Der Tag begann mal nicht heiß und verschwitzt, sondern richtig kalt und nass! Ja, ehrlich! Wenn man so nah am Meer steht bleibt es nicht aus, dass morgens alles feucht ist, Schlafsäcke, Zelt, Kissen, alles…
Whatever, auch mal ne Abwechslung! 😉
Die bösartigen 17°C machten mir da schon mehr aus, aber selbst das ist zu verschmerzen, wenn man dran denk, wohin es heute gehen sollte.
Agadir, das Paradies Marokkos! Größter Badeort, die besten Strände, Sonne pur! Außerdem hatten wir uns einen Hammer-Campingplatz rausgesucht, mit allem, was man so haben kann, inklusive Riesen-Wasserpark! Man darf sich ja auch mal was gönnen! Geplant war, dort zwei Nächte zu verbringen, mal alle Klamotten zu waschen und nochmal ein bisschen auszuspannen!
Wir tüteten also alles ein, beglichen unsere Rechnung (übrigens die Billigste überhaupt auf der bisherigen Reise: 75 Dirham = 6,80 Euro!) und brachen auf Richtung Agadir.
20 Kilometer weiter machten wir einen kleinen Zwischenstopp am Strand, an dem uns ein Reisender berichtet hatte, dort gäbe es vom Atlantik ausgewaschene Felsen, die so hoch seien, dass man locker mit einem LKW durchfahren könnte. Sie würden den Strand überspannen und bis in’s Meer reichen…
Er hatte nicht zuviel versprochen! Als wir den Strand betraten konnten wir in der Ferne schon die Felsenbögen erkennen.
Beim Näherkommen erkannten wir dann die wirkliche Größe dieser Felsen. Die „Decke“ war locker 15 Meter hoch, sie überspannten den Strand auf seiner gesamten Breite und standen bestimmt noch 50 Meter weit ins Meer! Wahnsinn. Wenn man durch den ersten Bogen kommt, macht der Strand eine Biegung nach Rechts und man kann den Zweiten, noch größeren Felsenbogen erkennen. Alles eingerahmt in die morgendliche neblige Luft der Atlantikküste! Ein wirklich beeindruckender Anblick! Der Fels hatte die Beschaffenheit wie ein Riff, mit Muscheln und Sediment bedeckt, tief braun bis schwarz, an manchen Stellen sogar rötlich… Wirklich schön! Der Atlantik auf der rechten, die Sandige Steilküste mit vereinzelten Dünen auf der linken Seite und man läuft durch diese riesigen Felsbögen! So fängt der Tag doch gut an!
Nach einem ausgedehnten Strandspaziergang kamen wir zurück zum Auto und machten uns dann wieder auf den Weg ins 150 Kilometer entfernte Agadir, dem Juwel der Atlantikküste!
Reih an Reih stehen hier die 5-Sterne-Bunker an weißem Sandstrand, DER Badeort Marokkos und Urlaubsziel der kompletten Nord-West-afrikanischen Bevölkerung! Hier fährt jeder zum Urlaub machen und baden hin, der es sich leisten kann!
Es war schön, wirklich! Da wir jetzt nicht ganz so die Badetouris sind, hat es uns nicht sooo arg vom Hocker gehauen, aber der Flair, der von diesem Ort ausgeht, ist schon bombe! Urlaub pur! Überall Strand- und Cocktail-Bars, überall Cafes, Kneipen und Bade-Zubehör-Läden… Hier scheint das islamische Alkoholverbot außer Kraft gesetzt zu sein (Was in Agadir passiert, bleibt in Agadir)!
Unser angesteuerter Luxus-Hammer-Porno-Camping kam in Reichweite und wir erwarteten Wunder was, da wir ja den Luxus der Hotels und Resorts schon gesehen hatten.
Ernüchterung kam, als wir auf den Platz fuhren… Kein Mensch da, außer vielleicht ein bisschen Tupperware (Der Ausdruck kam von dem Pärchen auf dem Camping in Zagora, die mit Tupperware die Camper und Caravans meinten… Hat uns irgendwie gefallen und wir behalten den Ausdruck bei)…
Wir sahen vielleicht fünf Wohnmobile, alle Besitzer mit dem gleichen europäischen miesen Gesichtsausdruck, den jeder schonmal gesehen hat, der auch nur an einem Campingplatz vorbeigefahren ist. Das ist ein Volk für sich und die wollen unter sich bleiben, da werden keine anderen geduldet. Vor allem keine, die mit ihrem total verdreckten, grauen Pick-Up in die weiße, frisch gewaschene Pracht ihrer Motorhome-Siedlung eindringen wollen…
Der Platz an sich erinnerte dann auch eher an einen Camping in Europa, mit nummerierten Stellplätzen, alles auf Wohnmobile ausgelegt, mit geteerten Straßen dazwischen und riesen groß! Zwei Sanitärblocks, einem Schwimmbad mit Riesenrutschen und allem Schnick-Schnack, den man sich vorstellen kann.
Bis wir ein bisschen genauer Hinschauten.
Nur jeder dritte Stellplatz hatte einen Stromanschluss, für WoMos kein Problem, für uns schon. Das versprochene Internet funktionierte nur mit Passwort, das wir nicht hatten, und als wir uns eins besorgt hatten, merkten wir, dass es nur an der Rezeption gescheiten Empfang hatte…
Als wir Wäsche waschen gehen wollten (was mit 4 Euro zu Buche Schlug!), merkten wir, dass unser Sanitärblock abgeschlossen war, also mussten wir von unserem Stellplatz aus fast 500 Meter weit laufen, um zum nächsten Sanitärblock zu gelangen und auf’s Klo zu gehen… Irgendwie suboptimal!
Unsere Laune sank noch mehr, als wir erfuhren, dass das Schwimmbad mit den Rutschen pro Tag 10 Euro kosten sollte, obwohl unser Reiseführer anpries, dass es für Gäste des Camping für umme sei!
Genervt, abgtörnt und sauer schmissen wir die dreckige Wäsche in die Waschmaschine und gingen die gefühlten 20 Kilometer zurück zu unserem Stellplatz und hielten Krisensitzung…
Zur Auswahl stand: erstens, einfach hier zu bleiben und es auszusitzen. Oder zweitens, wir nahmen uns ein Hotel. Oder drittens, ein Off-Road-Campingplatz, der ganz nett sein sollte. Aber das hat der Reiseführer ja auch von dem hier behauptet…
Option eins war inakzeptabel, außerdem habe ich mir geschworen, dass ich nimmer lange fackele, wenn mir was nicht passt. In Norwegen (siehe unseren Block) haben wir das viel zu oft und viel zu lange gemacht, wir hätten einfach heim fahren sollen und hätten eine Menge Geld sparen können. Das sollte mir nimmer passieren!
Option zwei war gut, aber da wir kein Internet hatten, konnten wir nicht richtig recherchieren und mussten uns auf die Reiseführer verlassen. Die gaben das günstigste (gute) Hotel in Agadir mit 170 Euro pro Nacht an! Verdammt!
Option Drei war mir persönlich nicht so recht, da bisher jeder Off-Road-Camping irgendwie von keinem Off-Roader angefahren wurde und wir immer alleine dagehockt haben…
Wir entschieden uns aus einer Kombi aus Option zwei und drei, sprich, wir probieren es auf dem Camping und wenn der nix ist, in ein Hotel kann man auch um halb 10 Uhr abends noch einchecken. Vor allem in eins mit 5 Sternen!
Da unsere Wäsche fertig war, wickelten wir sie nass in ein Handtuch, packten wieder alles zusammen (wir hatten uns schon komplett eingerichtet, bis wir merkten, dass das hier Müll ist) und verließen den High-End-Luxus-Super-Duper-Mega-Camping bereits nach eineinhalb Stunden wieder…
Der verdutzte Typ an der Rezeption konnte es kaum fassen, wie wir seinen Hammer-Campingplatz nicht toll finden konnten, aber entließ uns dann mit einem Murren!
Whatever, auf dem Weg zum Camping fuhren wir mal an dem Hotel vorbei. Perfekt gelegen am Strand, ein riesen Ding, und sah auch schon echt teuer aus. Auf dem Parkplatz nur fette Autos (da hätte unser wirklich dreckiger Hilux sich bestimmt bombe gemacht, neben so einem AMG!)
Der Campingplatz war schnell erreicht und uns begrüßte ein riesiger Gelände-LKW, der schon über die Mauer des Platzes ragte. Dahinter gleich der Nächste!
Als wir einfuhren, begrüßten uns gleich die ersten Leute, der Chef persönlich war da. Er hatte schon vier Mal an der Rallye Dakar teilgenommen und war in Marokko fast eine Legende (der Grund, warum ich nicht gleich hier her wollte ist, dass meistens die Besitzer, die so in den Führern angepriesen werden, eh nicht da sind und ihren Platz von einem Einheimischen bewirtschaften lassen).
Aber hier war der Chef da und wir konnten mit ihm sprechen! Hammer!
Hammer war auch der Rest des Geländes, super saubere Duschen und Klos, alles wunderschön angelegt, geschützt durch eine Mauer, fetter Pool, Restaurant und natürlich ein ganzer Pulk von Geländefahrzeugen, vom Nissan Patrol über Unimogs bis hin zum Off-Road-LKW! Das Eldorado!!!
Warum nicht gleich so!!
Als wir aufbauten, kamen schon die Besitzer des LKW und wir kamen ins Gespräch. Franzosen, der MAN-LKW nagelneu, auf dem Weg in die Wüste!
Wir quatschten ewig… Gott sei Dank sprachen beide fließend englisch, so dass die Verständigung leichter von der Hand ging als in einem gebrochenen zusammengestückeltem französisch-deutsch-englisch-Mix. Wir sahen uns den LKW an und sie sich unseren Hilux. Unser Hilux sah gegen deren LKW aus wie ein Quad gegen unser Auto. Echt Hammer das Ding!!! Als wir ihn fragten, was so ein Teil kostet, verschlug es uns die Sprache: Für das Geld kann man sich locker ein schickes Einfamilienhaus in bester Lage in Bad Dürkheim bauen…
Irgendwann kam eine Flasche Jack-Daniels dazu,wir setzten uns an unseren Tisch, wo wir die halbe Nacht noch weiter Geschichten und Erfahrungen austauschten. Sie haben uns übrigens dann auch eine bessere Route als die von uns angestrebte vorgeschlagen. Und von jemandem der zweimal im Jahr hier her fährt, nimmt man doch gerne Tipps entgegen!
Eine Antwort auf „Tag 20 – Sidi Ifni–Agadir (19.05.2014)“
Super interessant eure Reiseberichte! Bin schon SEHR auf die Bilder gespannt!