Yerevan
Nachdem wir die Nacht auf einem Feld kurz hinter der Grenze verbraucht hatten, wollten wir direkt durch fahren nach Yerevan. Die Etappe war eigentlich zu lang für uns, da wir ab einem gewissen Punkt nicht mehr wussten, wie wir unsere Tochter beschäftigen sollten, aber am Ende wes Weges sollte DER Campingplatz warten. Uns wurde bereits um Istanbul von genau diesem Campsite vorgeschwärmt und somit stand es für uns außer Frage, dass wir ihn verpassen würden.
Bloß hin kommen…
Aber der Tag begann erst einmal positiv, denn als wir gerade am zusammen packen waren, hielt vor uns ein alter Lada und ein Mann stieg aus. Anstelle von vieler Worte grüßte er knapp und drückte er uns einen ganzen Berg Feigen in die Hand. Eine hatte gefühlt die Größe eines Tennisballs.
Er verabschiedete sich mit einem Lächeln, stieg wieder in sein Gefährt und tuckerte winkend davon.
Die Strecke zum Camping war ungefähr 400 Kilometer lang, die es wirklich in sich hatten. Der Zustand armenischer Straßen schwankt so zwischen deutschen Autobahnen und brüchiger Schlaglochpiste, das Ganze gerne auch innerhalb von drei Kilometern.
Am Abend, nach einer nervenaufreibenden Fahrt, auf der wir immer wieder versuchten unsere Tochter entweder die Langeweile zu vertreiben oder sie am Schlafen zu hindern erreichten wir die armenische Hauptstadt Yerevan.
Kurz außerhalb der Stadt befindet sich der Campingplatz, zu dem wir dann eine halbe Stunde später kamen.
Und die Gerüchte und Erzählungen waren in keinster Weise übertrieben. Wir mussten gestehen, dass wir noch niemals auf einem derartigen Campingplatz waren.
Pool, kostenlose Waschmaschine, zwei voll ausgestattete Küchen und Feuerplatz ließen keine Wünsche offen. Gekrönt wurde das Ganze nur noch von der Sauberkeit.
Ein wahres Paradies!
Geführt wurde der Platz von einem holländischen Paar, dass nach Armenien ausgewandert war und sich hier einen himmlischen Ort inmitten der Berge geschaffen hatte.
Wir akklimatisierten uns erst einmal zwei Nächte, denn es war eine ganz neue Erfahrung, statt aus einem Wassersack eine heiße Regenwalddusche genießen zu können und den halben Tag am Pool abzuhängen.
Aber natürlich waren wir auch der Pflicht wegen in Yerevan, denn hier gab es eine Agentur, die sich auf Russland-Visa spezialisiert hatte.
Da unser Plan mit Iran leider gescheitert war, wollten wir jetzt über Russland zurück nach Hause fahren und dafür benötigten wir ein Visum.
Aber als wir im Büro der Agentur saßen und die Preise hörten, die sie aufriefen, mussten wir erst einmal schlucken.
100 Euro pro Person für ein Transitvisum durch Russland. Also in fünf Tagen 2500 Kilometer.
Wir diskutierten kurz die Optionen, entschieden uns aber dagegen. Der neue Plan war, auf direktem Weg durch die Türkei zurück und dann über Bulgarien nach Rumänien…
Falls nichts dazwischen käme.
Etwas deprimiert machten wir uns auf den Rückweg zum Camping. Aber dort angekommen war die Enttäuschen relativ schnell vergessen… am Pool…
Wir blieben noch ein paar Tage, in denen wir das Auto sauber machten, einige Reparaturen vor nahmen, entspannten und einfach mal nichts taten.
Zu unserer großen Freude kamen drei Tage nach unserer Ankunft auch Baltazar und Barbara (die Schweizer, die wir in Tiflis kennengelernt haben) auf dem Camping an. Was natürlich Grund genug war, noch ein paar Nächte dran zu hängen!
Aber auch die schönste Zeit geht mal zu Ende und schweren Herzens machten wir uns wieder auf den Weg. Nachdem wir uns von allen verabschiedet hatten, machten wir uns wieder auf den Weg zurück nach Georgien.
Drei Länder in unter 24 Stunden
Wir passierten den kleinen Grenzposten, der auf über 2200 Metern lag, bei Nieselregen und echt üblem Wind.
Wir suchten verzweifelt eine Möglichkeit, die Nacht heil zu überstehen bei diesem Wetter, als uns eine alte verfallene Gebäuderuine auffiel.
Die Stahlbetonkonstruktion musste einmal irgendeinem landwirtschaftlichen Zweck gedient haben, denn sie hatte riesige Einfahrtstore und eine Reparaturgrube, die für einen LKW gereicht hätte. Unterstellmöglichkeiten für Traktoren und Getreide in verfallenen Ruinen verstärkten unseren Verdacht einen Agrarbetriebs, der vor Jahren aufgegeben wurde.
Wir fuhren das Auto durch das gigantische Tor und stellten es windgeschützt in eine Ecke der Halle. Der immer stärker werdende Regen machte uns jetzt nichts mehr aus und die Grenzpolizei, die kurz nach uns auf eine Zigarettenpause vorbei kam, störte unsere Anwesenheit auch in keinster Weise.
Sie interessierten sich sogar brennend für unser Auto und unsere Reise. Mit freundlichem Winken verabschiedeten sie sich und wünschten uns noch eine gute Nacht.
Ganz so gut war sie leider nicht, denn in einer baufälligen Ruine schläft man nicht so gut, wie ich eigentlich angenommen hätte. Der halb ausgeweidete, verfaulende Schweinekadaver vor unserem Gebäude trug auch nicht gerade zu einem wohnlicheren Gefühl bei…
Aber wir waren vor Wind und Regen geschützt, das war das Wichtigste.
Am nächsten Morgen hingen die Wolken tief in den umliegenden Bergen, aber die Sonne schien und der Regen hatte aufgehört.
Wir fuhren auf direktem Weg Richtung türkische Grenze, die wir keine vier Stunden später erreichten.