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Ruanda

Willkommen in Ruanda – dem Partnerland von Rheinland-Pfalz!

Und leider mit einer dunklen Vergangenheit:
In kaum einem anderen Land Afrikas schwingt eine so schlechte Schwingung mit wie hier. Der Genozid vor fast 25 Jahren sitzt noch tief in den Köpfen der Europäer und niemand weiß so recht, was Einen in so einem Land erwarten wird. Bei dem Gedanken an die Gräueltaten der Vergangenheit jagen einem Schauer den Rücken hinunter, aber…

Wir hatten noch niemals einen so einfachen und problemlosen Grenzübertritt wie nach Ruanda. Eine knappe dreiviertel Stunde dauerte die Prozedur, jeder bei der Ausreise aus Tansania und der Einreise in Ruanda wusste sofort Bescheid und unser Carnet und die TIP-Geschichte, die uns in Moshi so viele Nerven gekostet hat, war mit einem Stempel vom Tisch.

Wunderschöne neue Aufkleber zierten unsere Pässe, die uns berechtigen, in komplett Ostafrika (Ruanda,Uganda, Kenia) die Grenzen beliebig oft innerhalb von 90 Tagen zu überschreiten und nicht jedes mal ein neues Visum kaufen zu müssen.

Der erste sehr positive Eindruck verstärkte sich gleich, denn Ruanda ist das erste (und einzige) Land auf unserer Reise mit Rechtsverkehr – wie zuhause! Leider währte dieser Luxus nicht lange, denn mit eine Ausdehnung von gut 200×200 km ist Ruanda auch das zweitkleinste Land (nach Swasiland) und somit kleiner als Bayern.

Was gleich zu Beginn hinter der Grenze auffällt ist die rote Erde, die gewaltige Flächen des Landes bedeckt. Überall wo nichts bebaut ist oder gerade gebaut wird (in einem Blog anderer Reisender haben wir die passende Aussage gefunden „Die Chinesen teeren sich durch Afrika!“) sieht man die rote Erde hervorblitzen. Nachteil daran ist, dass sich der rote Staub auf alles und jeden legt und die Umgebung einen einheitlich roten Teint bekommt. Aber wie schon oft erwähnt, überall sieht man chinesische LKW, Bagger und Co. neue Straßen bauen. Natürlich hat es für uns den Vorteil, dass wir auf perfekten Asphaltbahnen mit Höchstgeschwindigkeit fahren können. Auch die Angst vor Blitzern wie in Tansania ist vergessen, denn die gibt es hier auch nicht.

Dafür gibt es hier ein ganz anderes Problem. Wir nennen es Mzungu-TV (mzungu ist der Begriff für eine weiße Person. Er wird in ganz Ostafrika verwendet und kann von einer Beleidigung über eine neutrale Bezeichnung bis hin zu einem freudigen Ausruf alles bedeuten, was einen hellhäutigen Menschen betrifft). Da hier anscheinend nur höchst selten ein Weißer vorbeischaut ist man überall der Mittelpunkt und hält man auch nur für 2 Minuten an, um am Straßenrand etwas einzukaufen, ist man sofort umringt von einer Traube an Menschen, die auch überhaupt keine Scheu kennen und falls es ihnen gerade in den Sinn kommt, auch mal schnell deine Autotür aufmachen um zu sehen, was in einem so ungewöhnlichen Fahrzeug denn so alles drin ist. Dazu kennen sie keinen persönlichen Mindestabstand und dir hängen locker 30 Leute so nahe auf der Pelle, dass du ihren Atem riechen kannst, wenn du nur mal schnell aussteigst um ein Brot zu kaufen. Niemand hat auch nur im entferntesten etwas Böses im Sinn oder will einen bedrängen oder gar bestehlen, alle wollen einfach nur dabei sein und genau sehen was der Mzungu so macht. Und so passiert es auch nicht selten, dass sich gerne auch mal alle Umstehenden in deine Preisverhandlungen einmischen und ein riesen Geschrei entsteht, nur weil die Tomate statt 15 Cent nur 12 kosten sollen.

Sieht man von dieser Tatsache als Reisender ab, ist Ruanda ein absoluter Geheimtipp, denn landschaftlich kann sich kaum ein anderer Staat mit diesem Winzlingsland messen!

Wir erreichten unser erstes Ziel, einen Eco-Campsite einer Frauenkooperative. Auch hier hatten wir wieder eine positive Überraschung, denn kaum ein anderer Camping war so schön gemacht und ordentlich wie dieser. Wir standen auf einer Wiese genau am Zaun (den die Kinder der umliegenden Siedlungen nutzten, um uns wieder stundenlang einfach nur anzuglotzen). Dahinter war ein kleiner Fußweg und dann eröffnete sich ein Tal, in dem am Morgen die Nebelschwaden standen und die Sonne ein traumhaftes Licht warf.

Eco-Camp deswegen, weil alle Sanitären Anlagen ökologisch waren, also Plumsklo und das verbrauchte Wasser wurde zum gießen der Pflanzen in Tanks umgeleitet. Der ganze Strom kommt aus Solarpaneelen und die Lebensmittel werden selbst angebaut.

An die Anlage war auch eine Joghurtfabrik angegliedert, in der die Frauen frischen Trinkjogurt in verschiedene Geschmacksrichtungen herstellen und verkaufen (500 ml für 0,50 Euro)

Natürlich war bei den Frauen kein Halten mehr, als sie das erste Mal unsere kleine Tochter sahen, die blonden Haare, die blauen Augen. Alle waren hin und weg und die Kleine wurde von Arm zu Arm gereicht, durfte die Molkerei besichtigen und die Joghurtfabrik auch. Dazu wurde ihr bei jeder Gelegenheit ein Joghurtdrink oder ein Becher zugesteckt, bis unsere Kühlbox kurz vor dem Bersten war. Wir genossen jeden Moment, tranken im hauseigenen Cafe afrikanischen Chai oder echten Latte Macchiato und verlängerten sogar zwei mal unseren Aufenthalt, um noch ein bisschen Zeit mit den Angestellten und Arbeiterinnen zusammen verbringen zu können. Als der Abschied kam, waren alle irgendwie den Tränen nahe…

In der Zeit machten wir auch einen Abstecher nach Kigali, kaum eine Autostunde vom Campsite entfernt. Hier wollten wir der dunklen Vergangenheit des Landes einen Besuch abstatten und zwei Völkermordgedenkstätten besuchen.

Der Völkermord in Ruanda ereignete sich im Jahre 1994 und innerhalb von vier Monaten kamen ca. 1 Millionen Menschen ums Leben. Die Tutsi-Minderheit wurde in dieser Zeit von den Hutu gejagt und ermordet, teilweise auf so bestialische Weise, dass man als Außenstehender sich manchmal fragt, ob man noch mit Menschen oder schon mit Tieren zu tun hat.

Die Tutsi wurden in manchen Orten in Stadien zusammengetrieben und es wurden einfach Handgranaten in die Menge geworfen. Alle Überlebenden wurden mit Gewehren und per Hand mit Macheten abgeschlachtet.

Andererorts suchten die Gejagten Schutz in Kirchen oder Missionsgebäuden. Zum Teil Tausende in einer Kirche. Die Mörder eröffneten das Feuer durch eingeschlagene Fenster auf die Eingeschlossenen und auf alle Überlebenden wartete dann der Tod durch die Machete oder eine Keule. Oder die gesamte Kirche wurde ganz einfach in Brand gesetzt.

Zwei dieser Kirchen wurden in Gedenkstätten umgewandelt.

Es läuft einem eiskalt den Rücken runter, wenn man die Schwelle einer dieser Kirchen überschreitet, durch ein Tor, das aus seinen Angeln gesprengt wurde und man die vielen Löcher im Dach sieht, die die Granatsplitter hinterlassen haben und durch die das einfallende Sonnenlicht Strahlen in die staubige Luft zeichnet. Hunderte von Einschusslöchern in den Wänden zeugen von den grauenhaften Dingen, die hier passiert sind.

Ein Führer beschrieb die Nacht, in der in dieser Kirche über 500 Menschen ihr Leben auf bestialische Weise verloren. Vergewaltigungen und Folter, Frauen, Kinder, für die Gejagten gab es kein Erbarmen. Hunderte von Schädeln in Vitrinen, Särge voll mit Knochen und Berge von Kleidung der Opfer sind stumme Zeugen der Gräueltaten dieser Zeit, die niemals vergessen lassen werden, was damals geschah.

In der zweiten Gedenkstätte, einer Kirche mit angrenzender Messe und Aufenthaltsgebäuden waren die Spuren jener Tage noch deutlicher zu sehen. Noch mehr Schädel, noch mehr Einschusslöcher. Es gibt große Löcher in den Wänden, wo die Granaten explodierten um an die eingeschlossenen heranzukommen.

Teilweise waren ganze Teile von Gebäuden zum Einsturz gebracht worden, um die Menschen die sich darin verbarrikadierten einfach unter den Trümmern zu begraben.

Auf dem Heimweg war recht bedrückte Stimmung, die aber gleich wieder auf afrikanische Weise aufgeheitert wurde. Vor uns fuhr ein Pick-Up mit bestimmt zehn zusammengekauerten Leuten auf der Ladefläche. Alle in Handschellen. Ein Gefangenentransport. Auf der Ladeflächenkante saß ein Aufseher, ein Bein hing lässig über die Bordwand, was bei den gefahrenen 80 Km/h eine beachtliche Balanceleistung war, in der Hand eine AK47. Der Lauf zeigte immer bedenklich in unsere Richtung und bei jedem Schlagloch erwarteten wir, dass sich Kugeln ihren Weg durch unseren Kühler bahnen würden.

Als wir zu überholen ansetzten, winkte uns der Bewaffnete grinsend zu und mit ihm alle seine Häftlinge! Ein Bild für die Götter!

Lange nachdem der Pick-Up aus dem Rückspiegel verschwunden war, erwarteten wir noch das Knattern der Automatikwaffe zu hören, weil er dann doch mit dem Finger am Abzug das Schlagloch nicht hatte kommen sehen… TIA

Wenn man mal von solchen besonders kuriosen Dingen absieht, ist Ruanda ein erstaunlich aufgeräumtes, sauberes Land. Alle Straßen haben Namen, alle Kreuzungen sind beschildert (vor allem in der Hauptstadt). Die Wege sind schön angelegt und einmal die Woche ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass jeder sein Grundstück fegt. Genau wie die Straßen. Gegen jedwede Erwartung findet man hier kaum Müll oder Dreck auf der Straße und die Wege für die Fußgänger sind wie bei uns auch mit Streifen markiert.

Wir machten uns auf den Weg nach Norden, Richtung Uganda. Unseren letzten Stopp im Land machten wir bei einem Backpackershostel mit Camping. Ein total abgedrehter Ort! Überall hingen Masken und seltsame, geschnitzte Geisterfiguren, aber es war irgendwie auch urig und gemütlich. Das Hostel liegt im ruandischen Hochland mit Blick auf die sagenumwobenen Virunga-Vulkane, an deren Hängen die Berggorillas leben. Es gab kostenlosen Chai und das Wlan war überragen (verständlich, denn was würden die ganzen Backpacker ohne ihr Facebook tun!).

Wir genossen eine schwülwarme Nacht mit Abermilliarden Moskitos und überquerten am darauffolgenden Tag die Grenze nach Uganda.

 

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