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Albanien 2

Nervenkitzel auf dem Weg zum Meer

Am nächsten Morgen fuhren wir noch einmal in die Stadt, um frische Früchte und ein paar Kleinigkeiten zu besorgen und machten uns dann direkt auf Richtung Süden. Tirana, die Hauptstadt Albaniens war unser Ziel, das wir aber an diesem Tag nicht mehr erreichen würden. Wir planten einen Wildcampspot direkt am Meer ein.

Nach guten vier Stunden Fahrt erreichten wir das Meer. Eigentlich wären es nur gute zwei Stunden gewesen, aber wir trafen unterwegs auf ein paar abenteuerliche Abschnitte, die uns etwas Zeit gekostet hatten.

Zum einen durchquerten wir ein Dorf und trotz mehrerer Navigationshilfen endete unsere Fahrt immer wieder in irgendwelchen Einfahrten von Höfen. Erst der letzte Weg, der als solcher überhaupt nicht erkennbar war, führte uns aus dem Dorf heraus. Wir mussten dafür nur einen kleinen Abhang hinunter. Der hatte aber gefühlt das Gefälle einer Steilwand und war für uns auf Grund unseres Gewichtes nur mit Untersetzung fahrbar. Wir hatten diverse Mercedes Limousinen im Dorf stehen sehen, die wohl den gleichen Weg nehmen mussten, uns aber absolut schleierhaft war, wie sie das angestellt hatten.

Keine fünf Minuten später trafen wir auf das zweite Hindernis. Es tauchte wie ein Relikt aus einer anderen Zeit vor uns aus dem Wald auf. Eine Stahlseilbrücke. Die war sicher – und das ist definitiv keine Übertreibung – bestimmt 60 Jahre alt.

Verrostet und baufällig lag sie vor uns, die Pfeiler hatten gewaltige Löcher, aus denen der Zahn der Zeit etliche große Brocken heraus genagt hatte.

Die Holzbeplankung war morsch und teilweise fehlten Bretter.

Wir hielten, stiegen aus und besahen uns die Brücke genauer. Auf den zweiten Blick war es fast noch schlimmer als aus dem Auto heraus. Wir beratschlagten wie es weiter gehen sollte. Umkehren hätte einen Umweg von fast zwei Stunden gekostet. Aber sollten wir das Risiko eingehen und die Brücke befahren?

Plötzlich hupte es hinter uns. Eine E-Klasse wollte passieren. Über die Brücke.

Also ließen wir ihn vorbei und sahen zu, wie der schwere Wagen langsam auf die Bretter rollte und sich in Schrittgeschwindigkeit über die Brücke arbeitete.

Auf der anderen Seite hupte er noch einmal und fuhr davon.

Von dieser Erfahrung etwas zuversichtlicher gestimmt, entschieden wir, dass ich das Auto rüber fahren würde, nachdem Sarah mit Elisabeth auf die andere Seite gelaufen wären.

Wir bereiteten alle technischen Spielereien vor, die wir hatten, um dieses Ereignis in Bild und Ton festzuhalten.

Die Drohne stieg auf und filmte alles aus der Vogelperspektive. Mit der GoPro würden wir die Überfahrt filmen.

Als ich bereit war und gerade los fahren wollte, passierte noch ein Sprinter die Brücke, was mich vollends überzeugte, dass nichts passieren würde.

Ich startete den Motor und rollte auf die Brücke. Unter dem Gewicht unseres Autos bogen sich die Bretter, die Brücke knarzte und knirschte.

Ungefähr in der Hälfte spürte ich die Gewichtsverteilung und merkt, wie die Fahrbahn einige dutzend Zentimeter nachgab.

Ich erreichte aber unversehrt die andere Seite und den festen Boden.

Mit noch reichlich Adrenalin im Blut ging es weiter.

Den versteckten Platz an der Küste zu finden kostete zwar etwas Zeit, aber bald bauten wir unser Lager direkt an einer Klippe auf, von der wir einen wunderschönen Blick auf das Meer und die untergehende Sonne hatten.

Die Nacht war ruhig, das Wetter gut und nach einem entspannten Frühstück machten wir uns auf in die Hauptstadt.

Schon in den Randbezirken merkten wir, dass der Verkehr hier nochmal eine ganz andere Nummer war wie im Rest des Landes, an den wir uns langsam gewöhnt hatten.

Hier galt nicht mehr das Recht des Stärkeren, sonder überhaupt nichts mehr. Es wurde einfach gefahren, keine Spur, keine Stoppschild und keine Vorfahrtsbeschilderung hatten mehr irgendwelche Bedeutung.

Tirana

Nachdem wir uns durch die Stadt zu einem Einkaufszentrum durchgeschlagen hatten, in dem wir ein paar Sachen besorgen wollten, konnten wir einmal durchatmen.

Wobei das auch nicht ganz stimmt, denn als wir den Parkplatz des Centers erreichten, wurden wir schroff von den Parkwächtern verscheucht, wir sollten mit dem riesigen Auto auf dem Lieferantenparkplatz hinten parken. Wir fuhren einmal um das Center und fanden keine weitere Abstellmöglichkeit.

Also fuhren wir wieder auf den ersten Parkplatz, wo wir diesmal von einem anderen Wachmann abgewiesen wurden.

Dieser zeigte uns dann den angesprochenen Platz und als wir dann den Motor abstellten, hatten wir für diesen Tag eigentlich schon genug.

Der Camping war etwas außerhalb der Stadt und lag wunderschön an einem See. Die Besitzerin war mega freundlich und zum Abend gab es erstmal einen Raki zum einschlafen.

Leider war der Platz, der für ca. 15 Fahrzeuge ausgelegt war, am nächsten Tag komplett ausgebucht, somit mussten wir etwas umdisponieren.

Wir entschieden uns, einem Tipp von Charlotte und Richard zu folgen und eine Passstraße durch Kombetar Mali i Dajtit Nationalpark zu fahren und wild zu campen. Die anschließende Tour sollte uns dann durch den Mali me Gropa-Bize-Martanesh führen und wieder zurück nach Tirana. Der Großteil der Strecke überwiegend Off-Road! Wir waren gespannt!

Off-Road

Wir verließen Tirana und kurz hinter der Stadtgrenze bereits begann die Straße sich steil in die Berge hinauf zu winden. Wir passierten etliche kleine Dörfer, die sich eng an die Hänge des Berges schmiegten, in vielen meinte man, die Zeit sei stehengeblieben. Karren, gezogen von Pferden waren auf den Straßen unterwegs und auf manchen Feldern wurde noch mit Ochsen gepflügt.

Immer höher schraubte sich die Straße in die Berge und bald passierten wir die 1000 Meter Grenze.

Ungefähr zu dieser Zeit hörte dann auch der wellige und von Schlaglöchern gesäumte Asphalt auf und ging in eine Piste über.

Der Spaß begann!

Langsam, im Allrad und mit Getriebeuntersetzung bahnten wir uns unseren Weg durch den Wald. Der steinige Weg war gerade so breit genug, die Landschaft ändere sich mit steigender Höhe immer mehr und wurde immer karger.

Auf dem höchsten Punkt des Passes, knapp 1850 Meter über dem Meer hatten wir einen phänomenalen Ausblick auf das uns umgebende Gebirge und die schneebedeckten Gipfel.

Der Abstieg war nicht minder spektakulär und wir waren immer noch in einer anderen Welt, als wir ein Dorf am Fuß des Berges erreichten. Wir hatten Blut geleckt und wollten mehr.

Der Übernachtungsplatz war eine versteckte Wiese, auf der uns nur ein Schäfer mit seiner Herde Gesellschaft leistete. Aber auch das nicht wirklich lang, denn es begann zu regnen und wir wurden in unser Auto verbannt. Das hatte aber den Vorteil, dass wir uns noch ein paar weitere Strecken durch die Berge suchen konnten, die nicht weniger Spaß versprachen.

Am nächsten Morgen frühstückten wir in der Sonne, die Regenwolken hatten sich verzogen und gaben den Blick auf das umliegende, spektakuläre Gebirge frei. Nachdem alles verstaut war, machten wir uns wieder auf den Weg.

Dieser führte uns wieder in die Berge. Nach einem kleinen Dorf machte die Straße eine steile Kehre und der Asphalt hörte wieder einmal abrupt auf. Von hier an schlängelte sich eine schmale Schotterpiste weiter den Berg hinauf. Unser GPS meldete uns, dass wir in Kürze die 1000 Meter Grenze überschreiten würden. Durch den immer dichter werdenden Wald, dessen Äste weit in die Piste hingen, kämpften wir uns stetig bergan.

Zwischenzeitlich mussten wir kurz anhalten und abgerutschte Steine und Geröll vom Weg schaffen, sonst hätten wir die Fahrt nicht fortsetzen können. Die Spur war einfach zu schmal und wir wären dem Abgrund, der sich fast senkrecht neben uns auftat zu Nahe gekommen.

An anderen Stellen hatten wir riesige Pfützen zu überwinden, oder teilweise flossen Bäche über den Weg. Das Auto kämpfte sich wacker durch alle Hindernisse.

Und unsere harte Arbeit wurde belohnt als wir das angestrebte Ziel erreichten. Bei iOverlander hatte Sarah uns einen Wildcampingspot herausgesucht, der irgendwo im Gebirge auf 1300 Meter liegen sollte.

Und diesen erreichten wir jetzt bei strahlendem Sonnenschein. Es war einfach gigantisch. Der Platz lag auf einer Lichtung, die sich aus dem Hang des Berges herausschob. Die umliegenden Gipfel waren schneebedeckt und man hatte einen atemberaubenden Blick ins Tal.

Wir entschieden uns sofort, hier gleich zwei Nächte zu verbringen, da es uns auf Anhieb so gefiel.

Also bauten wir unser Camp auf und genossen die überragende Umgebung von unseren Campingstühlen aus. Elisabeth hatte genug Platz zum Spielen und herumrennen und ich konnte mich mal den Dingen widmen, die ein echter Mann so beim Campen in der freien Natur macht:

Holz hacken! Lagerfeuer!

Den ganzen nächsten Tag verbrachte ich damit, Holz zu beschaffen und vorzubereiten, während meine Tochter mich tatkräftig dabei unterstützte. Abends beim wohlverdienten Lagerfeuer betrachteten wir unsere schwieligen Hände und genossen unser Werk, das wohlig warm vor uns loderte.

Ein perfekter Vater-Tochter-Camping-Tag!

Der Abstieg war nicht minder interessant wie der Weg auf den Berg. Wir folgten der Straße, die sich an verlassenen Ruinen alter Häuser und Bunker vorbei schlängelte, die verstreut im Wald lagen. Irgendwann wurden die Bäume weniger, der Wald lichter.

Der Weg führte über eine Hochebene, von der aus man wieder einen bahnbrechenden Blick in die Ferne und die umliegenden Täler hatte.

Wir passierten ein paar Baustellen, in denen mit schwerem Gerät versucht wurde, die Straße besser befahrbar zu machen. Ein paar Mal schlug unser Herz höher, als wir uns an uralten Mercedes-LKWs vorbei drücken mussten. Uns trennten nur wenig vom Abgrund, während wir auf der anderen Seite nur ein paar Zentimeter zur hoch aufragenden Ladefläche des Trucks hatten.

Nach gut zwei Stunden erreichten wir die Zivilisation wieder. Der irre Verkehr begann und wir vermissten jetzt schon die Ruhe und das Alleine-Sein in den Bergen.

Wir fuhren direkt auf Tirana zu. Die Stadt breitete sich unter uns aus und erstreckte sich durch das gesamte Tal. Ob man diesen Anblick schön finden soll, muss jeder selbst entscheiden. Mich schockte er nicht gerade. Aber vielleicht auch deswegen, weil wir uns bald wieder dem stressigen, irrwitzigen Verkehr und den verrückten Autofahren in der Metropole aussetzen mussten.

Wir waren heil froh, als wir den Camping erreichten, den wir drei Tage zuvor verlassen hatten und freuten uns am meisten über eine heiße Dusche. Die kam in den Bergen doch etwas zu kurz.

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