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Tag 7+8 – Kiruna-Nordkapp-Tromsö (20.+21.07.2012)


Kiruna – Nordkapp – Tromsö auf einer größeren Karte anzeigen

IMG_2052Strahlender Sonnenschein… Kaum eine Wolke am Himmel… Es könnte nicht verrückter sein. Wenn wir nicht gestern wegen Regen und Kälte in das Hotel eingecheckt hätten, wir hätten es selbst nicht geglaubt. Als wir beim Frühstück saßen und unseren Blick über die Stadt und den blauen Himmel schweifen ließen, schöpften wir neue Hoffnung, dass es doch bergauf geht. Der Wetterbericht im Internet von gestern prophezeite zwar etwas ganz anderes, aber wir klammerten uns an diesen wunderschönen blauen Himmel.

IMG_205420°C zeigte unser Bordthermometer, nachdem wir das Auto beladen hatten und uns auf den Weg nach Nikkaloukta, dem Tor zum Kebnekaise, dem höchsten Berg Schwedens, machten. Angegeben ist sie im Reiseführer als Stadt. Ich würde sie vielleicht gerade mal „Gemeinde“ nennen, da alle Einwohner irgendwie miteinander verwand sind. Kein Witz, kann ich belegen mit meinem Reiseführer!

Als wir dort ankamen, merkten wir, dass es nicht einmal eine Gemeinde war, denn wir standen vor, naja, sagen wir sieben Häusern und einem Hubschrauberlandeplatz. Ach ja, und einer Touristeninfo…

IMG_2129Wir nahmen uns die Kamera und wanderten, oder vielleicht besser spazierten, einfach mal drauf los. Eine wunderschöne Landschaft mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund eröffnete sich uns, der Wald schien bis zum Horizont und darüber hinaus zu reichen und die Wolken umspielten die Gipfel der Berge. Eine Atmosphäre von Ruhe und Frieden umschloss uns, als wir den ausgetretenen Pfad entlang gingen. Hunderttausende von Trekking- und Wanderbegeisterte lassen sich jährlich aus allen Teilen Schwedens und dem Ausland hier her karren, um dann den Berg zu erklimmen, im Wald wandern und sogar campen zu gehen oder einfach nur einen auf Bear Grylls zu machen und mit ihrer Überlebensausrüstung zu spielen.

IMG_2138Nach kurzem Fußmarsch erreichten wir den zweiten Hubschrauberlandeplatz als gerade ein Helikopter im Landeanflug aus den Bergen kam. Unten festgemacht war an einem Seil ein Container mit Ausrüstung für die Bergsteiger. Ich persönlich stand noch niemals so nahe bei einem landenden Hubschrauber. War echt cool!

In einem weiten Bogen führte uns der Weg zurück zum Touristenzentrum, wo unser Auto stand.

Auf dem Rückweg sahen wir den Helikopter wieder aufsteigen und zu einer neuen Tour auf den Berg abdrehen.

Nach einem kurzen Zwischenstopp zurück in Kiruna füllte wir unseren Tank und Proviantkoffer, dann waren wir auch schon wieder auf der Straße Richtung Norden… Diesmal wirklich Norden… Mehr Norden geht gar nicht… Heute Abend würden wir das Nordkapp erreichen!

Unser Plan sah vor, um kurz vor 12 Uhr Nachts am Nordkapp anzukommen und Punkt 12 Uhr die Mitternachtssonne am Himmel erstrahlen zu sehen! Zu diesem Zeitpunkt würden wir 2100 km vom Nordpol entfernt sein, und fast genau doppelt so weit von zuhause… Also halb so weit zum Nordpol wie nach Hause! Der Hammer, oder?!

Uns trennten nur noch 600 km und zwei Ländergrenzen!

IMG_2184Keine 200 km später erreichten wir die Grenze nach Finnland, die wir über eine Brücke erreichten. Wir füllten abermals unseren Tank, da wir gehört hatten, dass der Sprit in Norwegen extrem teuer sein würde. Und wir bezahlten mit Euro! Nach all den Kronen in Dänemark und Schweden hatten wir total vergessen, dass Finnland der Eurozone angehört…

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Aber das nur so nebenbei, denn viel wichtiger: Man glaubt es kaum, es regnete wieder…

Es waren nur 60 km durch Finnland, aber so schön wie Schweden fanden wir es nicht. Aber vielleicht lag das an der Höhe. Wir waren schließlich nördlich des Polarkreises. Uns bot sich ein Bild von karger Tundra, hier und da mal ein Baum, aber überwiegend niedrige Sträucher…

Wir dachten uns aber, dass das nur hier im Norden so sein würde, denn normal hat man ja ein anderes Bild vom Land der tausend Seen. Jeder von euch, der schon einmal da war, darf uns gern seine Erfahrungen als Kommentar schreiben. Vielleicht wird es ja eines der nächsten Ziele…

IMG_2191Nach 60 km überquerten wir dann auch schon die Grenze nach Norwegen. Kein EU-Staat, aber trotzdem ohne Kontrolle. Ich glaube, in dem Häuschen saß nicht mal einer drin…

Norwegen präsentierte sich gleich mal von seiner besten Seite: Es regnete immer noch! 20 km hinter der Grenze führte die Straße in Serpentinen an den Rändern eines Fjordes entlang, links und rechts von uns ragten die Felswände empor. Es war atemberaubend schön! Abgesehen vom Regen…

Viele Kilometer folgten wir der Straße Richtung Norden, Richtung Nordkapp! Wir kamen an steilen Hängen vorbei, die Spitzen von weißen Eiskappen gekrönt, die in Fjorde abfielen, wunderschön anzusehen.

Immer weiter schraubte sich die Straße Richtung Norden, immer karger wurde die Landschaft, immer seltener begegneten wir anderen Fahrzeugen.

Das einzige, dem wir wirklich oft begegneten, waren Rentiere. Überall! Und den Unterschied von Gras und Asphalt schienen sie auch nicht zu kennen. Mit teilweise wirklich haarsträubenden Ausweichmanövern entgingen wir nur knapp dem Besuch bei einer Werkstatt, um ein Geweih aus unserer Stoßstange herausoperieren zu lassen!

IMG_2329Aber bald hatten wir genug Erfahrung mit Santa Claus’ Lieblingen und konnten solchen Situationen vorbeugen.

Leider wurde das Wetter immer schlechter. Zu dem Regen, der heftig aufs Auto prasselte, kam noch ein brutaler Wind hinzu. Er blies teilweise so heftig, dass das ganze Auto anfing zu schlingern…

Es war ungefähr halb 11 Uhr Nachts und taghell, als wir den Nordkapptunnel erreichten, der das Festland mit der vorgelagerten Insel verbindet, auf der das Nordkapp liegt. Der Tunnel ist sieben Kilometer lang und liegt an seiner tiefsten Stelle 212 Meter unter dem europäischen Nordmeer. Dementsprechend steil geht es auch bergab. Ich habe noch niemals einen solchen Tunnel erlebt! 10% Gefälle! Und natürlich auf der anderen Seite das ganze wieder rauf… Da erlebt man was!

IMG_2213Nachdem der Tunnel gemeistert war, kamen wir irgendwann um eine langgezogene Kurve und vor uns lag die AIDA. Die kleine Ortschaft dahinter konnte man kaum sehen hinter dem Rumpf dieses riesigen Schiffes!

Bei einer kleinen Zigarettenpause schmunzelten wir über die ganzen Touries an Bord, die bestimmt auch alle das Kapp sehen wollten. Die bissen sich wahrscheinlich gerade in den Hintern, denn es machte so runter, dass wir das Schiff kaum noch erkennen konnten durch einen Schleier aus Regen.

Ich meine, uns ging es auch nicht anders, aber wir im Gegenzug hatten auch keine 2000.- oder wieviel auch immer Euros für eine fette Kreuzfahrt rausgehauen, um dann sowas hier zu erleben!

Egal, wir machten uns wieder auf den Weg, es wurde langsam knapp und wir hatten noch ein paar Kilometer bis ans Ende des europäischen Kontinents.

Bloß ein neues Problem kam auf. Wir erkannten es schon von weitem, aber hatten die Hoffnung, dass es nur ein Trugbild durch den Regen war.

Aber so war es leider nicht…

IMG_2230Keine zehn Minuten später fuhren wir, zusätzlich zum strömenden Regen und dem Wind, durch dichte Nebelschwaden. Richtig dichte Nebelschwaden.Wir hatten vielleicht zehn Meter Sicht. Der Nebel war so dicht, dass wir fast das Schrankenhäuschen umgefahren hätten, dass den Eingang zum Areal des Nordkapps kennzeichnet.

Es war fünf vor 12 Uhr (also in echt jetzt, keine Metapher!).

Wir kurbelten das Fenster runter und sofort war das komplette Armaturenbrett nass! Aber was wir dann erfuhren, verschlug uns den Atem. 70.- Euro für die Durchfahrt zum Nordkapp!

Ich fasse zusammen:

Es war fünf vor 12 Uhr, 70,- Eintritt, Regen, Wind und Nebel… Es war so eine Suppe, dass wir die Sonne nicht gesehen hätten, wenn sie 20 Meter über unseren Köpfen gehangen hätte! Das war einfach zu viel…

Wir drehten um und fuhren einfach wieder weg.

Wenn ich gekonnt hätte, ich hätte das komplette Ding abgefackelt! Aber es regnete ja…

Wir fühlten uns wie zwei Bergsteiger, die den Mount Everest bestiegen und 200 Meter vor dem Gipfel umdrehen mussten…

Aber es war einfach zu viel…

Ab diesem Moment fing die Stimmung an zu kippen…

Wir fuhren den gleichen Weg zurück, den wir gekommen waren.

Wir setzten unseren Plan in die Tat um und fuhren durch, wechselten uns ab, mal der ein, dann der andere am Steuer, während der jeweils andere schlief.

So kloppten wir hunderte von Kilometern runter, tankten, fuhren weiter… Bis es einfach nicht mehr ging.

Wir hielten in einer Parkbucht, die es übrigens alle gefühlte 20 Meter gibt und stellten den Motor ab. Dort verbrachten wir die nächsten zwei Stunden schlafend. Das letzte was ich sah, bevor ich einschlief, war ein kleiner Lichtstrahl durch die dichte Wolkendecke scheinen, von einer Sonne, die hoch am Himmel stand. Um Drei Uhr Morgens!

Als ich wach wurde, fühlte ich mich, als hätte mir einer meinen Kopf abgerissen und wieder angenäht. Aber es half nichts, ich startete den Motor und fuhr weiter. Die Strecke vom Nordkapp nach Tromsö beträgt ungefähr 800 km, 300 km davon waren noch übrig, als wir weiterfuhren. Beim nächsten Rastplatz mit WC hielten wir an, um uns wenigstens mal auf dem Klo die Zähne zu putzen… Abgeschlossen…

Die Stimmung kippte immer weiter…

Vielleicht lag es auch an der Müdigkeit, oder an dem Regen, der übrigens immer noch nicht aufgehört hatte, aber in diesem Moment habe ich den Entschluss gefasst, das ich nur noch nach Hause wollte…

Wir fanden irgendwann einen Rastplatz mit offenen Türen, putzten Zähne, kochten Kaffee (mit dem neuen Kocher!) und packten die Karten aus.

Der direkte Weg nach Hause, ca. 4000 km, wäre in 5 Tagen machbar… Eine wilde Diskussion entbrannte, ob wir es nicht nochmal versuchen sollten, ob es nicht zu früh wäre aufzugeben, usw. Da wir zu keinem Ergebnis kamen, beschlossen wir, erst einmal weiterzufahren, nach Tromsö, in ein Hotel oder irgendetwas mit Bett…

Zwei Stunden später fuhren wir in Tromsö ein, der Regen vom Vortag hielt mit unveränderter Stärke an, was uns zwang ein Hotel aufzusuchen… Soviel zum campen. Verdammt!

Die Hotels waren alle zu teuer, also nahmen wir uns ein kleines Häuschen auf einem Campingplatz, mit Bad und Küche. Wir waren klitschnass, nur vom ausladen unserer Sachen…

IMG_2301So konnte das nicht weitergehen. Das Haus hatte WLAN, also verbrachten wir die nächsten drei Stunden damit, Wetterberichte zu wälzen, Routen zu planen (direkt nach Hause, oder mit Umwegen, je nach Wetterlage) und kamen zu dem Schluss, dass es hier ein Ende haben sollte. Das wollten wir aber noch nicht hundert Prozent in Stein meißeln, also gingen wir zur Ablenkung zur Polaria.

Das ist eine Mischung aus Museum und lebendem Infotainment, zum Thema Polarregion. Lebend deswegen, weil sie dort diverse Tierarten in Aquarien und Becken zeigen, die in den Polarregionen heimisch sind.

Diese, ich sag mal „Ausstellung“, wurde uns wärmstens von unserem Reiseführer empfohlen, also vertrauten wir ihm blind und fuhren hin. Das beste war der Weg dort hin. Die scheinen in Skandinavien Kreisel zu lieben, überall waren Kreisel. Selbst an einer Kreuzung mit zwei Richtungen, wo eine simple Ampel gereicht hätte, wurde ein Kreisel aus dem Boden gestampft.

Aber die Krönung sahen wir heute: Mehrere Kreisel in einem Tunnel! Direkt unter der Stadt Tromsö!

Am Polaria angekommen holte uns aber schnell die Realität wieder ein…

Es war ein Flopp! Das ach so riesige Gebäude war bei näherer Betrachtung nicht mehr ganz so groß und die vorgeschlagenen drei Stunden Besichtigungszeit drittelten wir spielend. Und das für 30 Euro…

Als wir raus kamen, schüttete es immernoch… Und jetzt war das absolute Ende erreicht…

Wir fuhren heim, kochten uns was und tüftelten einen Plan mit drei Optionen aus:

-Der direkte Heimweg, also der Worst-Case

-Der indirekte, bei dem wir auf dem Weg nach unten nach den Wetterverhältnissen

schauen und eventuell doch noch bleiben würden

-Der beste Fall, also das Wetter schlägt um und alles bleibt beim alten…

An was jedoch keiner von uns mehr glaubt…

Eine Antwort auf „Tag 7+8 – Kiruna-Nordkapp-Tromsö (20.+21.07.2012)“

Hallo ihr zwei,

das klingt ja echt beschissen !
Was ist denn jetzt toppig ?
Ich hoffe, dass ihr euch trotz der Wetterumstände und der gekippten Stimmung nicht dazu hinreißen lasst, alles zu kippen.
Lasst es euch gut gehen !
Kopf hoch Freunde,

lg

Vadim

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