Die Besitzerin des Campingplatzes verabschiedete uns mit den schlimmsten Horrorstories, die man über einen Grenzübergang nicht hören möchte. Ob wir auch genug Wasser dabei hätten?! Teilweise würden die Leute an der Grenze Tage bis Wochen festsitzen, insbesondere die Trucker. Und selbst wenn man es geschafft hat, dann müsse man für die nächsten gut 150 Kilometer bis in die nächste Stadt mindestens 6 Stunden Fahrt einplanen… Die Straße sei in einem miserablen Zustand und man sei schneller zu Fuß… Und außerdem seien wir nun eh schon viel zu spät dran, wer weiß ob wir es heute überhaupt noch schaffen würden… Es war gerade mal 9 Uhr…
Wir fuhren also zur Grenze und mein Bauchweh wurde immer stärker. Nicht, dass es die erste Grenze in Afrika gewesen wäre… Nein, aber es war die erste Grenze aus der südafrikanischen Zollunion raus. Wo bisher alles noch gediegen und ohne Visum, der gleichen Währung, ohne Versicherung und ohne Carnet (eigentlich) lief, stand uns jetzt die erste Herausforderung bevor. Und dann mit den Worten der Dame im Ohr.
Viel Zeit hatte ich eigentlich nicht mir Gedanken zu machen denn schon nach 10 Minuten erreichten wir das Ausreisebüro aus Namibia. Schnell und freundlich wurden die Pässe und das Carnet ausgestempelt. Nun ging es ein Stückchen weiter bis zum Sambischen Grenzposten. Hier herrschte schon ein etwas anderes Bild. Die ersten Männer winkten uns zu und kaum hatten wir den Motor abgestellt und die Türen geöffnet, waren wir umzingelt von Geldwechslern. Sambia war das erste Land wo man an der Grenze bereits Geld brauchte für diverse Sachen zu bezahlen und die Währung des vorherigen Landes nicht anerkannt wurde.
Aus Erfahrungsberichten von anderen Reisenden wussten wir aber, dass man die Geldwechsler nicht in Anspruch nehmen muss, da an der Grenze einen Bankautomat, bei dem wir einfach mit unserer VISA Karte Geld holen konnten, und sogar das Büro einer offiziellen Bank vertreten sein sollte.
Unser erster Weg führte uns also zum Geldautomat. „Dieser Geldautomat ist vorübergehend außer Betrieb“. OK, kein Problem, dann rein in die Bank. Der Angestellte sagte uns, wir sollten einfach einen Moment warten, wahrscheinlich sei das Problem nur temporär. Wir stellten uns also wieder raus vor den Automaten und warteten… und warteten… und versuchten die Geldwechsler abzuwimmeln, die den nicht funktionierenden Geldautomaten natürlich als einmalige Chance witterten.
Irgendwann wurde es uns zu bunt und wir gingen wieder rein in die Bank und tauschten einen Teil unserer wertvollen US Dollar in Sambische Kwacha. Als wir aus der Bank kamen, zog ein Mann gerade Geld am Automaten…
Wir stellten uns hinter ihn und wollten gleich noch etwas mehr Geld holen, damit wir direkt im Land was hatten, aber gleich nachdem das Geld unseres Vordermannes draußen war, versagte der Automat schon wieder.
Nun gut, wir hatten genug Geld um den Grenzübertritt zu bezahlen also gingen wir mit Bauchgrummeln in das Immigration-Office.
Zuerst mussten wir uns vor eine (Infrarot?-) Kamera stellen, damit unsere Körpertemperatur gemessen werden konnte (ob das wirklich funktionierte und wofür das gut sein soll… keine Ahnung). Wir bekamen einen Schnipsel in die Hand, auf den ein „OK“ gekritzelt war und sollten damit zum Visums-Schalter genau gegenüber gehen.
Dort mussten wir den Schnipsel in einen bereitgestellten Karton legen, in dem sich die Schnipsel der letzten drei Jahre befanden und durften dann unser Ansinnen vortragen (nachdem die Dame ihre WhatsApp Unterhaltung auf ihrem Handy beendet hatte). Wir erklärten ihr, dass wir ein Visum wollten und wie lange wir bleiben wollten. Das gestaltete sich gar nicht so einfach, da man durch eine Glasscheibe spricht, die nur unten einen schmalen Schlitz hat und das Englisch der Dame auch sehr – sagen wir mal – „afrikanisch angehaucht“ war. Mit mindestens fünf Rückfragen erklärte sie uns dann, dass sie uns nur ein 30-Tages-Visum zur einmaligen Einreise ausstellen kann. Kein Problem, länger wollten wir eh nicht bleiben. Wir bezahlten 50 US Dollar für uns beide Erwachsene und es dauerte knapp eine halbe Stunde bis wir unsere Pässe mit den handschriftlichen Visa wieder entgegen nehmen durften.
Nun ging es weiter zum Zoll. Das erste Mal seit Namibia offiziell Carnet ausfüllen. Der dunkelhäutige Manfred hatte wohl noch nie ein Carnet gesehen (auch wenn er mindestens schon 50 Jahre alt war und aussah wie wenn er schon seit 30 Jahren dort arbeiten würde), zumindest fing er panisch an nach seinem Chef zu suchen, als er das Dokument erblickte. Der Chef hatte aber ein Erbarmen und erklärte ihm alles mit einer Seelenruhe. Nachdem das Carnet richtig gestempelt war mussten wir noch die Abgasgebühr bezahlen. Diese konnte man nur in Sambischen Kwacha bezahlen und kostete 200 Kwacha. Manfred trug alles penibelst genau in den Quittungsbogen ein: meinen Namen, die Marke unseres Autos, das Nummernschild, Datum und zuletzt den Betrag: 275 Kwacha. Ich unterbrach ihn mit einem „Excuse me, Sir, I think it is the wrong amount“ und zeigte auf das neben ihm hängende Schaubild, auf dem geschrieben stand, dass wir mit unserem 3 Liter Auto nur 200 Kwacha bezahlen mussten. Er schaute sich wieder panisch suchend nach seinem Chef um, der hinter ihm auf einem Stuhl saß und auf seinem Handy rumtippte, sich dann aber erneut erbarmte, ihm wieder einmal unter die Arme zu greifen. Nach einer kurzen Diskussion der beiden miteinander war klar: Manfred musste die Quittung komplett neu ausfüllen. Wir entschuldigten uns bei ihm für die Umstände und sprachen ihn noch auf seinen deutschen Namen an und er erklärte uns den Hindergrund. Sein Vater hatten einen deutschen Freund namens Manfred und ihm zu ehren trägt er nun auch diesen Namen. Die nette Unterhaltung machte das neue Ausfüllen des Belegs nicht ganz so schlimm und mit den besten Wünschen verabschiedeten wir uns.
Für uns ging es nun weiter zum nächsten Schalter: Versicherung abschließen. Auch bei der Dame hier hatte man das Gefühl, sie hatte gerade ihren ersten Tag aber nach ein paar Diskussionen wieder durch den kleinen Schlitz der Glasscheibe hatten wir nach weiteren 15 Minuten unsere obligatorische Versicherung für Sambia. Die Gebühr hierfür mussten wir auch wieder in einheimischen Kwacha bezahlen.
Nun ging es zum letzten und vollsten Schalter: Road-Tax bezahlen. Nachdem ich mich durch die Menge an wartenden Truck-Fahrern geboxt hatte durfte ich 20 US Dollar bezahlen und wir hatten es geschafft. Nach insgesamt zwei Stunden überfuhren wir die Grenze nach Sambia.
Der erste Weg führte uns auf die angeblich so üble Straße, die anscheinend gerade neu asphaltiert wurde. Mit 100 km/h war die Strecke locker zu befahren – zumindest für 20 Kilometer. Dann war es vorbei. Im Schritttempo ging es 60 km über eine Straße, die mehr aus Schlaglöchern bestand als aus Asphalt. Da war jede unasphaltierte Piste in Namibia besser zu befahren.
Irgendwann hatten wir es aber geschafft und erreichten Kazangula, einen Zwischenstopp auf unserem Weg nach Livingstone und ab dort war die Straße für die nächsten 60 km wieder gut befahrbar, so dass wir nach 4,5 Stunden endlich unser Ziel erreichten: ein Campingplatz in Livingstone direkt am Sambesi und nur wenige Kilometer von den Vitoria Fällen entfernt.