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Fahrt mit einem Chickenbus

Sie sind groß, sie sind laut, sie stinken. Man kann sie schon von weitem hören. Ihre Bremsen und die Jahrzehnte alten Blattfedern quietschen bei jedem Schlagloch und bei jedem Bremshügel.

Und wenn es nicht ihr Quietschen oder ihr permanentes Hupen ist, weiß man spätestens wenn der Beifahrer durch die durchgehend geöffnete Einstiegstür die Endhaltestellen durch die Straßen schreit, was da auf einen zugerollt kommt.

Es kann aber auch passieren, dass man nichts ahnend die Straße entlang läuft und urplötzlich in einer gewaltigen schwarzen Wolke steht…

Dann hat man unverhofft Bekanntschaft mit einem der legendären, lateinamerikanischen Chickenbusse gemacht.

In den meisten Ländern Zentralamerikas bilden sie einen Großteil des örtlichen Straßenbildes und sind das Rückgrat des städtischen Nahverkehrs. Bzw. auch Fernverkehres, denn es gibt kaum Orte, die diese Busse nicht anfahren und mit einander verbinden.

Ihr Name rührt von einem Gerücht her. Die Einen behaupten, dass ihr Name daher kommt, dass in ihnen alles transportiert wird, vom Huhn über jegliche Art von Tieren bis hin zu riesigen Getreidesäcken oder Fässern.

Die Anderen behaupten, der Name basiert auf der Tatsache, dass man in ihnen sitzt wie die Hühner auf der Stange, denn es gibt keine Maximalbegrenzung für ihre Insassen, es wird einfach reingestopft, wer rein passt.

Aber was ist ein Chickenbus überhaupt…

Wenn nach rund 120.000 Meilen ein amerikanischer Schulbus seinen Sold erfüllt hat und von der Regierung zur Versteigerung angeboten wird, rollte eine regelrechte Industrie an, die ihres Gleichen sucht.

Die Busse werden in den USA angekauft und nach Mittelamerika überführt. Und dort beginnt die Verwandlung in einen Chickenbus.

Im Normalfall ist einer oder mehrere dieser Busse im Besitz einer einzigen Familie, die beiden „Arbeitsplätze“ (ein Fahrer und ein Rufer) werden mit deren Mitgliedern besetzt und eine bestimmte Route angeboten.

Die Busse werden repariert, modifiziert, umlackiert und mit jedem erdenklichen Unsinn ausgerüstet, den man sich nur vorstellen kann.

Alles, was an dem Bus nicht knallbunt lackiert ist, glänzt in lupenreinem Chrom. Die gesamte Seite zieren die Namen der Frauen, Töchter oder Geliebten und bilden gleichzeitig den Namen des Busses. Die gelbe Originalfarbe ist gänzlich verschwunden, an ihrer Stelle leuchten rote, grüne, blaue oder neonfarbene Muster, die gesamte Karosserie ist mit LED-Leuchten gepflastert bis hin zur Bodenbeleuchtung. Im Dunkeln erinnern die Gefährte stark dem Coca-Cola-Truck aus der Weihnachtswerbung. Nur das man bald einen epileptischen Anfall bekommt wenn man einem solchen Bus nachts begegnet, weil alles glitzert, die Farbe wechselt oder blinkt.

Aber wenn man den Bus betritt, erwartet einen erst das wirkliche Highlight!

Egal ob Weihnachten oder nicht, die gesamte Frontscheibe ist mit Christbaumschmuck und Lichterkerzen behängt, der ehemalige Notausstieg am Heck der Busse ist ein Schrein für mexikanische Wrestler oder über und über mit Postern nackter Frauen beklebt. Eine gewaltige Anlage aus etlichen Boxen, die im gesamten Bus verteilt sind, beschallen einen mit lateinamerikanischer Volksmusik in einer derartigen Lautstärke, dass man meint, direkt an der Bühne bei einem Konzert zu stehen.

Wem das noch nicht reicht, der darf sich gerne in die erste Reihe setzen, da wird man auch noch zusätzlich von dem Endstationen-Rufer beschallt.

Man hat das Gefühl, dass diese Gefährte immer unter Zeitdruck gefahren werden, denn die Fahrer, die eigentlich immer nur eine Hand frei haben, da die andere permanent das Mobiltelefon am Ohr hält, rasen selbst durch die engsten Gassen in den kleinsten Dörfern mit einem Affenzahn, dass den alten Leuten am Straßenrand schon mal die Hüte wegfliegen, wenn die riesigen Geschosse an ihnen vorbeifliegen.

Auf den Überlandstraßen und Highways sind sie wie Kanonenkugeln, die auf eine Stadt abgeschossen werden. Jeder Bus versucht selbst die kleinste Lücke im Verkehr auszunutzen, um ja nicht langsamer werden zu müssen. Das gleiche gilt natürlich auch für den innerstädtischen Verkehr und wir hatten nicht nur einmal eine knallbunte Stoßstange auf Augenhöhe, die nur gefühlte Zentimeter vor uns zum Stehen kam und wir fast von den Dröhnen des Hornes weggeblasen wurden, dass uns aufforderte, doch bitte etwas schneller die Straße zu überqueren.

Wir hatten auf unserer Route des öfteren die Ehre, bzw. auch teilweise das Leid, einen solchen Bus benutzen zu dürfen, bzw. zu müssen.

Eine dieser Verbindungen war die Route von Panajachel am Lago de Atitlan zurück nach Antigua Guatemala über die weltberühmte Panamericana.

Außerdem war es unsere erste Reise mit einem solchen Bus.

Die Fahrt begann damit, dass uns lauthals schreiend das Endziel des Busses mitgeteilt wurde. Nachdem unser Gepäck auf dem Dach verstaut und gesichert (zumindest hofften wir das) wurde, stiegen wir ein und suchten uns einen Platz. Der Bus war fast leer, wir hatten eine Sitzbank für uns alleine. Niemand weiß, wie viele amerikanische Schulkinder schon vor uns auf dieser Bank saßen, aber wahrscheinlich wurde keines so zur Schule gefahren, wie wir bald nach Antigua.

Der Bus fuhr pünktlich los, und im Laufe seiner Fahrt durch die Stadt stiegen immer mehr Menschen hinzu. Dabei hielt der Bus niemals an, sondern machte immer nur langsamer und die Passagiere sprangen durch die geöffnete Tür. Dabei half ihnen der Rufer beim Einsteigen.

Lustig wurde es, als wir die Überlandstraße, also die Pan-Am erreichten. Da hatten wir dann das Gefühl, dass der Bus ein verstecktes Treibwerk dazu schalten würde, denn mit einem Mal ging ein Ruck durch das Gefährt und wir flogen quasi über den Highway. Ich sollte vielleicht erwähnen, dass es das ein oder andere Schlagloch gab, was aber bei fast 120 km/h und einer Federung von über 50 cm vernachlässigbar ist. Man merkte die Einschläge kaum. Eher war man mehr damit beschäftigt, sich panisch an den Haltegriffen festzuhalten, denn durch die Löcher im Bodenblech sah man einfach nur die Straße unter einem dahinrasen.

Ich habe noch niemals zuvor ein Fahrzeug dieser Größe erlebt, das so stabil auf der Straße liegt, insbesondere bei derartigen Geschwindigkeiten. Nichts desto trotz wurde man in den Kurven hin und her geworfen, die Fahrt über die Hügel fühlten sich an, als würden sich einem die Gedärme verknoten.

Wir hatten fast die gesamte Fahrt ein Grinsen im Gesicht, ob aus Todesangst oder des Gefühls wegen, in einer Achterbahn zu sitzen, wissen wir bis heute nicht.

Hinter uns saß ein kleines Mädchen mit ihrer Familie aus Kolumbien, ihr machte die Fahrt nicht ganz so viel Spaß, eine Plastiktüte war ihr ständiger Begleiter.

Dafür saß uns ein älterer Herr gegenüber, der ganz entspannt Zeitung las und vor ihm ein weiterer, der ein Nickerchen machte.

Und das trotz der fast ohrenbetäubenden mexikanischen Musik und des Fahrtwindes der durch die am gesamten Bus geöffneten Fenster blies.

Es war ein Erlebnis, das seines Gleichen sucht und wer gerne in Freizeitparks Achterbahnen fährt, der sollte mal diese Busverbindung in Guatemala ausprobieren. Da hat man ein solches Gefühl ganze zwei Stunden lang!

Durchgeschüttelt, fast taub, mit schmerzendem Gesäß und erschöpft vom Festhalten aber freudestrahlend erreichten wir den Busbahnhof von Antigua Guatemala. Mit noch immer zitternden Knien (vor Anspannung beim Festhalten) nahmen wir unser Gepäck entgegen und machten uns auf unseren Weg zum Hotel.

Auf noch keiner unseren Reisen haben wir jemals erlebt, dass man die Zeit, die Google Maps berechnet auch nur um eine Minute unterbieten kann.

Dieser Chickenbus schaffte es, die errechnete Zeit sogar um 15 Minuten zu schlagen, und das bei 2,5 Stunden Fahrt…

Wir werden noch viele Chickenbusse auf unserer Route erleben, aber keine Fahrt wird sein wie diese erste. Ein Abenteuer das wir nie vergessen werden!

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Guatemala 4

Panajachel

Um von Antigua nach Panajachel am Lake Atitlàn zu kommen, führt die Straße, wieder die Pan-Am, durch eine bergige von Vulkanen gebildete Landschaft, die Pässe mit teilweise bis zu 3000 Metern Höhe besitzt.

Ein stetiges Auf und Ab bekommt nicht jedem, und ich sah den ein oder anderen unserer Mitfahrer mit einem leichten Grünschimmer um die Nase.

Dafür entschädigte der Ausblick vom letzten der Bergkämme. Man hatte einen sagenhaften Ausblick über den tiefblauen See und die riesigen Vulkane im Hintergrund. Alles umringt von dichtem Dschungel und durchzogen von winzigen Dörfern.

Die Straße führte steil zum See hinab, das Dorf Panajachel, ein reiner Tourismusort, liegt direkt an seinem Ufer und bildet den Ausgangspunkt für alle Aktivitäten im Umland. Ob Paragliding, Jet-Ski, Hiking auf den umliegenden Vulkanen oder Zipline-Touren, alles konnte man von hier aus buchen. Jedes Gebäude, das keine Trip-Agentur enthält, ist mit einem Souvenirladen besetzt, oder einen Restaurant.

Wir machten uns auf den Weg zu unserer Unterkunft, doch selbst Google-Maps gab irgendwann auf. Wir fragten ein paar Passanten auf der Straße, alles ohne Ergebnis. Bis wir eine nette einheimische Dame trafen, die uns begleitete und uns mit ihren Spanischkenntnissen zur Seite stand, bis wir endlich das Backpacker-Hostel gefunden hatten. Und uns schwante übles, als wir die Auffahrt und den Garten betraten.

Wir hatten wohl richtig gehandelt, als wir uns in Flores entschieden, nie wieder mehr als zwei Nächte auf einmal zu buchen. Zur Not könnte man immer noch verlängern.

Wie dem auch sei, unser Gefühl täuschte uns nicht, das Zimmer war kaum größer als die Betten, die darin standen und das Bad… naja, man muss ja nicht jeden Tag duschen…

Das Beste an der Dusche war, dass der Sicherungskasten des Elektroduschkopfes genau auf unserer Augenhöhe hing. Wenn man also etwas ausladender mit dem Wasserstrahl umging, bestand die Chance, als Schmorbraten zu enden…

Als wir nach dem Auspacken und die Stadt gingen, verhärtete sich unser erstere Eindruck noch. Jeder, aber wirklich jeder in der Stadt quatscht einen an und will einem was verkaufen. Egal ob Souvenir, Touren oder Gras, man hat nicht einmal fünf Minuten seine Ruhe. Sogar in den Restaurants ist man nicht sicher, denn selbst beim Essen stehen die Kinder mit einem Korb voll Feuerzeugen, Kühlschrankmagneten oder Kulis neben dem Tisch und lassen sich auch nicht abwimmeln…

Etwas enttäuscht gingen wir zurück in Hostel und hofften auf den nächsten Tag, der hoffentlich besser werden würde.

Zuerst machte es auch den Anschein als ob das zutreffen würde, denn es war ein atemberaubend schöner Tag vor einer atemberaubend schönen Kulisse.

Doch sobald man einen Fuß vor die Tür setzt, sind sofort die Kinder da, die einem wieder irgendwelchen Mist andrehen wollen.

Die Entscheidung, am nächsten Morgen zu fahren, fiel uns nicht sonderlich schwer.

In Guatemala und ein paar anderen zentralamerikanischen Ländern ist das öffentliche Transportmittel der Wahl der Chicken Bus. Das sind alte US-amerikanische Schulbusse, die hier zu Überlandbussen umfunktioniert werden. Das besondere daran ist, dass jeder Chicken Bus einzigartig bemalt und modifiziert worden ist. Näheres dazu aber in einem anderen Bericht, denn das würde diesen hier sprengen.

Ein Wort trotzdem dazu. Es soll ein Abenteuer sein, diese Fortbewegungsmittel zu nehmen.

Wir erkundigten uns über die Fahrpläne und Haltestellen dieser Busse, was gar nicht so leicht ist, denn die Busse halten an Stellen, die weder gekennzeichnet noch in irgendeinem Plan vermerkt sind.

Somit fragten wir uns so lange durch, bis wir endlich wussten wo und wann unser Bus am nächsten Tag fahren würde. Zur endgültigen Sicherheit warteten wir noch an der Haltestelle auf diesen Bus und fragten den Fahrer auch nochmal. Auch er bestätigte die Aussagen, somit war unser Rückweg gesichert.

Da wir unser Hostel so abstoßend fanden, dass wir uns dort so wenig wie möglich aufhalten wollten, entschlossen wir uns kurzerhand, eine kleine Bootsfahrt zu unternehmen und zu einer der Städte auf der anderen Seite des Atitlàn Sees zu fahren.

Bis wir am Fähranleger angekommen waren, mussten wir uns wieder dem Dauerfeuer der Straßenverkäufer, Bettler und Händler aussetzen, was den Launepegel mit jedem Meter sinken ließ.

Als wir dann am Hafen angekommen waren, wurden wir auch noch von den Kapitänen der privaten Boote penetriert, was mich irgendwann zum Ausflippen brachten. Nach einem kurzen Wutanfall hatten wir dann auch mal 10 Minuten unsere Ruhe.

Es gibt zwei Möglichkeiten, den See zu überqueren. Mit einen privaten Boot, das dann nur für einen selbst da ist und fährt wann man will.

Oder ein Colectivo, dass zwar einen vorgegebenen Zeitplan hat, aber erst dann fährt, wenn es voll besetzt ist.

Der Unterschied ist natürlich der Preis.

Wir entschieden uns für ein Colectivo und warteten mit ein paar anderen Fahrgästen auf die Abfahrt.

Nach einer halben Stunde wurden wir unruhig, die anderen erzählten uns, dass sie auch bereits vor unserer Ankunft 20 Minuten im Boot gesessen hatten und es jetzt langsam mal los gehen könnte. Zum Glück sprach eine Mitfahrerin spanisch und diskutierte mit dem Kapitän herum, der sich aber durch ihre Argumente kaum aus der Ruhe bringen ließ. Sie solle doch ein privates Schiff nehmen, dann könne sie fahren wann sie wolle.

Nach weiteren 10 Minuten erhob ich mich von meinem Platz, ging an Land, meine Tochter auf dem Arm und sagte dem wartendem Mann, ich möge doch bitte mein Geld wieder haben, das ich beim Besteigen des Bootes gezahlt hatte. Ich hätte keine Lust mehr zu fahren. Er antwortete, dass das nicht möglich sei… Böser Schnitzer!

Nachdem die Unterhaltung ein wenig an Lautstärke zugenommen hatte und Worte wie Polizei oder Betrug gefallen waren, ging es auf einmal ganz schnell mit dem Ablegen und keine zwei Minuten später waren wir unterwegs.

Die Laune stieg wieder, als wir die Szenerie genossen die sich vor uns auftat. Zwei gigantische Vulkane erhoben sich am Ufer des dunkelblauen Sees, die Hänge mit etlichen kleiner Dörfer gespickt und undurchdringlichem Urwald, der diese umgab.

Mit diesem Blick pflügten wir eine gute halbe Stunde durch die Wellen (es war echt windig!), bis wir San Pedro erreichten, das an der gegenüberliegenden Seite des Sees lag. Ja, genau, wieder ein San Pedro. Davon gibt es in Lateinamerika ungefähr 2000 Stück…

Wie dem auch sei, etwas wacklig bestiegen wir das Pier und verließen den Hafen. Dank der kleinen Verzögerung in Panajachel hatten wir jetzt nur noch knapp 40 Minuten in der Stadt, sonst würden wir nicht wieder zurück kommen, da keine Boote mehr fahren würden.

Also machten wir einen kleinen Rundgang durch die Stadt, holten uns ein Eis und gingen wieder zurück zum Hafen.

Und dort passierte mir doch tatsächlich das Dümmste, das mir auf all unseren Reisen passiert ist…

Wir saßen am Hafen und gegenüber verkaufte eine Frau Bananenbrot. Zwei Stück für 25 Quetzal, also 3 Euro knapp…

Klang gut, sie legte sogar noch einen drauf. Und redete ununterbrochen auf spanisch auf mich ein. Es sei eines mit Banane, eines mit Schoko und eines mit Banane und Kokos… und noch tausend anderer Sachen. Neben ihr ein Typ, der alles synchronübersetzte, was die Sache noch verwirrender machte. Ich fragte also nach, was die drei Brote kosten sollten, sie sagte 40 Q.

Okay, passt. 3 für 40… Ich gab ihr das Geld und ging zurück zu Sarah und Elisabeth. In diesem Moment sagte uns der Kapitän, der übrigens der Übersetzter war, wir sollten aufs Boot gehen, wir würden gleich fahren.

Als wir saßen sagte Sarah auf einmal, dass sie mich beschissen hätten. 2 für 25 und 3 für 40… Verdammt…

Ich stand also auf, verließ das Boot und ging zurück zu der Frau… die natürlich weg war…

Zähneknirschend setzte ich mich wieder auf meinen Platz, natürlich hätte es schlimmer kommen können als um 60 Eurocent betrogen zu werden, aber ich ärgerte mich schon. Normal bin ich in solchen Sachen ein Fuchs und rieche solche Braten von Weitem, aber dieses Mal war ich wirklich blind… Naja, noch ein Nagel mehr in den Sarg von Panajachel, hier würden mich keine 10 Pferde mehr hin bekommen. Trotz der grandiosen Landschaft.

Am nächsten Morgen checkte wir früh aus, gingen noch entspannt frühstücken in einem Kaffee und machten uns dann auf den Weg zu unserem Bus. Der war wirklich zur korrekten Uhrzeit an besagter Stelle und wartete auf Mitfahrer.

Unser Gepäck wurde auf dem Dach verstaut und wir nahmen auf einer Sitzreihe Platz.

Ich möchte mir nicht selbst vorweg greifen, aber die Fahrt war… sagen wir… den Erzählungen entsprechend.

Zum letzten Mal Antigua Guatemala

Aber nach zweieinhalb Stunden Fahrt wiedermal auf dem berühmten Pan-America-Highway erreichten wir Antigua, das nach den Erfahrungen der letzten zwei Nächte noch schöner war!

Wir hatten wieder im selben Hotel wie dass letzte Mal gebucht und als wir dort ankamen, wurden wir wieder freudestrahlend gegrüßt.

Lustigerweise erkannte uns bei unserem Aufenthalt auch die halbe Stadt wieder, was wahrscheinlich zum Großteil unserer Tochter geschuldet ist.

Wir verbrachten drei entspannte Tag in Antigua, in dem wieder an jedem Abend ein anderes Fest statt fand.

Es war also immer was geboten.

Tagsüber verbrachten wir Stunden im Park, in dem uns auffiel, wie Taubenfreundlich die Zentralamerikaner so sind. In Mexiko begann es und hier wurde es in Perfektion ausgeübt. In jedem Park und sei er noch so klein wird tonnenweise Taubenfutter verkauft. Und das Beste, die Leute kauften das Zeug wie blöd und überschütteten die ohnehin schon fetten Viecher mit immer neuen Ladungen an Futter. Manche Tauben waren so dick, dass sie kaum noch in die Luft kamen, wenn Elisabeth in vollem Lauf auf sie zugerannt kam. Eine erwischte ich sogar mit dem Buggy…

So vergingen die Tage in unserer Lieblingsstadt, nur unterbrochen von einem kleinen Highlight, das ich mir antat.

Ich machte einen Trip auf einen der umliegenden aktiven Vulkane. Ich sage deswegen antun, weil ich wie schon erwähnt nicht der größte Wanderer bin.

Aber es hatte sich gelohnt, nach dem relativ harten Aufstieg (oder er kam mir nur so hart vor) hatte man einen atemberaubenden Blick auf den schwarzen Berg, aus dem unablässig grauer Rauch waberte. In unregelmäßigen Abständen war ein Grummeln aus Richtung des Kraters zu hören und schwarze, rauchende Gesteinsbrocken rollten die steilen Hänge herab.

Ein wirklich beeindruckender Abschluss, am nächsten Tag würden wir nach Guatemala-City fahren, von dem aus wir nach Costa Rica fliegen würden.

Der Abschied von unseren beiden Hotelchefinnen war wirklich traurig, denn die Beiden hatten Elisabeth tief in ihr Herz geschlossen. Jedes Mal wenn wir „zuhause“ waren, sahen wir unsere Tochter kaum, sie war grundsätzlich bei den Zweien und hielt diese auf Trab. Und die beiden genossen die Zeit mit ihr und die drei spielten zusammen im Hof des Hotels.

Unser Flug ging am nächsten Morgen um 8 Uhr.

Als uns das Shuttle am Vorabend mit fast eineinhalb Stunden Verspätung abholte, waren wir insgeheim froh, nicht früh am nächsten Morgen gefahren zu sein, sonder die sicherere Variante gewählt zu haben und eine Nacht in Guatemala-City zu verbringen. Von dort aus hätten wir fünf Minuten zum internationalen Flughafen und würden auf jeden Fall unseren Flug kriegen.

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Guatemala 3

Eine weitere Horrorfahrt

Am nächsten Tag saßen wir auf der Treppe vor unserem Hotel und warteten auf unseren Bus, der uns abholen und nach Antigua Guatemala bringen sollte. Eigentlich hätte der Bus uns um 10:30 Uhr abholen sollen. Mittlerweile war es 11:15 Uhr und er war noch immer nicht da. Ich schrieb Manuel, unserem Telefon-Joker, der sich prompt um die Sache kümmerte und den Fahrer anschrieb. Fünf Minuten später stand der Bus vor der Tür. Es war ein Toyota Coaster, ein 20-Sitzer, wenn man die Notsitze dazu rechnet, die an einer Sitzreihe befestigt in dem Mittelgang geklappt werden können.

Wir stiegen ein und freuten uns schon insgeheim, denn wir waren die einzigen Fahrgäste. Das würde ja eine angenehme 5-Stunden-Fahrt werden. Auf Nachfrage beim Fahrer wurden wir aber aufgeklärt. Er würde jetzt noch zwei Gäste abholen und dann fahren…

Gott steh mir bei, das wird eine überragende Fahrt!

Wir holten die zwei anderen Gäste von ihrem Hotel ab und die Fahrt begann. Anfangs wunderte es uns ein wenig, wo der Busfahrer denn hin wollte, denn er fuhr kreuz und quer durch die Stadt, anstatt hinaus. Aber egal, nur vier Mann im einem riesigen Bus! Genial!

Wir hielten an einer Tankstelle. Was hier übrigens hier übrigens auch ganz normal ist, ist dass man erst tankt, wenn die Gäste schon im Bus sitzen.

Der Fahrer zeigte auf einen weiteren Coaster, der vor uns stand, und bei dem gerade der Dachgepäckträger mit Gepäck der Reisenden beladen wurde: „Das ist Ihr Bus nach Antigua!“ Es war ein riesiger Berg Gepäck auf dem Dach des ohnehin schon hohen Busses und ein Haufen Leute stand vor der offenen Tür.

Uns traf fast der Schlag…

Unsere Rucksäcke nebst Buggy wurden dem Fahrer gereicht, der alles mit Planen und Spanngurten festzurrte.

Als er fertig war, kletterte er von seinem Bus und wies uns an einzusteigen.

Wenn ich sage der Bus war voll, dann ist das maßlos untertrieben. Alle Notsitze waren belegt, es war noch einer frei und der wurde mit Sarah und Elisabeth besetzt. Ich stand…

Bis der Fahrer einen weiteren Notsitz über dem Getriebetunnel ausklappte und mich einladend auf diesen Platz verwies.

Fünf Stunden auf einem Notsitzt… Oh Mann…

Nach knapp drei Stunden machten wir eine Pause. Gott sei dank, denn mir wäre fast der Hintern in Flammen aufgegangen. Das Getriebe kam bei der lustigen Berg- und Talfahrt so richtig auf Temperatur! Mir tat alles weh, Sarah konnte nicht mehr sitzen, weil der Notsitz nur eine halbe Lehne besaß, nur Elisabeth ging es gut, denn sie schlief fast die ganze Fahrt bis zum Stopp durch.

Als wir durch Guatemala-City fuhren, besser gesagt standen, denn es war Rushhour und nichts ging mehr, erkannten wir, dass das wohl keine Fünf-Stunden-Fahrt werden würde.

Der Vorteil meines Sitzes war, dass ich eigentlich schon fast dem Fahrer auf dem Armaturenbrett saß und somit genauso viel sehen konnte wie er. Innerhalb der letzten Stunden wurden wir auch richtig gute Kumpels und lachten uns über total überladene Pick-Ups, lebensmüde Fahrradfahrer und tollkühne Süßigkeitenverkäufer kaputt, die uns so auf Guatemalas Straßen begegneten.

In Guatelama-Stadt verließen unseren Bus ein paar Leute, was den eigentlichen Beifahrersitz frei werden ließ. Sarah und die Kleine rückten vor und somit gehörte das Cockpit der Familie Hösel und dem Fahrer. Auf dem weltberühmten Pan-America-Highway ging es im Schritttempo weiter Richtung Antigua.

Die schönste Stadt Mittelamerikas

Wir brauchten von Guatemala-City nach Antigua auf Grund des Verkehres noch fast drei weitere Stunden und erreichten die Stadt bereits nach Sonnenuntergang.

Aber im schwindenden Abendlicht konnte man noch die drei riesigen Vulkane erkennen, die die Stadt umgeben. Der Fuego, einer der Vulkane, machte seinem Namen alle Ehre und begrüßte uns mit dunkeln Rauchschwaden aus seinem Krater.

Nach der Ankunft wurde das Gepäck vom Dach gehievt und wir machten uns auf in unsere Unterkunft, ein kleines Hotel mit Gemeinschaftsbad und nur fünf Zimmern.

Auch hier wurden wir herzlich aufgenommen und nachdem wir ausgepackt hatten, drehten wir noch eine kleine Runde durch die Stadt.

In dieser Nacht schliefen wir wie die Babys!

Am nächsten morgen nach dem Frühstück wollten wir uns die Stadt genau ansehen und machten uns auf den Weg. Doch wir waren gerade die Tür raus, als wir schon mit offenem Mund stehen blieben. Vor uns ragten die grünen Hänge des höchsten der drei Vulkane auf, dem Volcàn de Agua. Völlig wolkenfrei stand der 3760-Meter-Riese vor uns!

Nachdem wir uns von dem schönen Anblick losreißen konnten, erkundeten wir die Stadt und waren total begeistert. Die Stadt, einst Hauptstadt der spanischen Kolonialherrscher, ist wunderschön! Die Straßen bestehen ausschließlich aus Wackersteinen, alle Gebäude sind aus der Kolonialzeit und wunderschön restauriert, überall sind Parks, kleine Bars und Lokale. Es war einfach herrlich, an diesem wunderschönen, sonnigen Tag durch diese einmalige Stadt zu laufen, wir hatten uns sofort verleibt! Was wir am besten fanden, war, dass alle großen Fast-Food-Ketten wie Mc Donalds oder Burger King vertreten waren, ihre Lokale aber ebenfalls in den alten Kolonialbauten hatten, was bedeutete, dass kleine Holzschilder auf das Restaurant verwies und keine riesige Leuchtreklame! Absolut cool!

Wir genossen jede Sekunde in der Stadt, einfach mit nichts tun oder durch die Parks schlendern. In den drei Tagen, in denen wir dort waren, fanden mehrere Straßenfeste und Veranstaltungen statt, es wurde also niemals langweilig. Wir verlängerten sogar wieder um eine Nacht, um noch mehr dieser wunderbaren kleinen Stadt in uns aufnehmen zu können.

Doch leider mussten wir weiter, es hatte sich nämlich eine kleine Änderung in unserem Zeitplan ergeben. Wir würden sieben Tage später von Guatemala-City aus direkt nach Costa Rica fliegen, an Stelle von Honduras, das wir ursprünglich mit dem Bus durchfahren wollten. Wir mussten umdisponieren, denn in Honduras wären wir genau über die Weihnachtsfeiertage auf den Inseln Roatàn oder Utila gewesen, was unserer Budget gesprengt hätte. Wenn wir die Inseln erst nach Weihnachten angefahren hätten, hätten wir zuviel Zeit verloren. Zeit, die wir unnötig in einem doch relativ unsicherem Land verbracht hätten, deshalb haben wir uns entschieden, direkt nach Costa Rica zu fliegen und die Inseln ein anderes Mal zu besuchen.

Unser letztes Ziel in Guatemala sollte der Atitlan See werden, von dem jeder, den wir trafen nur geschwärmt hat.

Wir buchten uns zwei Nächte in einem Backpacker-Hostel ein, mit der Option auf Verlängerung. Sollte es uns nicht gefallen, würden wir die letzten Tage bis zum Flug erneut in Antigua verbringen.

Wir kontaktierten also Manuel, der uns einen Shuttle für den nächsten Tag klar machte. Wir würden wieder vom Hotel abgeholt werden, 12:30 Uhr sollte es losgehen.

Überpünktlich wurden wir abgeholt und wir fragten dieses Mal wohlweislich vorher nach, ob das auch das endgültige Fahrzeug sei. Der Fahrer bejahte, allerdings sei er ausgebucht, was bei einem Toyota Hiace 15 Fahrgäste bedeuten würde. Also wieder eine kuschelige Fahrt…

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Guatemala 2

Schwitzen und Planschen im Dschungel von Guatemala

Da Cobàn das Tor zum guatemaltekischen Hochland ist, schraubte sich die Straße kontinuierlich immer höher, im Gegenzug dazu fiel die Temperatur stetig. Als wir die Stadt erreichten, die im Grunde auch genau so im mittleren Westen der USA hätte stehen können, zeigte das Thermometer gerade mal noch 25 Grad an, kein Vergleich zu den 35 Grad, die es hatte, als wir in Flores gestartet sind.

Cobàn ist weit davon entfernt, eine schöne Stadt zu sein. Was sie allerdings ist, sie ist funktional. Es gibt Malls, Einkaufszentren, sämtliche westlichen Schnellrestaurants und alles, was man sonst so braucht. Außerdem ist sie Ausgangspunkt für alle Touren ins Umland.

Wir hatten ein Hotel, kaum fünf Minuten entfernt vom Stadtzentrum und den Shuttlestationen (die sich hier auf dem Mc Donald`s Parkplatz befindet). Hier würde uns am darauffolgenden Tag das Shuttle wieder einsammeln und weiter nach Lanquin bringen.

Die Besitzerin unseres Hotels war der Inbegriff einer Hausmama, die Güte in Person. Wir waren noch nicht durch die Tür, da bekamen wir ein Glas Wasser in die Hand gedrückt, als wir abgeladen und ausgepackt hatten, stand eine dampfende Suppe auf dem Esstisch und wir wurden geradezu gezwungen, etwas zu essen. Es war überragend lecker!

Wir wollten in die Mall, ein paar neue Schuhe für Elisabeth besorgen. Kaum der Rede wert, dass wir den Weg natürlich nicht zu Fuß antreten durften (wie gesagt: fünf Minuten), wir wurden mit dem Auto auf dem Mall-Parkplatz abgesetzt.

Was aber das Beste an der Sache war, die Verständigung verlief ausschließlich über den Google-Translator, da unsere Spanischkenntnisse minimal waren und keiner im Hotel ein Wort Englisch sprach. Aber trotzdem funktionierte alles! Wo ein Wille…

Als wir am nächsten Tag zum Shuttle aufbrechen wollten, mussten wir uns schon fast mit Händen und Füßen dagegen wehren, zum Shuttle-Terminal gefahren zu werden. Wir verabschiedeten uns und machten gleich eine neue Buchung aus, für den Tag, an dem wir aus Lanquin zurück kommen würden.

Wiedermal trat Manuel aus Flores auf den Plan, der uns kurzerhand zwei Plätze im nächsten Shuttle reservierte, das uns zu einem der Größten Naturwunder Guatemalas bringen würde. Semuc Champey

Aufgrund eines kleinen Planungsfehlers von Seiten Manuels hatten wir ein wenig mehr Zeit als erwartet.

Uns wurde am Tag zuvor gesagt, wir sollten um halb 11 am Mc Donald`s Parkplatz sein, wir würden abgeholt werden.

Da niemand kam, riefen wir Manuel an, der sich überschwänglich entschuldigte, es sei ein Kommunikationsfehler gewesen. Der Shuttle würde erst um 14:00 Uhr ankommen. Nachdem auch nochmal seine Partnerin angerufen hatte und sich für die Unannehmlichkeiten entschuldigte, nutzten wir unsere Zeit und genossen noch einmal die Vorzüge der Mall.

Als dann der Shuttle endlich kam, offenbarte uns der Fahrer die nächste Hiobsbotschaft. Es täte ihm leid, aber er käme an diesem Tag bereits aus Flores, war schon sechs Stunden unterwegs und würde jetzt erst einmal Pause machen. Wir würden dann um 14:30 Uhr weiterfahren.

Na dann eben nochmal eine Stunde warten…

Wir hatten ja nichts mehr vor…

Irgendwann ging es aber auch los. Um kurz nach drei…

Wir saßen zwei Stunden im Shuttle nach Lanquin, von dort begann der lustige Teil des Trips!

Das Hostel lag weit oben in den Bergen und es gibt keine asphaltierten Straßen dorthin. Ab Lanquin würden wir auf der Ladefläche eines Pick-Ups das letzte Stück des Weges gebracht werden, wohl gemerkt eine Strecke von 45 Minuten.

Es war mittlerweile dunkel, als wir über eine hölzerne Brücke auf das Gelände des Hostels holperten. Mit ein wenig schmerzenden Knochen hievten wir uns von dem Pick-Up, schnappten unsere Rucksäcke und betraten die Rezeption des Hostels, ein gewaltiger Bau aus Baumstämmen. Alle Zimmer bzw. eher kleine Hütten, schlängelten sich hinter dem Haupthaus den Hang hinunter. Der Strom kam vom Generator, die Duschen waren kalt. Aber man konnte den Fluss gurgeln hören, der Vorfreude auf den nächsten Tag weckte, denn bei Tageslicht musste es hier genial aussehen.

Am Morgen im Licht der aufgehenden Sonne zeigte sich die erwartete Schönheit der Umgebung. Man stand mitten im Urwald in einem kleinen Tal, das der Fluss über die Jahrtausende gegraben hatte. Links und rechts erhoben sich die bewachsenen Felswände an die hundert Meter hoch, man konnte aber ihre Gipfel nicht sehen, da sie noch im Nebel verborgen lagen. Es war überraschend kalt und alles vom Nebel aufgeweicht, aber die Sonne begann schon, sich ihren Weg durch die grauen Schwaden zu bahnen.

Nach dem Frühstück machten wir uns bereit, um das Highlight zu sehen, weswegen wir diese harte Anfahrt auf uns genommen hatten.

Semuc Champey ist ein System von diversen Wasserbecken, die vom Fluss Rio Cahabòn gespeist werden bzw. einen Teil des Flusses bilden. Die Kalksteinbecken sorgen für eine türkis- bis hellgrüfärbung des Wassers, das so klar ist, dass man ohne Probleme auf ihren Grund sehen kann. Die Becken erstrecken sich über hunderte Meter und winden sind terrassenförmig das Flussbett entlang. Es ist ein faszinierender Ort, eingerahmt von den steilen dunkelgrünen Felswänden und umgeben von dichtem Dschungel.

Ein Aussichtspunkt soll laut Reiseführer die beste Sicht auf die Terrassen bieten, das anschließende Bad in den Becken eine wohltuende Abkühlung darstellen, denn der Aufstieg ist knallhart. 30 Minuten soll man benötigen für die 500 Meter weite Strecke. Mit Kind auf dem Arm mit Sicherheit noch härter, denn Buggy ist im Dschungel nicht.

Wir erreichten die steinernen Stufen, die den Aufstieg markierten, ein Schild wies nochmal verhöhnend auf die Härte des Weges hin. 500 Meter – 30 Minuten.

Wir begannen den Aufstieg und es war gar nicht möglich, dass Elisabeth alleine ging, die Stufen waren viel zu hoch und unregelmäßig, wir hätten den ganzen Tag gebraucht. Man musste über Wurzeln steigen, über Felsen klettern und unter tiefhängenden Ästen hindurch tauchen. Es war wirklich hart!

Nach ungefähr 50 Meter dachten wir schon ans Umkehren, bei 100 Meter waren wir so platt, dass uns der Schweiß von der Stirn tropfte. Alle Klamotten waren durchtränkt. Wir sind halt nicht so DIE Wanderer…

Aber wir haben es geschafft, vielleicht nicht in 30 Minuten… Aber der Ausblick auf die Becken war sagenhaft, es hat sich wirklich gelohnt.

Was natürlich nicht im Reiseführer steht, ist, dass man das ganze ja auch wieder runter muss. Es geht zwar schneller, aber die Anstrengung des steilen Abstiegs war fast ebenbürtig der des Aufstiegs.

Als wir an den Becken angelangt waren, spürten wir unsere Knie kaum noch und uns taten alle Muskeln weh. Elisabeth hingegen dachte nur an den Sprung ist kühle Nass und ließ uns kaum eine Sekunde Verschnaufpause.

Es war wirklich überragend, in das türkisblaue Wasser zu springen. All die Anstrengung der vergangenen Stunden war wie weggeblasen. So eine Erfrischung hatten wir selten erlebt. Und von den Becken aus konnte man die Szenerie noch mehr bewundern. Die Felswände schienen noch höher, der Dschungel noch dichter zu sein, das Wasser so unbeschreiblich klar. Es war einfach traumhaft. Nicht zu Unrecht wird dieser Ort von jedem Reiseveranstalter und Tourguide angepriesen. Die weite Anfahrt und der harte Aufstieg sind es auf jeden Fall wert!

Zurück im Hostel duschten wir uns erst einmal und begaben und dann auf die hölzerne Terrasse unseres Rezeptionsgebäudes.

Bei einer eiskalten Coke packten wir unseren neuen, digitalen Begleiter aus.

Eigentlich hätten wir das ganze auch entspannt vom Hostel aus erleben können, denn die Reichweite unserer Drohne reichte aus, Semuc Champey in seiner vollen Pracht einzufangen. Aber ein bisschen Bewegung tut ja bekanntlich gut.

Als wir ein paar Überflüge gemacht hatten, zeigte sich der wahre Vorteil des kleinen, fliegenden Begleiters. Man bekommt Ansichten und Einstellungen, die so niemals möglich gewesen wären und die einen noch gigantischeren Einblick in dieses Naturphänomen geben.

In Mexiko hatten wir noch Angst, die Drohne steigen zu lassen, aber hier im Guatemalischen Hinterland interessierte das überhaupt keinen.

Im Gegenteil, man kann innerhalb von zwei Minuten eine komplette Lodge lahmlegen, da alle Angestellten hinter einem stehen und fasziniert auf den Bildschirm der Fernbedienung starren.

Wieder in Coban

Am Abreisetag wurden wir morgens um sieben wieder mit dem Pick-Up abgeholt. Der harte Abstieg auf der Ladefläche wurde aber versüßt durch die atemberaubende Schönheit der Landschaft, die sich aus dem Nebel schälte. Auch die Sonne wollte ihren Teil beitragen und kämpfte sich durch die Schwaden, um noch mehr der sagenhaften Umgebung zu präsentieren.

In Lanquin stiegen wir in ein Shuttle um, das lustigerweise von dem Fahrer gelenkt wurde, der uns zwei Tage zuvor schon hierher gebracht hatte.

Nach holprigen zwei Stunden voller Schlaglöcher und Schotterpisten erreichten wir Cobàn und wieder wurden wir freudestrahlend aufgenommen.

Da wir es auf Grund der frühen Abholung nicht mehr zum Frühstück geschafft hatten, fielen wir ausgehungert in einen Pizza Hut ein und bestellten die größte Pizza des Hauses.

Als sie kam, merkten wir, dass die Augen größer waren als der Magen, es reichte zum Schluss noch für ein üppiges Abendessen.

Gut gesättigt und zufrieden gingen wir in eine Wäscherei und gaben unsere schmutzige Wäsche ab. Danach drehten wir noch ein paar Runden durch die Mall, aßen noch ein Eis, Elisabeth hatte ihren Spaß in einer Kinder-Karusell-Ecke, und holten dann unsere saubere Wäsche wieder ab.

Was gerade in Cobàn enorm auffiel, war die Dichte an Fahrzeugen mit komplett verdunkelten Scheiben. In Mittelamerika ist es im Gegensatz zu Europa erlaubt, seine Scheiben am gesamten Auto dunkel zu tönen. Manche Fahrzeuge haben so dunkle Scheiben, dass man sich wundert, wie der Fahrer Nachts überhaupt noch etwas sehen kann.

Für uns war es immer unheimlich, eine Straße zu überqueren, denn man sah nie den Fahrer, sondern immer nur eine schwarze Scheibe. Es kam vor, dass uns mit Lichthupe die Straßenüberquerung gewehrt wurde, was total seltsam war, denn man hatte das Gefühl, das Auto kommuniziert mit einem und nicht der Fahrer… Irgendwie erschreckend…

Eine andere Sache, die uns auffiel war, dass in allen besuchten Ländern ein riesen Lärm herrschte. Und nicht etwa vom Verkehr, natürlich von dem auch, aber überwiegend von lautgestellten Handys, am besten noch mit gekoppelter Bluetooth-Box, die im Restaurant auf dem Tisch liegen und spanischen Gangstar-Rap spielen. Oder von Geländewagen mit Lautsprechern auf dem Dach, die lautstark Werbung für irgendein Produkt zum Besten geben. Manchmal stehen aber einfach auch gigantische Boxen vor einer Apotheke oder einem Reifenshop, aus denen 90er-Jahre-Hits in unerhörter Lautstärke dröhnen.

Die Mittelamerikaner scheinen ein anderes Verhältnis zu Lautstärke zu haben wie wir Europäer…

Aber gut, andere Länder, andere Sitten…

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Guatemala 1

Busfahrt des Grauens

Auf Caye Caulker sprach uns ein deutsches Paar an, ob wir ein Bild von den beiden vor dem Weihnachtsbaum machen könnten, der am Fähranleger aufgebaut war. Manuel und Lina hatten das gleiche Angebot wie wir angenommen und somit hatten wir den selben Weg bis Flores, Guatemala.

Wir verstanden uns auf Anhieb und zusammen reist es sich bekanntlich schöner!

So stiegen wir gemeinsam aus der Fähre und teilten uns eine Reihe im Bus, der uns innerhalb von gut vier Stunden nach Flores bringen sollte.

Dass der guatemaltekische Standard deutlich unter dem mexikanischen liegt, merkten wir wir, als wir den Bus bestiegen und uns auf die total durchgesessenen Sitze fallen ließen. Die Rückenlehnen ließen sich nicht mehr verstellen und es tropfte Wasser aus der Klimaanlage von der Decke…

Als alle an Bord waren fuhr der Bus los. Als wir Belize-City verließen, merkten wir auch an der Fahrweise, dass es nicht mehr ganz der Erste-Klasse-Fahrstil aus Mexiko war, den der Fahrer an den Tag legte. Mit „Pedal-to-the-.Metal“ donnerten wir über die zweispurige Landstraße. Wir merkten eine deutliche Schlagseite, schoben es aber auf die Straßenverhältnisse. Bis der Bus auf einmal an den Straßenrand fuhr, anhielt und der Fahrer ausstieg. Es wurden die Staufächer geöffnet, Werkzeug ausgepackt und der Fahrer verschwand unter dem Bus. Für eine knappe Stunde…

Mich überkam die Neugierde und ich verließ auch den Bus, um zu schauen, was denn da so mit unserem Fortbewegungsmittel los sei.

Als ich an der hinteren Achse ankam, war der Fahrer gerade damit beschäftigt, sich die Hände mit einem Lappen zu reinigen, er nahm dankbar das Wasser an, das ich ihm reichte.

Er habe nur schnell den Stoßdämpfer tauschen müssen, der alte hätte ein Loch gehabt, wahrscheinlich unterwegs geplatzt…

Okay…

Nachdem das Werkzeug verstaut war und der alte Dämpfer seinen Platz bei einem zerfetzten Reifen und zwei Wagenhebern im Bauch des Busses gefunden hatte, konnte unsere Fahrt weitergehen.

Wir ahnten nicht, dass es die schlimmste Fahrt unseres Lebens werden sollte…

Wir, bzw. eher ich lieben jede Art der motorisierten Fortbewegung, egal ob zu Wasser, zu Land oder in der Luft. Es gibt für mich nichts schöneres, alle möglichen Gefährte auszuprobieren, Hauptsache es hat einen Motor und bringt dich von A nach B.

Aber was wir in diesem Bus erlebten, trieb uns nicht nur den Angstschweiß auf die Stirn, wir standen Todesängste aus.

Ich weiß nicht, ob der Fahrer die verlorene Zeit wieder reinholen wollte oder ob es sein gewohnter Fahrstil war, wir fuhren nahe der Schallgrenze über eine schlaglochübersäte Landstraße, drifteten fast durch die engen Kurven und wenn wir dachten, jetzt müsse doch mal alles aus der Maschine unseres 18-Tonnen-Busses rausgeholt sein, drückte der Fahrer erneut aufs Gas und der Bus beschleunigte abermals.

Alle saßen kreidebleich auf ihrem Sitz, niemand sprach ein Wort und jeder betete wohl insgeheim, dass er diesen Höllenritt sicher überstehen möge.

Irgendwann wurden wir langsamer und der Bus hielt an… Wieder ein Stoßdämpfer kaputt? Nein, wir waren an der Guatemaltekischen Grenze.

Der Fahrer ließ uns raus, wir ließen unsere Pässe stempeln und auf der anderen Seite der Grenze sammelte er uns wieder ein. So einen einfachen Grenzübertritt hätten wir uns in Afrika auch mal gewünscht.

Danach ging aber die Höllenfahrt weiter, diesmal aber auf noch schlechteren, noch unebeneren und kurvigeren Strecken…

Jeder im Bus, und Gott ist mein Zeuge, machte drei Kreuze, als wir endlich Santa Elena erreichten, der Stadt vor Flores.

Man ließ uns am Hauptbusbahnhof aussteigen und man konnte in jedem einzelnen Gesicht sehen, das sich jeder am Liebsten auf den Boden geworfen hätte um den Asphalt zu küssen. Leider war dafür keine Zeit, denn wir wurden sofort in einen kleineren Bus umgeladen, der uns (kostenlos!) die letzten zwei Kilometer auf die Insel fahren sollte.

Im Bus verstanden wir auch die Taktik hinter der Aktion. Der Bus gehörte zu einem Reiseveranstalter, der sowohl Trips als auch Busshuttles organisiert und so natürlich gleich mal Werbung für sich fuhr!

Aber egal, wir kamen kostenlos nach Flores, der Typ war sympathisch und die Tranfers brauchten wir sowieso, warum also dann nicht zu ihm gehen?!

Flores

Flores ist eine Insel im Lago de Petèn mit einer Ausdehnung von 500 mal 500 Meter, nur verbunden über eine Brücke, die auch schon bessere Tage erlebt hat. Wahrscheinlich war dass der Grund, warum keine großen Busse oder LKW auf die Insel fahren.

Die Stadt ist durchzogen von etlichen kleinen Straßen und Gassen, die Häuser lehnen sich fast schon an die nächstgelegenen und man hat das Gefühl, durch Venedig zu laufen. Nur das das Wasser nicht hindurch fließt.

Und wie Venedig auch ist Flores bis auf den letzten Quadratzentimeter bebaut. Aber der Flair ist sagenhaft und es machte wirklich Spaß, durch die engen Gässchen zu schlendern und den Sonnenuntergang über dem See zu genießen.

Unser Hotel war eher mittelmäßig… naja, sagen wir schlecht… okay, es war wirklich scheiße!

Deswegen wollten wir so wenig wie möglich Zeit im Zimmer verbringen und der Hunger zog uns raus auf die Straße, wiedermal auf einen Nachtmarkt, der sich auf der Brücke zur Stadt befand und auf dem sagenhaftes einheimisches Essen angeboten wurde.

Alles dort kostete 50 Cent und so kam es, dass wir uns für umgerechnet fünf Euro die Bäuche vollgeschlagen haben. Für alle, inklusive Getränken!

Am nächsten Tag besuchten wir Manuel von der Agentur, die uns am Tag zuvor auf die Insel gefahren hatte. Wir buchten mit Manuel (der andere Manuel) und Lina zusammen für den nächsten Tag einen Sundowner-Trip nach Tikal und für unsere weitere Reise ein paar Shuttle-Verbindungen. Manuel (also der von der Agentur) erwies sich als gigantischer Glücksfall, denn ich habe seltener einen fähigeren Koordinator gesehen wie ihn. Wir tauschten Telefonnummern aus, damit wir uns über Whatsapp schreiben konnten. Darüber würde auch in Zukunft alles laufen. Da wir keine fixen Termine für die einzelnen Routen hatten, sollten wir ihm einen Tag vor der geplanten Abfahrt schreiben und er würde alles für uns in die Wege leiten… Zu diesem Zeitpunkt war ich ehrlich gesagt etwas skeptisch, ob das alles so hinhauen würde, aber wir würden ja sehen.

Tikal

Die Abfahrt nach Tikal war um 12 Uhr, bis alle im Bus waren, dieser nach mehrmaligem Juckeln ansprang und wir loskamen, war es dann aber fast 13 Uhr.

Weit kamen wir auch nicht, denn an der zweiten Kreuzung würgte der Fahrer den Motor ab und bekam ihn nicht mehr an. So standen wir mitten auf der Kreuzung, ein Hupkonzert begann und der Fahrer rief durch, er würde drei starke Männer brauchen, um den Bus anzuschieben…

So stieg ich mit zwei anderen Jungs aus, nicht dass ich stark wäre, ich saß nur als ersten an der Tür, und wir schoben zusammen den Bus rückwärts. Mit einem lauten Röhren und viel schwarzem Rauch erwachte der Motor erneut zum Leben und die Fahrt konnte weiter gehen.

Nach einer guten Stunde erreichten wir die Maya-Ruinenstadt Tikal, die mitten im Dschungel Guatemalas liegt. Unmenschliche Schwüle drang in den Bus, als sich die Türen öffneten und man war geschwitzt, noch bevor man seinen Rucksack aufgezogen hatte.

Zu unserer Tour gehörte auch ein Führer. Antonio, ein Herr älteren Baujahres spricht sieben Sprachen, davon vier akzentfrei und war die Sympathie in Person. Ein Mensch, den man einfach gern haben muss!

Er brachte uns auf direktem Weg in die Mayastadt, erklärte uns die Geschichte zu jeder Pyramide, zeigte uns Brüllaffen, Taranteln und sonstiges Getiers, das sich in diesem Urwald so tummelt und die Zeit verging wie im Flug in seiner Anwesenheit.

Da Tikal im Gegensatz zu anderen Maya-Stätten, die wir besucht hatten, riesig ist und wirklich mitten im Dschungel liegt, hat man kaum eine Chance, alle Gebäude an einem Tag zu sehen. Aber Antonio wusste genau, wo die Highlights liegen und führte uns zielstrebig durch den dichten Wald. Im ganzen Leben hätten wir nicht mehr heraus gefunden, hätten wir den Anschluss an die Gruppe verloren, so dicht und undurchdringlich war das Dickicht. Höhepunkt der Tour war der Sundowner von der höchsten Pyramide in Tikal, wo wir dann auch punktgenau zum Sonnenuntergang ankamen. Der Schweiß tropfte allen von der Nase, es gab niemanden, bei dem die Kleidung keine dunkle Farbe angenommen hatte. Aber jeder quälte sich auf die letzte Pyramide, um sich die untergehende Sonne über dem Urwald anzusehen. Alle bis auf meine Tochter und mich… und natürlich Antonio, der war wahrscheinlich schon 1200 Mal oben.

Wir blieben schön unten, Sonnenuntergänge hatte ich genug gesehen und Elisabeth und ich waren schon auf zwei anderen Pyramiden, da brauchten wir diese nicht auch noch.

Der Weg zum Parkausgang war wieder ein Abenteuer, es war nämlich stockdunkel und irgendwie hatte man uns vergessen zu sagen, dass man eine Stirnlampe mitnehmen sollte. Aber am Schluss tat es eine Handytaschenlampe auch und jeder schaffte den Weg zurück zum Bus, in dem wir uns schweißgebaden und stinkend in die Sitze fallen ließen.

Ich untertreibe nicht, wenn ich sage, dass Tikal die beste Maya-Stätte ist, die wir auf unserer Reise besucht hatten. Wir waren absolut überwältigt und es war ein gigantisches Erlebnis. Alleine die Tatsache, dass man durch undurchdringlichen Dschungel rennt und plötzlich eine 70-Meter-Pyramide neben einem aus dem Nichts auftaucht, ist so phänomenal, dass ich kurz überlegte, ob ich am nächsten Tag nicht nochmal hin fahren sollte.

Für mich war es ein absolutes, unvergessliches Highlight, wenn nicht das Highlight dieser Reise!

Zurück in Flores genossen wir den Abend in unserem schäbigen Hotel und bereiteten uns auf den ersten Überlandtransfer in Guatemala vor. Ein Toyota Hiace sollte uns ins 260 km entfernte Cobàn bringen.

Aufgrund der Streckenverhältnisse würde die Reise über fünf Stunden dauern. Uns bangte etwas davor, aber die Zweifel zerschlugen sich relativ schnell, als wir erfuhren, dass wir nur zu viert die Fahrt antreten würden. Somit hatte jeder eine Sitzreihe für sich alleine!

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