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Bosnien und Herzegowina 2

Sarajevo

An diesem Morgen beschlossen wir dann auch, dass es wohl witzig wäre, alle gemeinsam nach Sarajevo zu fahren. Das Ziel hatte jeder mehr oder weniger auf dem Programm.

Und gesagt, getan!

Wir wollten uns abends auf einem bestimmten Camping treffen, den Weg würde jeder auf seine Art und in seiner Geschwindigkeit zurücklegen.

Leider stellte sich der Camping als mieses Rattenloch heraus, mit einer von Hunden vollgeschissenen Wiese als Stellplatz und dem unfreundlichsten Besitzer, den wir jemals erlebt hatten. Also disponierten wir spontan um und fuhren gemeinsam zu einem anderen Platz im Zentrum Sarajevos.

Dort angekommen, leider regnete es immer noch ununterbrochen, stellten wir die Autos zusammen und verbanden alle Markisen zu einer Großen, damit wir genug Platz hatten und jeder trockenen Fußes in sein Auto steigen konnte.

Am Morgen, nachdem es die ganze Nacht durchgeregnet hatten, bahnten sich aber mit der ersten Tasse Kaffee auch die ersten Sonnenstrahlen ihren Weg durch die Wolken.

Als wir uns alle fertig machten für einen Besuch in der Altstadt waren sogar kaum noch Wolken am Himmel und die Sonne schien wunderbar wärmend vom Himmel.

Kaum eine Stadt auf dem Balkan ist geschichtsträchtiger als Sarajevo.

Am 28. Juni 1914 wurde dort ein Anschlag auf Franz Ferdinand, den Erzherzog von Österreich-Ungarn verübt. Ein Attentäter schoss auf den in seinem vorbeifahrenden, offenen Doppelphaeton. Der Thronfolger erlag seinen schweren Verletzungen.

Das wiederum löste den ersten Weltkrieg aus.

80 Jahre später herrschte in Bosnien Krieg um die Unabhängigkeit des Landes von Jugoslawien. Sarajewo stand im Mittelpunkt der heftigen Kämpfe und wurde fast vier Jahre lang belagert.

Unter dieser Blockade blieb so gut wie kein Stein auf dem Anderen und die Stadt wurde großteils völlig zerstört.

Und wie auch in Mostar sah man die Spuren des Krieges noch fast an jeder Hauswand. Die meisten Fassaden waren übersät mit Einschusslöchern und Schrapnellspuren, teilweise konnte man genau sehen, wo Granaten explodiert und wie die Flugbahn der Geschosse verlaufen war. Und das 30 Jahre nach Ende des Krieges…

Wir schauten alle mit bedrückter Stimmung aus den Fenstern der Straßenbahn, die uns ins Altstadtviertel bringen sollte und betrachteten die Hinterlassenschaften des Krieges. Wiedermal fragten wir uns, warum diese Löcher nicht beseitigt oder zugespachtelt und überstrichen wurden.

Wollte man sich daran erinnern, dass ein solches Ereignis nie wieder stattfinden dürfte?

Oder war man nur zu faul und investierte lieber in neue gewaltige Glasbauten, die überall die alten sozialistischen Bauten überragten?

Wie auch immer, wir wurden mit einer Traube Menschen an einer Brücke ausgespuckt und stellten fest, dass es genau diese Brücke war, auf der Franz Ferdinand erschossen wurde.

Hätte man aber auch nicht wirklich verfehlen können, da sich wiedermal unendlich viele Asiaten mit Kameras und Handys bewaffnet über das Denkmal hermachten. Man konnte kaum die Brücke vor wedelnden Selfiesticks und hochgehaltenen Smartphones erkennen.

Witzigerweise führte uns der „Attentatspfad“ (ohne Witz!) genau in die Altstadt. Natürlich war es nur ein Touristenname, der den ursprünglichen Weg beschrieb, den die Kolonne des Erzherzogs bis zum Zeitpunkt des Attentats nahm.

Uns empfing ein sagenhaftes Gewusel aus Gassen und Wegen, die alle vollgestopft waren mit Souvenir- und Ramschhändlern. Dazwischen ein paar Bars und Restaurants, den Rest nahmen Kirchen und Moscheen in Anspruch, deren Türme und Minarette über die übrigen Gebäude hinausragten.

Ich fühlte mich wie auf einem Markt im Marokko, wie damals als wir durch die Medina von Marrakesch gelaufen waren. Den einzigen Unterschied machte bloß, dass einen nicht an jedem Laden der Besitzer hineinzerren und etwas aufs Auge drücken wollte.

Hier lief der Handel wirklich gesittet ab, trotz der gigantischen Menschenmassen, die sich durch die engen Gassen quetschten.

Wir klapperten die gesamte Altstadt ab, suchten jedes Sightseeing-Objekt auf, das es auf unser Touri-Karte gab, die wir vom Campingplatz erhalten hatten und fanden uns bald in einen bosnischen Restaurant wieder, in dem wir die echte einheimische Küche genießen durften.

Anschließend trennte sich unsere Gruppe auf:

Sarah war eh zuhause geblieben, die interessierte das Ganze wenig.

Elisabeth, Richard und ich fuhren zurück. Und Charlotte, Ann-Kristin und Peter wollten sich noch ein Museum ansehen.

Am Abend trafen wir uns alle wieder und saßen noch lange zusammen und erzählten.

Früh am nächsten Morgen, es regnete schon wieder wie aus Eimern, packte jeder seinen Kram zusammen. Wir verabschiedeten uns innig von einander.

Aber vielleicht würde man sich ja nochmal wiedersehen…

Zurück in Mostar

Wir nahmen eine von Richard empfohlene Route zurück nach Mostar, durch die Berge und über eine serpentinenreiche Schotterpiste.

Wir kämpften uns mit auf Maximum laufenden Scheibenwischern den schlammigen Berg hinauf, es war wirklich ein Fest!

Es machte richtig Spaß und als wir nach zwei Stunden Off-Road auf Mostar zufuhren, verschwanden sogar die Wolken und die Sonne strahlte vom Himmel.

Das Wiedersehen war herzlich und wir fühlte uns gleich wieder wie zuhause, als uns der Besitzer in die Arme schloss.

Leider währte das gute Wetter nur kurz, den gesamten Abend verbrachten wir unter unserer Markise, die den Wassermassen kaum gewachsen war, sich aber wacker schlug, bis wir entschlossen uns in unser von der Standheizung gewärmtes Auto zurückzuziehen.

Am nächsten Morgen nutzen wir die kurze Regenpause, um alles zusammenzupacken und loszufahren.

Wir würden nochmal zurück nach Kroatien fahren, wir wollten uns noch die Stadt Dubrovnik ansehen.

Doch diesem Vorhaben standen sage und schreibe drei Grenzübergänge bevor. Von Bosnien nach Kroatien, zurück nach Bosnien und wieder nach Kroatien. Dem vor Jahrhunderten festgelegten bosnischen Meereszugang sei Dank!

Aber dank unserem EU-Pass ging die Abwicklung schnell und wir erreichten gegen Mittag den Camping bei Dubrovnik, auf dem schon ein altbekannter VW Bulli auf uns wartete.

Die unerwartete Wiedersehensfreude war enorm und Ann-Kristin und Peter saßen den ganzen Abend bei uns und wir erzählten.

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Bosnien und Herzegowina 1

Mostar

Wir erreichten den angesteuerten Camping 10 km vor Mostar und waren hocherfreut, die ersten anderen Overlander zu sehen. Wir parkten neben einem französischen HZJ-Land Cruiser und erledigten die Anmeldeformalitäten.

Es stellte sich heraus, dass es nur ein französisches Nummernschild vom Vorgänger war. Das Paar, dem der Land Cruiser gehörte, kam ursprünglich aus Holland.

Richard und Charlotte leben ein absolutes Reiseleben. Nach seiner Pensionierung als Pilot und ihrem Ausstieg durchstreifen sie jetzt die Welt. Teilweise zu Fuß, mit dem Fahrrad oder zur Zeit mit einem Auto.

Die Beiden waren uns auf Anhieb sympathisch und beim abendlichen Zusammensitzen wurden viele Geschichten, Tipps und Anekdoten ausgetauscht.

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück packten wir das Auto und fuhren nach Mostar, um uns die Hauptattraktion der Stadt anzusehen. Die Stari Most!

Die alte Brücke – so die Übersetzung – überspannt den Fluss Neretva und verbindet den überwiegend kroatisch christlichen Westteil der Stadt mit dem eher muslimisch bosnischen Teil.

Die Stari Most überragt den Fluss an Ihrem Scheitelpunkt um 19 Meter und war zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung im Jahre 1566 ein Meisterwerk der Ingenieurskunst.

Leider wurde das Bauwerk 1993 im Bosnienkrieg zerstört, aber nach Beendigung der Kämpfe wieder aufgebaut.

Heute ist es ein Magnet für Touristen, die aus der ganzen Welt nach Bosnien und Herzegowina strömen, um dieses Monument zu sehen.

Außerdem ist sie Austragungsort für die jährlich stattfindende Red Bull Cliff Diving Challenge.

Die Herausforderung bestand aber erst einmal in der von Touristen und Reisebussen vollgestopften Stadt einen Parkplatz zu ergattern.

Wir entschieden uns für einen von iOverlander angepriesenen, der mit 2 Mark auch noch super günstig war.

Ja, richtig gehört: 2 Mark.

Ich habe mich weder verschrieben, noch haben wir einen 20-Jahre-Zeitsprung gemacht.

In Bosnien und Herzegowina ist die Mark das amtliche Zahlungsmittel und wie unsere alte Mark in Deutschland genau 1:1,9523 zum Euro.

Als Bosnien und Herzegowina nach dem Krieg keine Finanzmittel hatte, steuerte Deutschland Hilfsgelder bei, worauf hin die Landeswährung kurzerhand in Mark geändert wurde. Als dann der Euro in Europa kam, blieb die Mark in Bosnien, aber mit genau dem gleichen Umrechnungskurs wie damals. Und das bis heute!

Umringt war der angepriesene Parkplatz von gewaltigen Hochhäusern, von denen viele noch die Spuren des Krieges trugen.

Die Fassaden waren übersät mit Spuren von Einschusslöchern und gewaltige Brocken waren aus den Hauswänden gerissen worden, wo vor 26 Jahren die Granaten explodiert waren.

Teilweise nur notdürftig mit Mörtel zugespachtelt waren sie eindrückliche Mahnmale einer schrecklichen Vergangenheit.

An vielen der Häuser, an denen wir vorüber kamen war es ein ähnliches Bild. Überall waren noch die Spuren des Krieges zu finden.

Aber schlagartig änderte sich das Bild, als wir die Altstadt erreichten.

Das triste Stadtbild wandelte sich in einen Straßenzug wie er zu Zeiten des Sultans im Osmanischen Reich hätte genauso aussehen können. Tausende von Menschen drückten und schoben sich durch die engen Gassen, über weißen Steinboden, der schon glatt geschliffen war von Millionen von Füßen.

Die Häuser, alle samt aus weißem Stein erbaut überragten die Menschenmassen, die wiederum selbst von dutzenden von Minaretten und Kirchtürmen überragt wurden.

Insgesamt war es eine fast schon surreale Szenerie, durch die auch wir geschwemmt wurden.

Bis wir schließlich am Fuß der Brücke standen, wegen der wir hier her gekommen waren.

Leider konnte man kaum etwas sehen, vor lauter hochgehaltenen Handys, Selfiesticks oder Menschen, die sich über die Brüstung lehnten.

So entschieden wir uns, zum Flussufer hinunter zu gehen, von wo aus man einen deutlich besseren Blick und eine viel schönere Sicht auf das Bauwerk hat.

Und tatsächlich erstrahlte die Stari Most aus diesem Blickwinkel vor dem blauen Himmel und wir blickten ehrfürchtig zu ihr hinauf.

Nach diversen Fotos gingen wir zurück in die Stadt und zogen noch ein wenig durch die überfüllten Gassen.

Doch schnell wurde uns das Gedränge zu viel und wir fuhren zurück zum Camping.

Dort trafen wir Richard und Charlotte, die ebenfalls gerade aus der Stadt kamen. Wir waren uns einig, dass man die Stadt einmal gesehen haben muss, aber es uns deutlich zu viel los war.

Der nächste Tag stand im Zeichen der Ordnung und wurde von uns genutzt, einmal alles klar Schiff zu machen.

Auto sauber machen, Motor und Schrauben checken, aufräumen und mal alles ordnen.

Beim Lagerfeuer am Abend wurden wieder Geschichten ausgetauscht und die neuen Nachbarn kennengelernt.

Ann-Kristin und Peter, ursprünglich aus Freiburg und den Niederlanden, lebten aber jetzt gemeinsam in Kanada und waren mit ihrem gemieteten Bulli auf Balkantour unterwegs.

Leider beendete ein heftiges Gewitter unseren Abend am Lagerfeuer frühzeitig.

Am nächsten morgen räumten wir in strömendem Regen die Reste unseres abendlichen Sitins auf und frühstückten alle gemeinsam unter unserer Markise.

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