Mit Ach und Krach erreichten wir den Fuß des Plateaus, zwei Beinahe-Kollisionen inbegriffen.
Der Regen hatte aufgehört, die Wolken, die im Hang der Berge saßen und durch die wir uns durch gekämpft hatten, nur noch im Rückspiegel zu sehen.
Wir suchten uns einen Camping direkt am See und begannen sofort nach dem Aufbauen, unsere Sachen aufzuhängen und zu trocknen.
Über dem See sahen wir dunkle Wolken und nahmen an, dass es sich um Abgase von Schiffen handelte. Was wir später erst erfuhren war, das die vermeintlichen Wolken gigantische Schwärme von Büschelmücken waren, die bei den günstigen Bedingungen die gerade über dem See herrschten alle auf einmal zu schlüpfen begannen.
Mit dieser Tatsache im Ohr machten wir uns am nächsten Tag auf den Weg zur Grenze, noch unwissend dessen, was uns erwarten sollte…
Wir erreichten die Grenze am frühen Vormittag. Es war schwül und regnerisch, wir schwitzen schon bei der Ankunft aus allen Poren. Die Ausreise aus Malawi war schnell erledigt, auch wenn wir zwei Blätter unseres Carnets opfern mussten, da der malawische Zoll seine Stempel falsch platziert hatte. Aber egal, man kann ja über alles reden und nachdem mir der Stempel in die Hand gedrückt wurde und ich dem Zöllner gezeigt hatte, wo er unterschreiben sollte waren die Formalitäten vom Tisch und wir offiziell ausgereist. Ein wenig komplizierter erwies sich die Einreise in Tansania, die wir mehr als drei Stunden über uns ergehen lassen mussten.
Und selbst nach dieser abstrus langen Zeit schafften es die Grenzbeamten, noch einen Fehler in den Papieren einzubauen, der uns zwang, in der nächsten Großstadt das dortige Finanzamt anzufahren, aber das ist eine andere Geschichte, die ich vielleicht mal erzähle, wenn es meinen Puls bei dem Gedanken daran in unendliche Höhen schießen lässt.
Wie gesagt, nach über drei Stunden hatten wir es dann geschafft und fuhren, da es schon dunkel wurde, den ersten Camping hinter der Grenze an.
Da der Tag noch nicht schlimm genug war, offenbarte uns der Besitzer, dass es kein fließend Wasser gäbe, da er gerade dabei war, die Rohre zu erneuern und wir mit einem Eimer duschen müssten…
Der erste Eindruck von Tansania war jetzt eher semi-optimal und wurde auch nicht besser als wir am nächsten Tag prompt von einer Polizistin angehalten wurden die uns mitteilte, wir hätten überholt bei durchgezogener Linie… Kann natürlich sein, dass diese Linie irgendwann zwischen 1960 und 1990 existiert haben mag, als wir die Straße befuhren, sahen wir nichts außer Schlaglöcher. Aber nach ein wenig Diskussion durften wir wieder fahren, mit dem Hinweis doch bitte vorsichtig zu fahren und auf die Verkehrsregeln zu achten. Was allein schon fast lustiger ist als dafür bestraft zu werden, am Straßenrand anzuhalten… Ich liebe Afrika!
Wir machten uns weiter auf den Weg nach Moshi, wo wir uns mit unseren Freunden, der Familie Scherer, treffen wollten, die dort ein Hostel zusammen mit einem tansanischen Freund betreiben. Zwar leben die beiden mit ihrer Tochter in Deutschland, reisen aber so oft es geht nach Tansania um ihr Hostel zu besuchen und bei der Arbeit zur Hand zu gehen.
Weit kamen wir aber an diesem Tag nicht, denn schon wieder stand ein Polizist mit erhobener Hand auf der Straße. Speeding…
56 statt der erlaubten 50 Km/h seien wir unterwegs gewesen, was zu einer Strafe von 30000 Schilling (12 Euro) führen sollte. Wiedermal legten wir uns wie die Tiere ins Zeug, konnten aber die Strafe nicht abwenden. Als ich sagte, ich wolle aber bitte eine Quittung dafür haben, kniff der Beamte die Augen zusammen, drehte sich um und besprach sich kurz mit seinen Kollegen. Er kam zurück, sagte uns, wir sollten uns doch bitte an die Beschilderung halten und er wünsche uns noch eine angenehme Fahrt… Glück gehabt!
Ich muss aber dazu sagen, dass es kein Bestechungsversuch war, er hatte lediglich keinen Quittungsblock und konnte uns somit keinen Strafzettel ausstellen…
Dazu muss man kurz erklären wie in Tansania geblitzt wird: Meistens verstecken sich die blitzenden Personen am Ortseingang oder -ausgang hinter Büschen, Bäumen oder in Häusern mit ihrer Laserpistole. Diese ist an eine Spiegelreflexkamera montiert. Im nächsten Ort sieht man dann von weitem bereits eine der hunderten Polizeikontrollen. Wenn man auf den Beamten zufährt und dieser bei Sichtkontakt mit dem Auto die Hand zum Anhalten erhebt und in der anderen Hand ein Handy hält und hiervon immer wieder nach oben blickt um das Bild mit dem herannahenden Auto zu vergleichen weiß man, dass es einen erwischt hat. Nach dem Anhalten bekommt man dann das Foto auf dem Handy des Beamten gezeigt. Es zeigt ein Foto, abfotografiert von dem Bildschirm der Spiegelreflexkamera, mit seinem Auto und quer über das Bild ist mit roter Schrift die gefahrene Geschwindigkeit eingeblendet. Dieses wird dann per whatsapp an den Polisiten geschickt, der in der Regel nicht einmal weiß wo das Bild gemacht wurde. Sowas wäre in Deutschland undenkbar…
Wir kämpften uns über die blitzerverseuchten Straßen Richtung Norden vor, bis wir in den Bergen um Lushoto auf einem Camping landeten, der wiedermal ein Highlight an afrikanischem Surrealismus bot.
An der Tür zur Dusche hing ein Schild mit der Aufschrift „Hot Water – Turn on the red tab and the hot water will come after about 5 minutes or more“.
Also übersetzt: Den roten Hahn auf drehen und das heiße Wasser kommt nach 5 Minuten oder mehr…
Auf diesem Camping entdeckten wir dann auch, dass uns ein Stoßdämpfer an der Hinterachse abhanden gekommen war, bzw. an einer letzten Schraube auf die Straße hing…
Kein Grund zur Sorge, wir bauten ihn einfach aus, warfen ihn hinten ins Auto und fuhren ohne ihn die letzten 200 km nach Moshi, wo wir herzlich und überschwänglich von allen begrüßt wurden.
Nachdem wir unser Quartier bei Dodo, dem tansanischen Freund, bezogen hatten, wurden alle nötigen Reparaturen am Auto, darunter der Wechsel der Querlenker und des Öls vollzogen waren, genossen wir den Luxus eines festen Wohnsitzes. Wir schliefen zwar noch im Auto, aber alle anderen Tätigkeiten konnten wir seit einem halben Jahr mal mit einem festen Dach über dem Kopf genießen, was viele Dinge sehr vereinfacht hat. Dazu hatte Elisabeth die zweijährige Mila als Spielgefährten gewonnen!
Da in Moshi ein Büro des tansanischen Finanzamtes liegt, mussten wir einen Tag dort hin, um den an der Grenze entstandenen Fehler des Zöllners wieder auszubügeln. Wir hatten ein TIP (temporary import permit) für drei Monate verlangt und dieses auch bezahlt. Die Grenzbeamten hatten dieses TIP aber nur für vier Wochen ausgestellt und uns damit zur nächsten Behörde geschickt, um dieses zu verlängern.
Da waren wir jetzt und nachdem der Beamte aufgehört hatte, seiner Frau irgendwelche superlustigen Videos per Whatsapp zu schicken, nahm er sich auch unseres Problems an. Wir schilderten die Misere und verlangten die Verlängerung unseres Dokuments. Wäre ja kein Problem, seiner Meinung nach… Und wenn man das in Afrika als erstes hört, verkrampft sich einem schon der Magen.
Er begann also mit seiner Arbeit, fragte kurz zwischen, wie lange wir noch bleiben wollten und wann der offizielle Ausreisetermin sei und druckte nach ein bisschen Geplauder mit seinem Kollegen und einer erneuten Whatsapp-Bilder-sende-Orgie, zwei neue Dokumente aus. Er wolle dann das Geld für die zusätzlichen zwei Monate…
Auf unsere Aussage, wir hätten doch schon bezahlt, argumentierte er, sein PC sage ihm, das die bezahlte Summe nur für 4 Wochen sei. Wir rechneten es ihm vor, er verstand auch, wollte aber trotzdem das Geld von uns.
Nach zwanzig Minuten verzweifelter Argumentation unsererseits platzte mir der Kragen, ich stand auf, und sagte (vielleicht etwas zu laut…) ich wolle jetzt umgehend die Verlängerung unseres TIPs oder das Geld zurück, was wir an der Grenze ja anscheinend fälschlich bezahlt hätten. Meine Tochter spielte mir dazu auch etwas in die Hände, da sie genau in diesem Moment ihre Langeweile nicht mehr zügeln konnte und das dann auch lautstark kund tat.
Ich möge mich doch bitte beruhigen, sagte er, nahm unser Dokument, schrieb per Hand die Verlängerung drauf, Stempel und Unterschrift und wünschte uns einen schönen Tag. Außerdem entschuldigte er sich für unsere Unannehmlichkeiten… TIA
Die letzten drei Wochen verbrachten wir überwiegend mit chillen. Wir Männer machten noch eine zweitägige Offroad Tour in die Berge bevor es für 4 Tage nach Sansibar ging.
Endlich richtiger Urlaub! Darauf haben wir uns schon die ganze Zeit gefreut! Unser Auto ließen wir in Pangani stehen und zwei Speed-Boote brachten uns auf die Insel in ein Hotel der Superlative! Eine Klimaanlage in dem viel zu schwülen Land, ein riesiges Bett und ein richtiges Frühstücksbuffet! Wir genossen die Tage in vollsten Zügen und verbrachten den ganzen Tag abwechselnd am weißen Strand und im glasklaren Wasser. Es war wundervoll und auch die Kinder waren im Paradies und genossen jede Sekunde!
Leider waren die Tage viel zu schnell vorbei und es waren nur noch zwei Tage bis zum Heimflug. Jetzt schon Heimflug? Alles vorbei???
Nein, es geht weiter!!!
Nach Ende der drei gemeinsamen Wochen verabschiedeten wir uns nur vorerst von Afrika. Philip und Franzis Urlaub war vorbei und wir nutzten die Chance auf einen sicheren Stellplatz bei Dodo und flogen für einen ca. 6 wöchigen Heimaturlaub auch mit nach Deutschland.
Nach einem gemeinsamen letzten Abend, an dem Dodo extra seinen besten Koch einbestellte (Dodo hat eine Safari-Firma) ging es am nächsten Vormittag mit viel zu viel Gepäck zum Flughafen. Unser Auto wird die nächsten Wochen mit Blick auf den Kilimanjaro verbringen.
Da nur meine Schwester und Tante von unserem Heimatbesuch wussten, war die Überraschung bei den Eltern und der Familie und Freunden natürlich riesig und wir genießen die Zeit in der Heimat bisher mit allen Annehmlichkeiten, die man in Deutschland so hat (warmes Wasser, Strom, Supermarkt,…).
Außerdem planen wir unsere weitere Route und es bleibt spannend, was die nächste Zeit so bringt.