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Nordfrankreich Teil II & Irland Teil I

Begeistert blickte ich in den verrosteten Lauf eines Artilleriegeschützes das aus einem total zerbombten Stahlbetonbunker herausragte. Ich wollte gerade zu einem kleinen Vortrag über den Atlantikwall ansetzten, als ich das verschwitzte, absolut desinteressierte Gesicht meiner Frau sah und die Worte mir im Hals stecken bleiben. Meine Tochter war genauso interessiert wie meine Frau, denn die schlief schon seit längerem im Tragetuch auf ihrer Brust.

Naja, nach dem dritten Tag zweiter Weltkrieg und Invasion in der Normandie konnte ich die zwei auch irgendwie verstehen.

Was mich aber nicht daran hinderte, noch ein paar Bunker und Geschützstellungen auf den Tagesplan zu setzen, denn deswegen war ich hier. Es faszinierte mich total, hier die Geschichte hautnah nachzuempfinden, die Schauplätze der Befreiung Europas zu besichtigen und an jeder Ecke alte, ausgebrannte und zerstörte Anlagen des Atlantikwalls zu erkunden. Über die Strände zu laufen, die vor 70 Jahren Orte gewaltiger Schlachten waren, die den Grundstein gelegt haben, für das Europa, wie wir es heute kennen.

Der Campingplatz, auf dem wir standen, war genau am Omaha Beach gelegen (deswegen auch der Name Omaha-Beach-Camping), der Ort… ach, ihr wisst schon. Soldat James Ryan und so… Man kennt es…

Hoch auf einer Steilklippe gelegen hat man einen fantastischen Ausblick über den ganzen Küstenabschnitt und weit hinaus auf den Atlantik, ein kleiner Fußweg führt vorbei an einem zerstörten Bunker hinunter zum Strand. Von unserem Stellplatz, umrundet von viel zu viel Tupper (Wohnmobile und Wohnwagen, der Dosenform wegen 😉 ) hatten wir keine 3 Minuten hinunter an diesen denkwürdigen Strand, der… okay, ich hör auf…

Wie gesagt, wir waren wirklich schnell am Strand, was auch nötig war, denn sonst wäre man vor Langeweile gestorben. Auf dem Camping war null komma nix los. Nicht das keine Deutschen oder deutschsprachigen Camper da gewesen wären…

Aber man hat sich nur gesehen, als sie angekommen sind, ab 18 Uhr ging die Sat-Schüssel hoch und um 10 war Schlafenszeit. Die kamen nicht einmal aus ihrer Dose raus. Als man sich das nächste mal sah, entleerten sie gerade ihre Chemietoilette und fuhren los.

Wie dem auch sei, und Gott steh mir bei wenn ich es nicht genossen hätte, waren wir mit unserem Auto der Hit auf jedem einzelnen Camping-Platz auf dem wir waren. Wir konnten kaum Essen, da stand schon wieder einer da und fragte ob man da wirklich mit ins Wasser fahren könne und ob das vorne ein Auspuff sei. Aber durch die Bank weg nur positive Resonanz und Zuspruch, auch für die Fahrt mit einem Baby!

Das klingt alles etwas widersprüchlich, das die sich einschließenden Camper zu uns kamen und solche Sachen fragten, deswegen erläutere ich mal einen gewöhnlichen Standortwechsel eines Wohnmobils:

  1. besten Platz suchen, nicht zu viel, nicht zu wenig Schatten, Strom natürlich und nicht weit zum Sanitärblock, insofern das eigene Gefährt keine Dusche hat.
  2. Das Ausrichten auf Richtblöcke, dass alles gerade steht (machen wir übrigens auch)
  3. der Gang über den Platz, um die anderen Wohnmobile und -wagen zu inspizieren und gegebenenfalls abzulästern, wie klein doch der eine oder wie übertrieben der andere sei und wie toll doch das eigene Mobil.
  4. Im Gefährt verkriechen, bis das Klo fast überläuft und dann
  5. ausleeren und weiterfahren.

Ansonsten war es für uns Drei sehr erholsam und entspannend. Da wir drei Nächte standen, hatten wir genug Zeit, einen neuen Plan zu fassen und zu entscheiden, wo es uns als nächstes hinverschlagen würde. Denn die Fähren nach Großbrittanien sind unmenschlich teuer, die Bretanie war auch eine Option, aber die endgültige Entscheidung fiel bei einem kühlen Bier und einem Strandspaziergang.

Es sollte mit einem kleinen Abstecher über Le Mont Saint Michel (Unesco Weltkulturstätte!) nach Cherbourg und dann auf die Fähre nach Irland gehen, die deutlich günstiger sind. Somit hatten wir zwei Fliegen mit einer Klatsche: günstigere Fähre und direkter Zugang nach Schottland. Außerdem war in England das Wetter mies und in Irland nicht.Plan gefasst und umgehend am nächsten Morgen umgesetzt. Wir fuhren die fast 200 km an die Westküste der Normandie und blieben über Nacht auf einem Stellplatz für Wohnmobile. Ich brauche nicht zu erzählen wie spannend es dort war…

Am Morgen darauf besuchten wir das beeindruckende Kloster auf dem Berg.

Ein absolut faszinierendes architektonisches Meisterwerk, schon allein die Zufahrt über eine lange Brücke, vor einem wächst der Berg aus dem Meer (in unserem Fall aus dem Schlamm, es war Ebbe). Ich kann jedem nur raten, dort einmal hinzufahren und es sich anzusehen. Auf unserer Liste der Must-Have-Seens gaaaaanz weit oben!

Leider hatten wir nur 3 Stunden dort, denn wir mussten, bzw. wollten abends die Nachtfähre nach Irland erwischen.

So machten wir uns um 15 Uhr auf und erreichten Cherbourg und den Fährhafen noch rechtzeitig, um ein Ticket fürs Auto, zwei für uns (Baby gibt’s gratis dazu) und eine Kabine zu ergattern.

20:30 Uhr legte die Fähre pünktlich auf die Minute ab. 17 Stunden Überfahrt erwarteten uns. Und noch mehr!

Denn wir hatten, obwohl man nicht wirklich etwas sah, enormen Wellengang. Wir wurde in unseren Betten (wir hatten getrennte Betten, da es ein Vierbettzimmer war, STOCKBETTEN! Wie im Landschulheim!) hin und her geworfen, und an Schlaf war kaum zu denken. Selbst Elisabeth, die ja gewohnt ist, im Auto, auf dem Arm oder sonst wo zu schlafen, fand in dieser Nacht keinen Schlaf.

Um halb 7 quälten wir uns aus den Betten, keiner hatte ein Auge zu gemacht, und gingen auf das Deck um den Sonnenaufgang über dem Meer zu sehen. Aber Pustekuchen, es war neblig wie die Hölle und man konnte nicht das geringste sehen.

So verbrachten wir die restlichen Stunden damit, zwischen unserer Kabine, dem Deck und der Kantine hin und her zu pendeln, bis die Fähre (wieder auf die Minute!) um 12:30 Uhr irischer Zeit (Greenwich-Zeit 1 Stunde hinter unserer) anlegte.

Prompt wurden wir beim Zoll gestoppt und gebeten, die Scheibe runter zulassen… Das fing ja gut an…

Aber der gut gelaunte Zöllner wies uns nur darauf hin, dass ihm unser Nummernschild so gut gefiele. Das würde ja auf der Insel des Glücks auch gut passen! Es würde nur das „Y“ fehlen!

Die ersten Meter im Linksverkehr waren auch kein wirkliches Problem, da wir ich ja die Abmessungen unseres Autos kannte. Schwieriger waren da eher die vielen Kreisel, in die man natürlich im Uhrzeigersinn einfahren muss und sich erstmal einhämmern muss, dass der Verkehr von rechts kommt. Erschwerend kamen da dann noch die enorm engen, uralten Gassen der irischen Städte dazu, durch die sich der Verkehr zwängen muss, da passt ein Fahrzeug mit den Dimensionen Unseres eher nicht wirklich dazu! Aber irgendwann hatten wir es raus und steuerten auf unser erstes Ziel in Irland zu: Kilkenny.

Bekannt ist die Stadt geworden durch ihre Brauerei, die das gleichnamige Bier braut. Wir steuerten den ersten Lidl an,… ja wirklich, die haben auch einen Lidl und sogar einen Aldi, um unsere Vorräte aufzufüllen und danach den einzigen Campingplatz in der Stadt. Ein wunderschön gelegener Platz, super gepflegt und von einem total verrückten Iren geführt, der uns die 30 Meter zu unserem Stellplatz in seinem Land Rover vorrausgefahren ist. Wie gesagt, ein super Platz, und das erste was auffiel, war, dass die Iren durch die Bank weg alle freundlich sind! Jeder grüßt, jeder lächelt, einfach angenehme Menschen! Und die Camper sitzen auch nach 18 Uhr noch vor ihren Mobilen und es wird sich sogar unterhalten! Ein Traum!

Wir entschieden uns zwei Nächte zu bleiben, um dann am nächsten Tag entspannt die Stadt erkunden zu können und uns (also ich) ein kühles, ortsansässiges Getränk zu genehmigen. Dabei entschieden wir auch, dass Schottland noch ein wenig warten müsse, denn wir wollten den Wild Atlantic Way befahren, also die Küstenstraße die sich die gesamte Westküste Irlands entlang erstreckt. Dort erwähnt der Reiseführer, bzw. das Internet – das uns jetzt ausnahmslos zur Verfügung steht dank gefallenem Roaming – über gewaltige Steilklippen, einsame Buchten und menschenleere Sandstrände. Kann man garnicht so richtig glauben wenn die erste Sehenswürdigkeit Irlands die man bei Google eingibt besagte Küstenstraße ist. Aber man wird sehen…

 

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