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Irland Teil III

Genaugenommen ist der Wild Atlantic Way überhaupt keine durchgehende Küstenstraße, sondern eher ein Zusammenschluss vieler einzelner kleiner und größerer Straßen und Wege, die sich alle entlang der Küste oder nur wenige Kilometer ins Landesinnere erstrecken.

Teilweise kommt es vor, dass man nur wenige hundert Meter auf einer Straße zurücklegt, bis das nächste Schild einen wieder auf einen neuen Feldweg oder eine andere Nationalstraße führt.

Es gibt wirklich abenteuerliche Abschnitte, die teilweise nur im Schritttempo zu meistern sind. Aber Spaß macht es in jedem Fall und unsere ersten 10 Tage auf dem WAW sind wie im Flug vergangen.

Wir befanden uns etwa im zweiten Drittel der Gesamtstrecke, als das Wetter drastisch umschlug. Es wurde kalt, regnerisch und unmenschlich windig.

Und wenn es das nicht war, wurden wir in den Abendstunden von Stechmücken in Kleinformat, hier sogenannte Midges fast augenblicklich aufgefressen.

Meine auf Mückenstiche allergische Frau sah fortwährend aus wie ein Streusel, meine Tochter und ich vertrugen die Plagegeister zum Glück besser und blieben weitestgehend von den Folgen der Stiche verschont.

Wir hatten also die Wahl zwischen gutem Wetter und Mücken, oder schlechtem Wetter und nicht schlafen können, da uns vielleicht die Hütte weggeblasen wird. Also das Problem ist kein hypothetisches… Da unser Top zur Hälfte aus Kanvas-Stoff besteht, kann der natürlich bei starkem Wind beschädigt werden und die Reise augenblicklich beenden.

Das ganze gipfelte am 11. Tag in einem Beinahe-Desaster.

Der Tag fing schon mies an. Wir standen frei auf einem Feld wunderschön direkt am Meer als mitten in der Nacht der Wind auffrischte und Sturmstärke erreichte. Bei jeder Böe hatten wir das Gefühl, das war das letzte Mal, jetzt reißt der Stoff! Selbst Elisabeth ist bei jedem Schlag gegen die Außenwand im Schlaf zusammen gezuckt. Nachdem wir kaum ein Auge zugemacht hatten, beschlossen wir fix und fertig um halb 7 einzupacken und weiterzufahren. Es waren gerademal 11 Grad und es nieselte vor sich hin. Zu dem Wind, der sich den ganzen Morgen nur noch verstärkte, wurde auch noch der Regen mehr.

Wir besuchten die Küstenstadt Sligo, das aber auch nur kurz, denn das Wetter war zu schlecht.

Auf dem Weg zum nächsten Campingplatz wurden wir fast von der Straße geblasen, der Ozean zu unserer Linken war aufgewühlt und hatte überall weiße Schaumkronen auf den Wellen. Dort, wo sie die Küste erreichten, brachen sie sich und die Gischt spritzte meterhoch in die Luft. Es war ein Tag, an dem man keinen Hund vor die Tür schickt.

Wir erreichten den geplanten Platz und merkten, dass er direkt am Meer und somit voll im Wind war. Es machte keinen Sinn überhaupt zu bleiben. Das Geld konnten wir uns sparen…

Wir hatten noch einen Platz in Petto, der aber ein Stück entfernt war. Wir entschieden uns dafür, wohl wissend, dass wir gegen unser Prinzip verstoßen würden, nicht mehr als maximal 5 Stunden zu fahren. Das hatten wir uns vorgenommen, damit unser Kind nicht zu viel Zeit im Auto verbringt und genug Pausen erhält.

Zum nächsten Platz waren es 30 km, die aber eineinhalb Stunden in Anspruch nahmen, geschuldet der Strecken des WAW.

Dort angekommen, ergab sich uns ein ähnliches Bild wie bei dem Platz davor. Direkt am Meer, direkt im Wind. Keine Chance…

Jetzt war guter Rat teuer, denn langsam überschritten wir auch unsere eigenen Grenzen.

Wir fuhren wahllos durch die Gegend und hielten nach offenen Scheunen und Bauernhäusern Ausschau, die es hier in Hülle und Fülle gibt. Dort hätten wir klingeln könnten (was wir uns ehrlich gesagt nicht getraut haben), um uns für die Nacht unterzustellen um unser Dach nicht zu beschädigen.

Aber alle, die offen standen, waren sowieso mit Traktoren oder sonstigem landwirtschaftlichem Gerät voll gestellt… Kein Wunder bei dem Wetter.

Nach einer weiteren Stunde herumstreunen hielten wir an und überlegten uns einen Notfallplan.

Dach öffnen war nicht möglich, also fiel frei stehen aus. Scheune genauso. Camping auch, da kein geeigneter Campground in der Nähe… Auf den Vordersitzen im Auto schlafen war vielleicht vor einem Jahr eine Möglichkeit, doch mit Baby auch gestorben. Hotel… Unter 100 Euro pro Nacht gab es nichts, alles viel zu teuer…

Es gab keine Optionen mehr.

In unserer Not kam Sarah auf den Gedanken, an einer Tankstelle zu fragen, ob nicht einer der Anwesenden einen Bauern kenne, der rein zufällig gerade Platz in seiner Scheune hätte.

Wir fuhren also die nächste Tankstelle an, gingen mit Elisabeth auf dem Arm rein und wiedermal erfuhren wir die Freundlichkeit (und vielleicht ein klein bisschen Baby-Bonus) der Iren am eigenen Leib.

Der Tankstellenbesitzer sagte, er würde keinen Bauer kennen, aber er würde uns mit einem so süßen Baby nicht weiter herumfahren lassen. Wir sollen uns auf den Hinterhof seiner Tankstelle zwischen einem Gebäude und einer langgezogenen steilen Auffahrt stellen. Dort sei es windgeschützt und trocken, da dahinter auch hohe Bäume den Wind abhalten würden. Also von drei Seiten umrahmt.

Er zeigte uns den Platz, fragte sogar noch, ob uns das reichen würde und ob er noch etwas für uns tun könne…

Wir bedankten uns tausendfach und hatten ungelogen einer der ruhigsten Nächte auf dem Wild Atlantic Way. Wir hörten den Wind, der durch die Bäume raste, hörten auch das Aufschlagen abgebrochener Äste auf der Straße, standen aber wirklich so windgeschützt, dass nichts auch nur den Canvas-Stoff bewegte.

Am nächsten Morgen holten wir Kaffee in der Tanke. Der Chef war wieder da, fragte ob wir gut geschlafen hätten und ob es der kleinen Maus gut ginge und gefallen hätte. Wieder bedankten wir uns überschwänglich, bevor wir uns wieder auf den Weg die Küste entlang nach Norden machten.

 

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