Wir hatten uns entschlossen, schon etwas früher wie geplant aus Stellenbosch abzureisen. Nach einem guten Frühstück,ein paar tollen Reisetipps von Dieter und einer herzlichen Verabschiedung machten wir uns am Silvestermorgen auf ins ca. 200 km entfernte Bontebok Nature Reserve, um dort noch ein paar Tage mit Vince und Jacqui zu verbringen.
Aber zuerst wollte ich nochmal einen Abstecher nach Hermanus machen, da mir die Stadt am Meer sogar bei strömendem Regen wirklich gut gefallen hatte und ich sie nochmal bei Sonnenschein sehen wollte.
Ich wurde nicht nicht enttäuscht, es war traumhaft schön, als wir die Hauptstraße entlang Richtung Waterfront fuhren.
Wir parkten auf dem gleichen Parkplatz wie das letzte mal und machten einen Spaziergang entlang des Ozeans, der wenige Meter unter uns an die Felsen brandete. Das türkisblaue Wasser und der wolkenlose Himmel, dazu der weiße Sand und die steilen grauen Klippen, eigentlich könnte es nicht schöner sein.
Aber es ging schöner, denn genau in dem Moment, als wir auf das offene Meer hinausblickten, erspähten wir die Fontänen von Walen, die vor der Küste vorbeizogen. Eigentlich war die „Saison“ für Wale vorbei. Die Glattwale, hier auch Südkaper genannt, bringen ihre Jungen in der geschützten Umgebung der vielen Buchten des Kaps zur Welt und sind normalerweise von Juni bis November dort.
Aber heute bliesen sie vor Hermanus und läuteten für uns das Ende eines aufregenden und ereignisreichen Jahres ein.
Nach dieser atemberaubenden Erfahrung machten wir uns wieder auf den Weg nach Bontebok, wo unsere englischen Freunde auf uns warteten.
Wir wurden herzlich begrüßt und genossen den Abend und den Jahreswechsel bei Lagerfeuer, Bier und Gin Tonic. Um 12 Uhr stießen wir auf das neue Jahr an und fünf Minuten später lagen wir in unseren Betten.
Die Zeit mit den beiden verging wie im Flug. Wir badeten tagsüber im nahen Fluss, tauschten Geschichten aus vergangenen Reisen aus und holten uns viele hilfreiche Tipps von den beiden erfahrenen Reisenden. Wer ein bisschen nachlesen möchte, was die beiden in den letzten drei Jahren in Afrika erlebt haben, unter lorrywaydown.com (auch unter unseren Links) gibt es alles Wissenswerte!
Unsere Idylle wurde nur von einem tierischen Zwischenfall unterbrochen. Eine heimatlose Rainspider hatte sich ihre neue Unterkunft in der Schutzhülle unserer Markise gesucht, wurde aber heldenhaft mit feuerfesten Handschuhen und Riesen-Tupper-Schüssel von Vince entfernt und wohlbehalten in den Büschen am Fluss ausgesetzt.
Ich habe vorher noch nie von einer Rainspider gehört. Diese absolut ungefährliche aber echt gewaltige Spinnenart sieht wirklich bedrohlich aus. Sie hat eine Beinspannweite von bis zu 25 cm und ist wirklich so harmlos, dass man sie sich ohne Bedenken über das Gesicht laufen lassen könnte.
Da ich aber nicht so der Spinnenfreund bin habe ich mal von dieser Option abgesehen und war dann doch etwas erleichtert, als sie von Vince fortgetragen wurde.
Der Tag des Abschieds kam viel zu schnell und mit Tränen in den Augen verließen wir die Beiden, um uns auf den Weg nach Norden Richtung Durban zu machen. Unser Weg führte uns über die N2 die Gardenroute entlang, auf der uns die nachweihnachtliche Ferien-Rückreisewelle auf der Gegenspur den Atem verschlug. Wohnwagen auf Wohnwagen reihte sich aneinander und bis unters Dach vollgepackte Familienvans drängten sich Richtung Kapstadt und ließen den Verkehr zeitweise erliegen. Teilweise hatte man das Gefühl, bei den ganzen sandfarbenen, vollgepackten und mit Anhängern bestückten Land Cruisern auf Militär-Konvois zu treffen, der sich bereit machen, von Port Elizabeth aus Australien zu überfallen.
Wir stoppten für einen Kaffee am höchsten Bunjee-Sprungpunkt der Welt und sahen zu, wie sich die Wagemutigen reihenweise von der Bloukrans Bridge die 216 Meter in die Tiefe stürzten.
Ein paar Tage später erreichten wir Durban und bei einem Besuch der Stadt erschraken wir schon ein wenig.
Als wir 2011 das letzte mal hier waren, war die Stadt aufgrund der WM herausgeputzt und glänzte an allen Ecken.
Jetzt, sieben Jahre später, war sie kaum wiederzuerkennen. Der Strand war total zugemüllt, überall gammelten Obdachlose und Bettler herum und die Fassaden der Häuser und Hotels verblassten schon wieder vom Salz und der Sonne. Man hatte das Gefühl in eine Stadt zu kommen, die Ihren Zenit schon vor Jahren überschritten hat und langsam dem Verfall preisgegeben wird.
Nach dieser ernüchternden Erfahrung machten wir uns auf zu einer kleinen Runde Geschichte. Die Battlefields liegen nördlich von Durban und markieren den Punkt, an dem sowohl die Briten als auch die Buren Auseinandersetzungen mit den Zulus hatten und blutige Schlachten ausfochten.
Ein Denkmal, das wir besuchten, ist das Blood River Monument, an dem wir auch übernachteten.
Am 16. Dezember 1838 griffen die Zulus mit einer Stärke vom fast 6000 Kriegern eine Kolonne Vortrekker (niederländisch stämmige Buren, die auf der Suche nach neuem Land nach Norden ins Gebiet der Zulu zogen) an.
Diese verschanzte sich hinter ihren Planwagen, die sie vorher zu einer Wagenfestung zusammengestellt hatten und wehrten den Angriff mit nur knapp 500 Mann ab. Auf Seiten der Buren gab es drei Verwundete, darunter der Anführer selbst, Andriès Pretorius, nachdem die heutige Hauptstadt Südafrikas benannt wurde.
Auf Seiten der Zulus erlagen über 2500 Kriegen dem Angriff und es heißt, dass das das Blut der Gefallenen den Ncome rot färbte, woraufhin ihm die Buren den Namen Blood River (Bloedrivier) gaben. Heute hat er wieder seinen ursprünglichen Zulu-Namen Ncome zurückbekommen.
Zum Gedenken an diese Schlacht hat ein Künstler die Wagenfestung der Buren in Lebensgröße aus Bronze nachgestellt, genau an der Stelle, an der die erfolgreiche Verteidigung statt fand.
Das Wetter passte auch perfekt zu den bedrückenden Relikten der südafrikanischen Vergangenheit, denn es regnete fast durchgehend und die Temperaturen stiegen tagsüber kaum über 12 Grad Celsius. Man glaubte kaum in Afrika zu sein, was auch zu dem Running Gag führte, dass jedesmal, wenn solches Wetter herrscht, der Spruch kommt: „Ich dachte wir sind in Afrika!“
Am nächsten Morgen besuchten ein weiteres Schlachtfeld, Rorke’s Drift.
Hier wurde eine schwedische Missionarsstation von lediglich 139 britischen Soldaten erfolgreich gegen knapp 4000 Zulu-Krieger verteidigt.
Die Mission wurde komplett zerstört, aber auf Ihren Grundmauern das heutige Denkmal mit Museum errichtet, in dem die Geschichte des Ortes anschaulich erklärt wird.
Da wir sowohl genug von Geschichte als auch von kalten Wetter hatten, drehten wir nach Osten ab und fuhren an die Küste, wo uns das beschauliche Richards Bay mit angenehmen 30 Grad und Sonne empfing. Leider auch mit Moskitos, die uns am ersten Abend komplett auseinander nahmen. Den zweiten Abend waren wir dann schlauer und überschütteten uns mit Mückenschutz.
Am Tag darauf machten wir eine Bootstour auf dem Lake St. Lucia, auf der uns die heimsiche Tier- und Pflanzenwelt näher gebracht wurde. Wir fuhren nur wenige Meter entfernt an Herden von Flusspferden vorbei und beobachteten die Krokodile beim Sonnenbad am Ufer. Der Skipper vervollständigte die Tour mit Fakten und Hintergrundwissen zu den einzelnen Tieren und Vogelarten.
Es war ein schöner Trip den man problemlos weiterempfehlen kann und uns einfach mal ein paar Stunden abschalten ließ.
Wir verbrachten noch ein paar Tage an der Küste, bis es uns wieder ins Landesinnere, genauer nach Swasiland zog.
Der Binnenstaat liegt mitten in Südafrika und besticht durch seine bergige, grüne Landschaft, die überwiegend mit angepflanzten Bäumen zur Holzverarbeitung dominiert wird.
Wir verbrachten den Abend in einem National Park, in dem die heimischen Buntböcke einem dermaßen auf die Pelle rückten, um ein Stück von unserer Ananas abzubekommen, dass wir zeitweise bis zu 20 Tiere in unserem Camp stehen hatten. Aber ein Husten genügte, um die Herde in helle Panik zu versetzen und man hatte wieder mal für 10 Minuten seine Ruhe.
Wir verließen Swasiland wieder, und ich beschreibe nicht, wie wir die legänderen afrikanischen Aus- und Einreisen erlebt haben. Ich verspreche hiermit zu den Grenzübertritten einen eigenen Beitrag zu verfassen, denn das ist eine Geschichte für sich.
Wir machten uns auf zu unserer letzten Station in Südafrika, dem wohl bekanntesten Wahrzeichen neben dem Krüger National Park.
Der Blydriver Canyon erwartete uns mit Hitze, Sonne und wolkenlosem Himmel. Doch der Weg dort hin war wiedermal ein Erlebnis.
Fast Minütlich wechselte die Szenerie von wüstenähnlichen, ariden Flächen über bewaldete Gebiete, die schwer an den heimischen Schwarzwald erinnerten bis hin zu gebirgigen Strecken, den Alpenstraßen in Österreich nicht unähnlich.
Auf halben Weg liegt das Örtchen Dullstroom. Durch ein Werbeschild aufmerksam gemacht fuhren wir die Udderlicious Milkshake Bar an.
Über 40 verschiedene Sorten lachten uns von der Speisekarte an und wir waren sofort geflasht von der Idee einer Bar nur für Milchskakes.
Wir hatten viel Spaß mit der super netten Besitzerin und waren natürlich bereit, für ihre Facebook-Foto-Galerie zu posieren, denn Besuch von so weit entfernt, war ihr noch nie in ihrem kleinen Lädchen (https://www.facebook.com/udderliciousmilkshakebar/).
Wir verzierten unsere Dachbox noch mit einem Udderlicious Sticker und machten uns mit unseren unbeschreiblich leckeren Shakes wieder auf den Weg zum Canyon.
Doch keine 20 km später blieb uns unser Shake fast im Hals stecken, als wir auf den bisher schlimmsten Verkehrsunfall unserer Reise stießen.
Wir sahen eine Rauchfahne schon von der gegenüberliegenden Bergseite aufsteigen. Eigentlich war dies nicht besonderes, denn aufgrund der Dürre, die schon seit Monaten mehr oder weniger ausgeprägt in Südafrika herrscht, waren wir es mittlerweile (leider) gewohnt, dass es irgendwo brannte. Riesige Flächenbrände und ihre Rauchschwarten begleiteten uns bereits seit geraumer Zeit auf unserem Weg.
Doch als wir das Tal durchquert und auf der anderen Seite den Hang hinauffuhren, erwartete uns hinter einer Kurve das blanke Grauen.
Ein LKW mit Kies beladen war augenscheinlich auf der Passabfahrt in eben jener Kurve außer Kontrolle geraten und hatte einen entgegenkommenden Timbertruck (Laster mit 2 Anhängern voll mit Baumstämmen) gestreift, sich dabei auf die Seite gelegt und war in Flammen aufgegangen. Wir erreichten die Unfallstelle, da waren nur noch verkohlte Reste des ausgebrannten Wracks übrig.
Wir können nur spekulieren was passiert ist, aber der Fahrer saß blutüberströmt am Straßenrand und wurde von Passanten versorgt.
Daneben war ein Körper, der in vollkommen unnatürlicher Stellung auf der Straße lag und an dem wir keine 2 Meter entfernt im Schritttempo vorbeifuhren. Die Lache aus Blut, die über die Fahrbahn auf unsere Seite der Straße lief ließ leider kaum Spielraum für Hoffnung, dass der Mann noch leben könnte.
Was dass ganze so grauenvoll machte, war die Tatsache das weder Polizei noch Rettungskräfte vor Ort waren, sondern lediglich drei andere private Autos angehalten hatten und den Verkehr regelten und die Verletzten versorgte. Aber es hatte keiner daran gedacht, den Körper abzudecken…
Schweigend fuhren wir weiter.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ein solcher Unfall genauso gut auch in Deutschland hätte passieren können, die afrikanischen LKW-Fahrer sind unserer Meinung nach absolut defensive, vorausschauende und mitdenkende Fahrer, die im Normalfall keinerlei Risiken eingehen und eher Bremsen als es drauf ankommen zu lassen.
Der Unterschied war einfach, dass keine offiziellen Kräfte vor Ort waren, was bei uns daheim absolut undenkbar wäre.
Wir erreichten den Campsite, der für die nächsten Nächte unser Zuhause sein sollte und von dem aus wir den Canyon anfahren wollten.
Dass er freies WIFI und einen Infinity-Pool hatte machte die Sache nur angenehmer!
Den ersten Tag verbrachten wir im Auto und fuhren die einzelnen Hotspots des Canyon an, unter anderem die Three Rondavals und God’s Window. wir konnten die beeindruckenden Felsformationen von den Klippen herab bestaunen, die vor einem über hundert Meter in die Tiefe abfielen und im Blyde River enden.
Wir waren uns die ganze Zeit nicht sicher, ob wir den Abstecher zum Blyde River noch wagen sollten. Es waren immerhin 500 Kilometer Umweg auf unserem Weg nach Norden. Da aber alle so sehr schwärmten, entschieden wir uns, dass wir noch dort hin fahren wollten. Und wir wurden nicht enttäuscht. Nicht nur der Blyde River ist wunderschön sondern auch die gesamte Umgebung. Das Grün der hohen tiefgrünen (überwiegend Gummi-) Bäume die auf roter Erde stehen geben einem das Gefühl, dass man sich hier ganz im Norden von Südafrika bereits in den Tropen befindet.
Am nächsten Tag machten wir eine Riverboat Tour und erlebten das Gleiche nochmal vom Fluss aus, meiner Meinung nach noch beeindruckenden, wenn man von unten auf die riesigen Fels blickt, die um einen herum aufragen. Als wir von der Tour zurück ans Auto kamen, wurde ich von Deutschen aus unserem Boot und ihren bescheuerten Fragen fast dazu genötigt, den kleinen Beitrag über den Umgang mit einem Overlander zu verfassen.
Wiedermal leicht säuerlich machten wir uns auf zu unserer letzten Übernachtung, 5 km vor der Grenze nach Botswana.
Nach fast drei Monaten in Südafrika hat dieses Land für uns nichts an Schönheit und Faszination verloren. Wir hatten zu Beginn unseres Besuchs etwas Angst, dass wir nach unserem letzten Urlaub 2011 enttäuscht sein würden aber dem war nicht so. Immer wieder gab es Neues zu entdecken. Wir hätten nie gedacht, dass man sich so lange in einem Land aufhalten kann, ohne sich satt zu sehen.
Natürlich freuen wir uns nun auf etwas anderes, aber es war bestimmt nicht das letzte Mal, dass wir in Südafrika waren.