisegebühren einstreicht
und einem einen zerknüllten Zettel in die Hand drückt, der
elementar für die costa-ricanischen Grenzbeamten ist.
Danach
ging es weiter zum Grenzgebäude vor dem schon gefühlt Hunderte von
Menschen warteten, um sich den Ausreisestempel zu holen. Das Problem
war, dass wir mit all unserem Gepäck und dem Buggy in der prallen
Sonne standen, die an diesem Tag von einem tiefblauen wolkenlosen
Himmel herab schien und uns fast gegrillt hat. Und in der Schlange
tat sich nix! Es kam uns vor wie in Afrika, nur dass dort die Grenzen
groß genug sind, dass man drin stehen kann…
Irgendwann
wurde eine Tür geöffnet und durch die Menschenmassen drückte sich
ein Grenzbeamter und sortierte die Wartenden ein wenig vor. Alte,
Behinderte (also mit Rollstuhl oder Krücken oder so) und Leute mit
Kleinkindern wurden vorgelassen. Da war er wieder, der Babybonus!
Aber dieses Mal kam er uns wirklich gelegen, denn in der Sonne war es
unerträglich.
Aber
selbst nachdem wir im Gebäude waren, das auf fast Minusgrade
runtergekühlt worden war, dauerte es noch eine dreiviertel Stunde,
bis wir endlich mit unseren gestempelten Pässen weiter durften. Die
Grenzbeamtin, übrigens allein auf weiter Flur, versendete noch ein
paar WhatsApp während sie stempelte, telefonierte ein bisschen und
machte, leider bevor der letzte Stempel einen unserer Pässe zierte,
viel Quatsch mit unserer Tochter, die im Buggy vor ihr saß und sich
über die lustige Abwechslung freute! Ungünstigerweise vergaß die
Beamtin dabei leider, warum doch monatlich Geld auf ihrem Konto
landete und weswegen sie ja eigentlich hier sei.
Naja, am
Ende hatten wir alle Stempel und begaben uns über die
Verbindungsbrücke auf die panamaische Seite der Grenze.
Dort war
es nicht minder kompliziert als in Costa Rica, doch hier waren es
deutlich weniger Touristen, was die Sache etwas beschleunigte. Da es
keinen Röntgenscanner gab, wurde unser Gepäck per Hand
kontrolliert, was aber auch eher lapidar passierte, denn die
Beamtinnen hatten auch hier mehr Augen für unser Kind als für
unsere Drohne. Wir durften passieren.
Den
letzten Stempel holten wir 50 Meter weiter an einem Gebäude, das man
ohne weiteres mit einem Fahrkartenschalter für ein Busticket hätte
halten können. Aber auch hier waren wir dank unseres Kindes schnell
wieder weg und erstaunlicherweise erwartete uns schon ein Busfahrer
mit einem Schild das unseren Namen trug auf der anderen Seite des
Zauns.
Der
Shuttle hatte wieder Eisfachtemperaturen, was bei einem dauernden
Wechsel zwischen heiß draußen und kalt drinnen irgendwann echt auf
den Kreislauf geht, fuhr aber keine halbe Stunde später ab, nachdem
wir noch auf eine amerikanische Familie gewartet hatten, die das
gleiche Endziel hatte wie wir.
Auf den
ersten Blick machte Panama auf mich einen wirklich angenehmen
Eindruck. Es war ähnlich wie Costa Rica, nur noch grüner! Überall
wo man hin sah, war Regenwald, Dschungel und Dickicht. Ein Meer aus
Grüntönen. Nur unterbrochen von Bananenplantagen, die sich
teilweise bis zum Horizont erstreckten. Wir fuhren an kleinen Dörfern
vorbei, nicht mehr als ein paar Hütten, alle direkt aus dem Wald
geschlagen, die Straße wurde fast von den wuchernden Bäumen
verschluckt.
Nach
einer knappen Stunde lieferte uns der Shuttle an einem kleinen Hafen
ab. Von hier aus sollte es per Wassertaxi auf die vorgelagerten
Inseln des Archipels Bocas del Toro gehen.
Der
Hafen war nicht mehr als eine Ansammlung zusammengeschusterter
Hütten, die auf Stelzen bis weit ins Wasser ragten und man hatte das
Gefühl, in einer Piraten- oder Schmugglersiedlung aus einem
postapokalyptischen Film zu sein.
Das
Boot, das uns zu den Inseln bringen sollte, war für ca. 20 Personen
plus Gepäck ausgelegt und nagelneu! Also wenn wir 1957 hätten!
Bocas
del Toro
Als wir den kleinen Privathafen verließen, sahen wir dahinter riesige Beton und Stahlkonstruktionen aus dem Urwald ragen. Gigantische Verladekräne und dutzende Meter hoch gestapelte Container waren mit einem blauen Logo versehen, das eine in gelb gehaltene Dame mit riesigem Hut und einer weißen Schrift darunter zeigte.
Uns wurde klar, welchem Konzern die riesigen Bananenplantagen gehörten, die wir von der Straße aus sehen konnten und dass die Bananen unter anderem genau von hier in alle Welt verschifft werden.
Während wir darüber noch sinnierten, wie lange wohl eine solche Banane von hier bis zu unseren heimischen Supermärkten brauchen würde, erreichten wir schon die Hauptinsel von Bocas del Toro und gingen in der Hauptstadt Colòn an Land.
Unser
Hotel war am Bluff Beach und es war noch eine kleine Fahrt mit einem
Colectivo nötig, bis wir endlich unsere Badesachen auspacken
konnten.
Nach
einer halben Stunde über höchst unwegsames Gelände und teilweise
über den Strand erreichten wir das Hotel SeaHaven. Unsere Bleibe –
direkt am Strand von Bluff gelegen – bestand aus fünf nagelneuen
(diesmal wirklich neu!) Bungalows und einem zweistöckigen offenen
Hauptgebäude, alles komplett aus Holz erbaut. Der Hammer! Ich
verliebte mich gleich in den Ort und vor allem in seinen Besitzer!
Nigel,
ein ausgewanderter um die 70 jähriger Australier, hatte schon
überall auf der Welt Hostels und Guesthäuser und war der coolste
Typ den man sich vorstellen kann! Wir durften alles benutzen, von der
Küche bis zu seiner privaten Waschmaschine!
Und beim
allabendlichen Grillen teilten wir auch noch das Abendessen. Es war
unbeschreiblich schön dort, es gab nur einen winzigen
Schönheitsfehler in diesem Karibikparadies… Die Wellen rauschten
mit fast fünf Metern Höhe auf den Strand und rissen alles und jeden
mit, der unvorsichtig genug war, einen Schritt zu weit in die
Brandung zu gehen.
Es
sterben monatlich Menschen hier, die ertrinken oder gar nicht erst
wieder auftauchen, erzählte Nigel mal zwischen zwei Flaschen Bier.
Also nix mit Schwimmen.
Die Tage vergingen wie im Flug, obwohl wir eigentlich nichts machten, außer rumhängen, gammeln und am Strand liegen.
Bruchpilot
Aber
apropos im Flug, ein außergewöhnliches Ereignis gab es doch, dass
etwas unsere Inselidylle störte:
Ich
machte mit der Drohne ein paar Aufnahmen und wollte gerade tief über
die Wellen gehen, als ich einen gewaltiger Brecher durch die Kamera
erkennen konnte. Um dem auszuweichen machte ich einen steilen
Aufwärtshaken und… sagen wir… parkte etwas unsanft rückwärts
in einer Palme ein.
Das
Problem war, ich war ungefähr 200 Meter von der Unglücksstelle
entfernt, die mitten im Dschungel lag, der den Strand von der
Zufahrtsstraße trennte. Ich schlug mich also durch den ca. 50 Meter
breiten Streifen, der mit Palmen, Farnen und irgendwelchen anderen
riesigen Bäumen bewachsen war. Der Boden war so zugewuchert, dass
man den darunterliegenden Sand nicht mal sehen konnte. Ich also
barfuß und in Badehose da rein, ungeachtet dass es Spinnen, Ameisen
und was weiß ich noch alles beißendes und stechendes Getiers gibt
um meine havarierte Drohne zu retten. Mein einziger Anhaltspunkt war
das Bild der Kamera, die immer noch sendete, aber außer grünen
Blättern und einer angedeuteten Palme nicht wirklich was brauchbares
übertrug und dem GPS-Tracker, der auf drei Meter genau anzeigt, wo
sich das Fluggerät befindet. Und drei Meter können im Urwald echt
viel sein. Dazu kam, dass ich noch nicht mal wusste, auf was für
einer Höhe die Drohne im Baum hing, denn beim Versuch neu zu
starten, wurde nur ein Fehler angezeigt.
Ich
rüttelte also an so gut wie jedem Baum im Umkreis von 100 Metern,
damit ich auf dem Kamerabild sehen konnte, ob ich meinem Ziel näher
kam. Es war ein wenig wie beim Blinde-Kuh-Spielen. Nur mit
verschärften Regeln, denn wenn der Akku der Drohne leer ging, bevor
ich sie gefunden hatte, sanken die Chancen auf Null, sie jemals
wiederzubekommen.
Aber
nach einer schweißtreibenden halben Stunde Bäumewackeln sah ich
Bewegung auf dem Display und zog fünf Minuten später das
verunglückte Fluggerät aus dem Dickicht. Ich kann nicht
beschreiben, was für ein Stein mir vom Herzen gefallen ist, vor
allem, weil es alles ohne irgendwelche Schäden überstanden hat.
Am Tag
vor unserer Abreise sagte uns Nigel, dass er nach Panama City fahren
müsse, um seine Freundin vom Flughafen abzuholen. Wir sollten uns
aber keine Sorgen machen, wir wüssten ja wo alles sei und wir
sollten uns einfach bedienen. Das Frühstück würde der Angestellte
machen, den Rest würden wir schon alleine hinkriegen.
Somit
waren wir ganze zwei Tage Besitzer eines Hotels, in dem wir machen
konnten was wir wollten.
Leider
war somit aber auch Nigel nicht da, als wir die Koffer ins Taxi luden
und abfuhren. Aber wir würden in Kontakt bleiben! Danke für den
schönen Aufenthalt, Nigel!
Nach
Nicaragua hineinzukommen, kostete uns viel Nerven. Raus ging es dafür
um so schneller.
Wir verließen San Juan del Sur am Morgen und nahmen den Chickenbus zur Grenze. Nach unseren Erfahrungen auf der Hinreise, waren wir dieses Mal abgebrühter und erhandelten uns einen wirklich guten Preis für die knapp einstündige Fahrt. Oder sagen wir besser einen akzeptableren… Wir wurden für umgerechnet vier Euro direkt an der Grenze ausgespuckt und waren zehn Minuten später auf Costa-Ricanischem Boden.
Unser
Plan sah vor, auf direktem Weg nach Panama durchzufahren, mit maximal
vier oder fünf Übernachtungen.
Der
erste sollte in Liberia sein, das wir auch drei Stunden später
erreichten.
Bei
unserem ersten Aufenthalt dort fanden wir ein überragendes Steak
House, auf das wir uns schon richtig gefreut hatten.
Nachdem
wir unsere Sachen im Hotel abgeladen und eingekauft hatten, machten
wir uns auf den Weg zum Abendessen.
Doch als
wir das gesuchte Restaurant erreichten, kam die jähe Ernüchterung.
Es hatte an diesem Tag geschlossen… Oder vielleicht für immer, die
Nachbarn konnten es uns nicht genau sagen.
Aber
zwei Blocks weiter fanden wir eine Sportsbar, in der ich wohl das
beste Cordon Bleu meines Lebens genießen durfte. Aus mindestens 20
Fernsehern flimmerte uns Football, Wrestling, Tennis oder Musikvideos
entgegen und die Musik war wiedermal ohrenbetäubend laut. Aber das
kannten wir ja schon.
Von
Liberia fuhren wir am nächsten Morgen mit dem Direktbus nach San
José. Wir übernachteten in dem selben Hotel wie auch schon bei
unserem ersten Besuch in der Stadt und wieder wurden wir herzlichst
aufgenommen.
Da sich
ein paar Erledigungen angesammelt hatten, um die wir uns kümmern
mussten, entschieden wir, eine Nacht länger in der Hauptstadt zu
bleiben und alles in Ruhe zu erledigen.
Wir
nutzten den gesamten Tag, um entspannt alle Dinge zu kaufen, die man
eben nur in einer Großstadt bekommt, die Busverbindungen zu checken
und zu buchen und uns eine neue SIM-Karte zu besorgen, die alte hatte
ich nämlich verloren.
Tortuguero
Nach
einer wirklich erholsamen Nacht machten wir uns früh am nächsten
Morgen mit dem Bus auf zu unserem nächsten und auch vorletzten Ziel
in Costa Rica, dem Tortuguero National Park auf der Karibikseite des
Landes.
Die
Anfahrt war wirklich nervenaufreibend, denn wir mussten auf der
vierstündigen Fahrt zwei Mal den Bus wechseln und das letzte Stück
mit einem Wassertaxi zurücklegen.
Und wenn ich sage Wassertaxi, dann meine ich mit 40 anderen Touristen in einer Nussschale eingepfercht zu sein, die so tief im Fluss lag, dass bei jeder Welle das Wasser ins Boot schwappte.
Aber
wenn man davon absah, war die Fahrt atemberaubend!
Die Kanäle schlängelten sich durch den Dschungel, die riesigen Regenwaldbäume standen bis ins Wasser und man konnte keinen Himmel sehen, so dicht war das Blätterdach. Aus allen Winkeln des Waldes hörte man Tierstimmen. Papageien und gigantische Schmetterlinge flogen dicht über das Dach des Bootes hinweg und eine unendliche Anzahl an farbenfrohen Blüten zierten unseren Weg.
Auf Ästen dicht über dem Wasser saßen Leguane und Vögel, unter anderem auch der extrem seltene Basilisk, auch Jesus-Christus-Echse genannt, da diese Reptilien in der Lage sind, kurze Strecken über das Wasser zu rennen, um ihren Feinden zu entkommen.
Hier
wurde dann auch klar, was der Landesspruch „Pura Vida“, den man
an jeder Ecke und bei jeder Gelegenheit hört, wirklich bedeutet.
Der
Dschungel lebt und wir waren mitten drin! Pures Leben!
Nach 90 Minuten erreichten wir das Dorf Tortuguero, einzige Stadt im Park und Ausgangspunkt aller Aktivitäten. Hier befindet sich die gesamte Infrastruktur, alle Touranbieter, Guesthouses, Geschäfte und Souvenirläden sind hier vertreten.
Sarah
hatte im Vorfeld herausgefunden, dass es einen Verbindung durch den
Park gibt, die uns bis fast vor die Grenze bringen würde. Man musste
einfach ein Shuttle von Tortuguero nach Puerto Viejo buchen. Der
erste Teil der Fahrt sei ein Kanal der parallel zur Küste etwas ins
Landesinnere versetzt entlangführe. Hier würde man mit einem
Schnellboot transportiert bis der Kanal in Moin ende. Von dort gänge
es dann mit dem Bus noch eine Stunde weiter bis nach Puerto Viejo,
die letzte Stadt vor der Grenze.
Somit
konnte man sich den Rückweg über San José sparen und auch die
komplett überteuerten Touren, die vor Ort angeboten wurden. Dabei
acht man auch nichts anderes, als über die Kanäle zu schippern. Die
perfekte Sache also – was sehen und auch noch weiter kommen!
Wir
besuchten das Shuttlebüro und buchten für den nächsten Tag einen
Transfer.
Den Rest des Tages verbrachten wir damit, am Strand entlang zu laufen, der aufgrund der Vulkane aus fast schwarzem Sand besteht oder durch die Läden zu spazieren und die irrsinnig überteuerten Souvenirs anzusehen. Einen Schlüsselanhänger aus Kokosnussholz für fünf Dollar. Oder ein Stofffaultier für 25 Dollar… Aber hier rennen genug durchgebrannte Touristen rum, die diese Preise bezahlen, was man an den vielen Plastiktüten erkennen konnte, die die Leute mit sich herum trugen.
Nach
Einbruch der Nacht machten wir uns schleunigst auf den Rückweg, denn
bei Dunkelheit möchte niemand im Dschungel draußen sein. Da ist man
nämlich Freiwild für alle stechenden und blutsaugenden Lebewesen
der Umgebung! Und sie finden Dich!
Deswegen
machten wir es uns unter der Klimaanlage in unserem Zimmer gemütlich
und genossen den Abend.
Der schönste Transfer unserer Reise
Pünktlich um neun Uhr am nächsten Morgen standen wir mit vollem Gepäck am Bootsanleger. Unser Schiff lag schon am Kai und wurde beladen. Ein kleines Boot für 20 Personen sollte uns die nächsten 3,5 Stunden über die Kanäle bringen. Nachdem alles Gepäck verstaut war, suchten wir und 9 andere Touristen uns einen Platz und los ging die Fahrt.
Unser
Kapitän, ein breiter Kerl in Badehosen und T-Shirt steuerte sicher
über die Wasserstraßen durch den Regenwald, erklärte uns alles
über die Pflanzen und Tierwelt und hielt immer wieder an, wenn es
etwas besonderes zu sehen gab.
Wir bekamen Fischadler, Faultiere, Brüllaffen, Tukane, Kaimane, Alligatoren, tausende verschiedener Schmetterlinge, Vögel und Echsen zu Gesicht. Und natürlich durfte der Namensgeber des Parks nicht fehlen, die Schildkröten.
Nach einer guten Stunde verließen wir den Nationalpark und fuhren immer parallel der Küste und des Karibischen Meeres Richtung Moin. Auch hier mangelte es an Tieren nicht. Keine Ahnung, wie unser Kapitän das machte, aber er sah Tiere, die niemand auch nur erahnte und die er mit einem Laserpointer anstrahlen musste, damit wir sie überhaupt wahrnahmen.
Und auch der landschaftliche Aspekt war wunderschön. Teilweise fuhren wir auf engen Wasserstraßen und rechts und links sah man nur Regenwald. Das Wasser war teilweise glatt wie ein Spiegel. Ab und zu erreichten wir einen Mündung des Kanals ins Meer. Hier war das Wasser schon gar nicht mehr so glatt sondern rau und wild und das Boot schaukelte richtig bis unser Kapitän wieder Kurs auf die Einmündung zum nächsten Kanal nahm. Es war einfach atemberaubend.
Wir
erreichten Moin und bedankten uns überschwänglich für die
imposante Fahrt und seine Erklärungen. Bei einer gebuchten Tour
hätten wir nicht weniger gesehen, bloß mehr bezahlt.
Das
letzte Stück wurden wir mit zwei anderen Touristen in einem Taxi
über Land gefahren. Unser Ziel war Puerto Viejo, kurz vor der Grenze
nach Panama.
Von
Zuhause aus hatten wir schon einen Shuttle über die Grenze gebucht,
da es sonst Probleme mit der Einreise nach Costa Rica gegeben hätte.
Dieser
sollte uns am nächsten Morgen am Hotel abholen. Wir kauften noch
schnell in einem Supermarkt ein paar Dinge für das Frühstück am
nächsten Morgen und suchten uns dann etwas für das Abendessen.
Wir
fanden kurz vor dem Strand ein italienisches Restaurant.
Und Gott
ist mein Zeuge, es gibt an keinem Ort dieser Erde bessere Spaghetti
Carbonara als in diesem winzigen Imbiss.
Wenn sie
60 Dollar gekostet hätten, ich schwöre, es hätte sich gelohnt!
Der
Besitzer war vor acht Jahren von Italien nach Costa Rica ausgewandert
und betreibt hier nach echt italienischen Rezepten sein Restaurant.
Also wer
mal durch Zufall in der Gegend ist, die „Pizzeria Va A Seguir“
wartet mit dem besten Essen auf euch! Und genau neben an ist eine
italienische Eisdiele, die auch ihres Gleichen sucht. Für das
Dessert danach!
Ich
kann schon gar nicht mehr zählen, wie oft wir diese Frage die
letzten 1,5 Jahre gehört haben.
Afrika war hier schon ein heißes Thema aber als wir uns für eine Reise nach Mittelamerika entschieden haben, war es vorbei:
Passt nur auf vor den Migrantenkarawanen in Richtung amerikanische Grenze!
Was, ihr wollt nach Mexiko??? Da hört man ja nichts Gutes von.
Nicaragua? Ist da nicht Bürgerkrieg?
Guatemala? Passt nur auf, dass ihr in keine Schießerei kommt.
Unzählige
Bedenken und „Tipps“ von vielen Leuten, die meistens noch niemals
einen Fuß in eins der Länder gesetzt haben, aber vom Hörensagen
doch ach so viel wissen. Oder die mal beim Auswärtigen Amt auf der
Homepage waren (die vom Auswärtigen Amt waren wohl auch noch nie
hier) und die ganzen Horrorstories gelesen haben.
Wir haben in Mexiko so liebe und hilfsbereite Leute getroffen und eine so tolle Infrastruktur vorgefunden… Von den Überlandbussen kann sich die Lufthansa mit ihrer mikriggen Beinfreiheit mal eine fette Scheibe abschneiden!
Und die Guatemalteken sind rundherum so freundliche Menschen! Selten haben wir uns so sicher und so Willkommen gefühlt wie in Guatemala!
Und Nicaragua… Auch hier haben wir uns niemals unsicher gefühlt, obwohl die jüngsten Auseinandersetzungen erst ein halbes Jahr her sind. Es tut uns so sehr Leid, dass Nicaragua so ein schlechtes Bild nach außen hat. Die Tourismusbranche (von der sehr viele Menschen leben) ist am Boden und es ist so traurig mit anzusehen, wie die Menschen um ihre Existenz bangen müssen, obwohl bei den Aufständen vor einem halben Jahr KEIN einziger Tourist zu schaden kam!
Im Gegensatz dazu Costa Rica – „die Schweiz Mittelamerikas“ (außer den Preisen ist hier nichts wie in der Schweiz) – wo im letzten halben Jahr drei (!!!) Touristen ermordet wurden. Wusstet ihr das?
Natürlich gibt es Gegenden, die meidet man besser. Aber gibt es die nicht auch bei uns im ach so sicheren Deutschland?
In (…) ist es in der Silvesternacht zu einer Vergewaltigung auf der Toilette einer Gaststätte gekommen – Das Opfer war eine Touristin (…). *1
Der 53-Jährige soll in der Nacht auf Sonntag einen 39 Jahre alten Mann (…) erschossen haben. *2
Der Mord an dem 29 Jahre alten (…), der in der Nacht zum 23. Januar (…) erschossen worden war, ist aufgeklärt. Die Polizei hat sechs Mitglieder einer Rauschgiftbande (…) festgenommen. *3
Diese
Nachrichten stammen nicht aus den oben genannten Ländern sondern aus
Deutschland!
Also um auf die Eingangsfrage zurück zu kommen:
„Ist das nicht gefährlich?“
Können wir ganz klar antworten: „Nicht gefährlicher als woanders auf der Welt!“
Am
nächsten Morgen gingen wir dann mit einem wenig mulmigem Gefühl im
Bauch zur Busstation, um uns einen Transfer nach Leòn zu besorgen.
Nach
unseren eher doch miesen Erfahrungen in Rivas funktionierten die
Verhandlungen hier erstaunlich einfach. Wir mussten bloß einen
dritten Sitzplatz bezahlen, der dann für unser Gepäck diente, was
absolut in Ordnung ist. Gerade auch, weil uns das Ganze pro Platz 33
Cordoba, also 90 Eurocent gekostet hat.
Die
Fahrt bis Managua dauerte zwei Stunden und war für uns die reinste
Hölle. Nicht dass wir im Bus stehen mussten, trotz bezahlten
Sitzen… Nein, weit gefehlt, gerade das Sitzen war das Schlimme. Die
Abstände zwischen den Sitzreihen war so gering, dass wir mit
angezogenen Knien auf unseren Plätzen saßen, während die kleinen
Nicaraguaner bestimmt noch zehn Zentimeter Platz zum Vordersitz
hatten.
Logischerweise
ist in einem Land, in dem die Durchschnittsgröße bei knappen 1,60
Meter liegt, alles auf derart kleine Personen ausgelegt. Das wurde
uns schon in diversen Unterkünften zum Verhängnis, denn häufig
hängen die Spiegel in den Bädern auf genau dieser Höhe.
Wenn
dann jemand wie ich sich mal rasieren muss, sieht man oft nur seinen
Bauchnabel… Positiv an der Sache ist anzumerken, dass man sein
Gehirn jedes Mal aufs neue anstrengt, um immer wieder neue Taktiken
zu entwickeln um dieses Problem zu beheben. Aber ich schweife ab…
Wir saßen also zwei Stunden in diesem Bus und als wir Managua erreichten, konnten wir kaum aussteigen, so taten uns die Knie weh. Den restlichen Weg bis Leòn legten wir dann in einem Toyota Hiace – sogar mit Klimaanlage – zurück, was deutlich angenehmer war.
Leòn
Wir
erreichten Leòn in praller Mittagshitze und natürlich fielen die
Taxifahrer gleich wie ein Schwarm Fliegen über den gerade
ausrollenden Minibus her. Man hatte kaum Gelegenheit auszusteigen, da
wurde man schon mit Angeboten und Zurufen überhäuft.
Da
wir uns ein wenig informiert hatten, was denn so eine Taxifahrt zu
unserem Hotel hätte kosten dürfen (20-30 Cordoba = 0,70 – 0,90
Cent) staunten wir nicht schlecht, als das erste Angebot bei 500
Cordoba lag, also knapp 14 Euro!
Dankend
lehnten wir ab und schleiften unser Zeug die 2,5 Kilometer zu unserer
Unterkunft, einem kleinen Hotel mitten im Zentrum der Stadt. Das
Gebäude war im Kolonialstil gebaut… Und hatte offene Bögen über
den Türen. In einer Stadt, in der es mehr Moskitos gibt als Menschen
ein geringfügiges Problem. So deckten wir uns zuerst mal mit
Moskitospray ein, damit wir überhaupt die Nacht überstanden.
Leòn
ist wie Granada auch, eine Stadt aus alten Tagen. Zu seiner Zeit
Hauptstadt des Kolonialreiches, später in den Achzigern dann
Hauptstadt der Revolution.
Hier
begannen die Aufstände, die letztendlich die diktatorische Regierung
stürzten und das Land in eine Demokratie führte. Leider mit enormen
Verlusten unter der zivilen Bevölkerung. Die gesamte Stadt ist eine
Gedenkstätte der Opfer und Revolutionäre, die ihr Leben für die
Unabhängigkeit und Freiheit lassen mussten. An jeder Ecke steht ein
Denkmal, eine Statue oder ein Mahnmal, das an jene grausame Zeit
erinnern soll.
Ansonsten
überwiegen die kolonialen Bauten, die Plätze und Alleen. Man spürt
das Alter dieser Stadt, die scheinbar nicht für die heutige Zeit
ausgelegt zu sein scheint. Der Verkehr staut sich überall, die
Straßen sind kaum breit genug, damit zwei Autos an einander
vorbeikommen, geschweige denn zwei LKWs oder Chickenbusse.
Wir
blieben zwei Tage in der Stadt, die zu ihrer Mittagszeit an einen
Glutofen erinnert. Man kann kaum einen Fuß aus dem Schatten nehmen,
denn was die Sonne berührt, wird sofort gnadenlos verbrannt.
Wir
nutzten die Zeit, um bei einer Wäscherei unsere schmutzige Kleidung
abzugeben, die langsam überhand nahm. Zu Fuß waren es vielleicht 15
Minuten, was bei so einer Hitze schon echt unangenehm ist. Bloß
staunten wir am Abend nach dem Abholen nicht schlecht, als wir im
Hotel das Paket öffneten und zusätzlich zu unserer Wäsche noch die
Kleidung eines anderen darin lag.
Da aber die Besitzer der Wäscherei wirklich nett waren (um ehrlich zu sein, ein paar der wenigen…) konnten wir nicht wirklich sauer sein und brachten die fremden Kleidungsstücke vor dem Abendessen wieder zurück.
Außerdem besuchten wir mit unserer Tochter einen Rummelplatz in der Nähe der großen Kirche. Wobei Rummelplatz übertrieben ist… Die “Fahrgeschäfte” waren eine zusammengeschusterte Konstruktion von Autos bzw. Gondeln angebracht auf einem großen Rad. Die Beleuchtung wurde von einer Autobatterie gespeist und das “Karusell” wurde nur mit reiner Manneskraft betrieben.
Was
im besonderen in Leòn, aber auch im gesamten Rest von Lateinamerika
auffällt, ist… wie soll ich es am besten ausdrücken… „die
besondere Art der Innengestaltung einer jeden Kirche“. Ich hoffe
das ist politisch korrekt genug!
Aber
im Ernst, man muss schon echt die Augen zusammen kneifen, damit man
nicht augenblicklich einen epileptischen Schock erleidet, sobald man
das Kirchenportal durchschritten hat.
Überall
hängen Lichterketten, an jeder Säule ziehen sich Lametta und
LED-Bänder empor und neben dem Altar stehen teilweise bis zu fünf
Meter hohe Aufbauten mit Szenen aus der Bibel und der
Weihnachtsgeschichte. Mit Springbrunnen! Wo auch immer der in der
Bibel vorkam!
Vielleicht
ist diese Art der Dekoration nur auf Weihnachten zurückzuführen,
das ja jetzt gerade mal zwei Wochen zurückliegt, aber ganz unter
uns… Das glaube ich eher nicht…
Da trifft aber wiedermal das alte Sprichwort „andere Länder, andere Sitten“ zu!
Nach
dieser doch sehr eindrücklichen Erfahrung machten wir uns mit einem
Shuttle auf den Weg zum Lake Nicaragua, genauer gesagt auf die Insel
Ometepe.
Ometepe
Ometepe
liegt in mitten des Nicaragua Sees und besteht praktisch nur aus zwei
gigantischen Vulkanen, die (zur Zeit) beide erloschen sind. Man kann
den größeren der beide, den Conceptiòn erklettern, was bei
trainierter Konstitution knapp 10 Stunden in Anspruch nimmt. Dafür
hat man aber einen atemberaubenden Blick vom Gipfel des knapp
1700-Meter-Riesen. Oder auch nicht, denn meisten ist seine Spitze von
Wolken verhüllt…
Wie
auch immer, das Abenteuer beginnt meistens schon am Fährhafen, denn
die Kähne, die einen auf die Insel bringen, sind gefühlt aus dem
16. Jahrhundert und werden überwiegend nur noch von Rost
zusammengehalten. Wenn man dann bedenkt, dass auf diesem Haufen
Schrott noch 10 Autos und ein LKW mit Kühen mitfährt, plus
natürlich 100 andere Fahrgäste kann jede Sekunde, die die
einstündige Überfahrt dauert, zur Nervensache werden.
Trotz
allem wohlbehalten erreichten wir Ometepe. In Moyogalpa, wo wir auch
an Land gingen, lag unser Hotel, keine fünf Minuten zu Fuß von
Hafen entfernt. Lustigerweise war es die vorletzte Straße der Stadt,
nur das man mal ein Verhältnis der Größe dieses Ortes erhält.
Da
die meisten Aktivitäten auf der Insel den Extremsportlern, oder
denen sie meinen sie wären es, vorbehalten ist, blieb für uns nur,
die Insel zu erkunden. Im Normalfall benutzt man dafür einen Roller,
den man für keine 20 US Dollar mieten kann. Da wir aber diverse
Reisende getroffen haben, die schwere Spuren dieser Fahrten
davongetragen hatten, entschieden wir uns gegen diese Art der
Fortbewegung. Es war uns einfach zu gefährlich mit der Kleinen auf
dem Sozius ein solch runtergewirtschaftetes Gefährt zu fahren. Da
wir aber auch nicht untätig rumsitzen wollten, suchten wir eine
Alternative. Die zu mietenden Quads, die deutlich sicherer für zwei
Personen mit Kleinkind sind, schlugen mit 70 US Dollar zu buche und
überstiegen etwas unser Budget.
Aber dank unseres freundlichen Hoteliers, der einen einzigen Anruf tat, waren wir 10 Minuten später für acht Stunden stolze Besitzer eines 250er Suzuki Quads. Und das für 45 Dollar!
Und
ich muss gestehen, nach all den Fahrzeugen, die wir auf dieser Reise
genutzt hatten, dieses ATV war der Kracher! Ich hatte noch nie so
viel Spaß. Ob das meine Beifahrer auch so sahen, kann ich nicht
beurteilen, in dem schrottigen Rückspiegel konnte ich immer nur mein
Grinsen sehen! Und für meine Tochter war es anscheinend auch nicht
so wild, denn sie schlief seelenruhig zwischen uns eingeklemmt ein.
So
donnerten wir über die Straßen und Pisten der Insel. Wir machten
nur Halt an einem Schwimmbad, das ausschließlich vom Wasser gespeist
wird, das vom Vulkan herunterläuft.
Dort verbrachten wir drei Stunden mit schwimmen, planschen und in der Sonne liegen. Das Beste an diesem Schwimmbecken war aber ein Schwungseil, das an einem Baum befestigt war und mit dem man sich von einer Plattform über fünf Meter weit schwingen und ins Becken fallen lassen konnte. Damit verbrachte ich den halben Tag, immer wieder angefeuert durch meine am Beckenrand sitzenden Ladies!
Den
Muskelkater am darauffolgenden Tag kann ich hier überhaupt nicht in
Worte fassen… Und das trotz meines absolut athletischen und
durchtrainierten Körperbaus (zwinker!).
Leider mussten wir das ATV am Abend wieder abgeben. Vorher drehte ich aber noch eine Runde alleine über die Insel! Und ich kann nicht beschreiben, was für ein Gesicht die Fußgänger machten, als ich laut lachend mit Vollgas an ihnen vorbei flog! Wie gesagt, einen solchen Spaß hatte ich schon lange nicht mehr! Ich glaub, so ein Teil brauch ich daheim auch!
Der Weg zurück aufs Festland war nicht minder abenteuerlich als der Hinweg. Diesmal wurde er aber gekrönt von der unbeschreiblichen Ignoranz der Nicaraguaner.
Wer
sich am Flughafen schon mal darüber aufgeregt hat, dass sich die
Leute schon in einer Reihe am Boardingschalter aufstellen, wenn der
Flieger noch nicht mal ans Gate gerollt ist, der sollte besser nicht
nach Nicaragua fahren.
Das gesamte Gepäck der Reisenden wurde an einem zentralen Platz im Heck der Fähre gelagert. Schön vom Personal aufgestapelt zu einem quadratischen Berg. Vielleicht 15 Minuten vor Anlegen des Schiffes begann eine regelrechte Schlacht um die Gepäckstücke, jeder wollte als erstes seinen Koffer oder seine Reisetasche haben. Alle griffen durcheinander, es wurde gerauft, geschubst und geschrien…
Aber als das Schiff dann angelegt hatte, verstanden wir auch den Sinn der ganzen Aktion, denn am Kai wartete ein Chickenbus (und zwar anscheinend der einzige für diesen Tag) nach Managua. Den wollten die Passagiere wohl alle bekommen, denn dort ging die Schlacht gleich weiter, bloß dieses Mal um einen Platz im Bus.
Wir bestiegen unser vorgebuchtes Shuttle für die Fahrt zu unserem letzten Ziel in Nicaragua: San Juan del Sur.
San Juan del Sur
Wir
wollten unsere Zeit hier gemütlich ausklingen lassen und noch ein
bisschen den Pazifik genießen, da ist dieser kleine Urlaubsort genau
das Richtige. Das Positive gegenüber Costa Ricas Traumstränden ist,
dass man hier für ein Hotel (das mindestens genauso gut ist wie 50
km weiter südlich) statt 60 US Dollar nur 20 bezahlt.
Im
Gegenzug muss man aber auch mit Sachen rechnen, wie ein ausgewiesenes
B&B (Bed UND Breakfast) zu buchen, welches aber ohne Frühstück
ist… Das kostet extra… Muss man nicht verstehen…
Wenn
man aber über solche Dinge hinweg sieht, ist es einer der schönsten
Orte unserer bisherigen Reise.
Und die Hauptsache hier ist schließlich Sonne, Strand und Ozean…
Eigentlich dachten wir, dass uns hier nichts mehr schocken würde, wir standen ja kurz vor der Ausreise.
Bis
zum vorletzten Tag!
Da kam nämlich mal schnell eine AIDA in die Bucht. Eigentlich besser gesagt davor, denn die kleine Bucht war nicht im Stande, das riesige Schiff aufzunehmen. So wurden die Passagiere mit kleinen Fähren an Land geschafft.
Und
plötzlich war das kleine, fast schon verschlafene Nest San Juan del
Sur ein Bienenstock!
Wie
aus einer kaputten Wasserleitung strömten die Touristen aus dem
winzigen Hafen und direkt in die Stadt hinein.
Überall
spazierten Touristen überwiegend älteren Semesters durch die engen
Straßen, die Geschäfte quollen fast über vor strohhuttragenden, in
Khakishorts gekleidete Rentner mit ihren Kameras vor den Bäuchen und
ihren Sicherheitsgeldbeuteln um die Hüften.
Ich war noch niemals auf einer Kreuzfahrt, aber wenn es Klischee-Kreuzfahrt-Touristen gibt, dann waren sie alle an diesem Tag in San Juan.
Natürlich
brachte der Ansturm der rüstigen Truppe die einheimische
Tourismusindustrie zum Überkochen und jedes Restaurant hatte
mindestens drei Leute mit Flyern auf der Straße um möglichst viele
der Kreuzfahrtsenioren abzugreifen. Die Souvenirverkäufer hatten von
einer Minute auf die andere Hochsaison und kamen fast nicht nach,
alle der kaufwilligen Seefahrer ihren Ramsch anzudrehen.
Wir
beobachteten das bunte Treiben mit einem Frozen Cappuccino von der
offenen Bar unseres Hotels aus und ich muss sagen, es war wirklich
unterhaltsam.
Als
es auf den Abend zu ging konnte man beobachten, wie sich langsam eine
betagte Karawane in Richtung Hafen aufmachte. Zuerst kam die rüstige
Rentnerschar, die eilig mit hochrotem Kopf ihre letzte Möglichkeit
erreichen wollten, in ihre klimatisierte Kabine zurückzukommen und
abends dann mit den gerade erstandenen Souvenirs beim Captainsdinner
zu protzen. Hinter Ihnen eine Armada aus Händlern, Essensverkäufern
und Bettlern, die ebenfalls auf ihre letzte Chance sannen, noch
irgend welches Geld zu verdienen.
Als
dann das Horn des Schiffes durch die Bucht hallte und es ganz
gemächlich Kurs auf den offenen Pazifik nahm, hatte man das Gefühl,
man stünde vor dem Brandenburger Tor am Morgen des 1. Januar.
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